Der Lenz ist da!

 

Das Lenzsymptom zeigt sich zuerst beim Hunde,
dann im Kalender und dann in der Luft,
und endlich hüllt auch Fräulein Adelgunde
sich in die frischgewaschene Frühlingskluft.

Ach ja, der Mensch! Was will er nur vom Lenze?
Ist er denn nicht das ganze Jahr in Brunst?
Doch seine Triebe kennen keine Grenze –
dies Uhrwerk hat der liebe Gott verhunzt.

Der Vorgang ist in jedem Jahr derselbe:
man schwelgt, wo man nur züchtig beten sollt,
und man zerdrückt dem Heiligtum das gelbe
geblümte Kleid – ja, hat das Gott gewollt?

Die ganze Fauna treibt es immer wieder:
Da ist ein Spitz und eine Pudelmaid –
die feine Dame senkt die Augenlider,
der Arbeitsmann hingegen scheint voll Neid.

Durch rauh Gebrüll läßt sich das Paar nicht stören,
ein Fußtritt trifft den armen Romeo –
mich deucht, hier sollten zwei sich nicht gehören …
Und das geht alle, alle Jahre so.

Komm, Mutter, reich mir meine Mandoline,
stell mir den Kaffee auf den Küchentritt. –
Schon dröhnt mein Baß: Sabine, bine, bine …
Was will man tun? Man macht es schließlich mit.

(Kurt Tucholsky/Theobald Tiger, Der Lenz ist da!, in: Die Schaubühne, 26.03.1914, Nr. 13, S. 371; Online-Quelle)

 

schmetterlingspaar | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

 

Bei einem Frühlingstag mit Frühlingstemperaturen liegen Frühlingsgefühle allerorten blank, habe ich den Eindruck, und ich wollte dem mit meinem Montagsgedicht Rechnung tragen. Gestern gab es hier bei uns das erste vorsichtige Frühlingsgewitter und ab nachmittags zogen Frühlingsgrillschwaden durch alle Gärten.
Es ist, mit einem Wort, mächtig Frühling.

Kommentiert wurde dieser auch zwischenmenschliche Zustand natürlich keineswegs nur von Tucholsky, nein, sondern auch von den Comedian Harmonists („Veronika, der Spargel wächst!“) und den Ärzten mit dem Klassiker „M&F“. Daher heute auch was fürs Ohr.

 

Ja, das ist nur Audio.

 

Und noch ein einzigartiger Kommentar zum Thema von den Ärzten.

 

 

Aus dem Text:

Sie liegen schon mittags in den Büschen | nachts kann man kaum noch durch den Stadtpark gehen | romantische Schwärmer nennen es Liebe | ich würde sagen: | hier kann man Hormone bei der Arbeit sehen.

(Die Ärzte, M&F, Quelle)

 

49 Kommentare zu “Der Lenz ist da!

  1. Pack Theo Tiger in den Tank, denn er hat Humor. Zieht Frühling sich den Popo blank, bittern nur Törin oder Tor. Der Rest lauscht dem Gesang der Träume, vor Minne wackeln alle Bäume, der Binse schwillt vor Grün das Rohr. Dass dieses Treiben nicht so bleibt – sorgt schon der nächste Winter vor. 😉

    LG✨

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  2. Liebe Christiane, so gehe ich doch sehr gerne in den neuen Tag, danke für deinen frühlingsfrischen Artikel mit Schmunzlern!
    herzliche Grüsse vom blauen und noch kühlem Berg (es hat nach dem Regen, der dringend nötig war und ist, etwas abgekühlt, aber irgendwie empfinde ich es jetzt „ehrlicher“, wenn du weisst was ich meine…)
    Ulli

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    • So ging es mir vor und nach dem angesprochenen Gewitter, das recht undramatisch war, aber den Wetter-Hype ein wenig abkühlte und die Luft erfrischte … und heute ist es hier auch schon wieder grau.
      Liebe Grüße
      komm gut in die Woche
      Christiane

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  3. *grins*, na ja, der Lenz ist da, die Triebe sprießen, Flüsse und Gefühle fließen 🙂 Die Lebensgeister tanzen wieder und singen
    frohe Frühlingslieder *hüstel*
    Alles erwacht mit mächtigem Schwung und manchmal da bedichte auch ich ihn, den Frühling, obwohl´s die anderen viel besser können und nix geht über Tucholsky.
    Aber es macht Spaß, liebe Christiane
    http://wortbehagen.de/index.php/gedichte/2016/april/hellblau

    Liuebe Grüße von Bruni

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    • Ja, es macht Spaß, es macht auch Spaß, dein Gedicht zu lesen, liebe Bruni. Ich habe mich sogar über die allgegenwärtigen Grilldüfte am letzten Wochenende gefreut und sie lecker gefunden … 😉
      Liebe Grüße
      Christiane

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