Aus einem April

 

Wieder duftet der Wald.
Es heben die schwebenden Lerchen
mit sich den Himmel empor, der unseren Schultern schwer war;
zwar sah man noch durch die Äste den Tag, wie er leer war, –
aber nach langen, regnenden Nachmittagen
kommen die goldübersonnten
neueren Stunden,
vor denen flüchtend an fernen Häuserfronten
alle die wunden
Fenster furchtsam mit Flügeln schlagen.

Dann wird es still. Sogar der Regen geht leiser
über der Steine ruhig dunkelnden Glanz.
Alle Geräusche ducken sich ganz
in die glänzenden Knospen der Reiser.

(Rainer Maria Rilke, Aus einem April, aus: Das Buch der Bilder, 1. Buch, Teil 1, Online-Quelle)

 

Frühlingsregen – 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

 

Nach ein paar Tagen, die man sogar wohlwollend nur als „Aprilwetter, igitt“ bezeichnen kann, ist es mal wieder Zeit für sanftere Klänge bei den Montagsgedichten. Rilke geht bei mir ja bekanntlich immer, also warum nicht an diesem letzten Aprilmontag?

Kommt gut in die neue Woche!

 

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29 Kommentare zu “Aus einem April

  1. Ich habe kürzlich eine Biografie von Paula Modeson-Becker gelesen. Da kommt der Mensch Rilke ziemlich schlecht weg. Ich weiß, das Thema wurde kürzlich bei Maren Wulf ausgiebig diskutiert …..

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    • Ich hab den Film („Paula“) gesehen, in dem kommt er auch vor. Ich weiß, wir hatten das Thema bei Maren, ich war auch dort. War mit Sicherheit als Mitmensch nicht so einfach, der Herr.

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  2. Tja, der Rilke, liebe Christiane, aber schreiben, dichtend schreiben, DAS konnte er, das kann/konnte ihm keiner nehmen, da gibts nix zu rütteln.
    Es gibt auch bei ihm schwächere und stärkere, aber seine schwächeren sind immer noch besser als die von vielen, die sich Lyriker nennen und blasiert in die Gegen schauen …

    Verhalten ist das heutige, sanft und zart, leise und
    * wunde Fenster, die furchtsam mit Flügeln schlagen*,
    ist wieder so schön, daß man ihn küssen könnte dafür *schmunzel*

    Liebste Abendgrüße von Bruni

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  3. Liebe Christiane!
    Jetzt wollte ich gerade schreiben: Rilke geht ja immer.
    Aber steht ja schon da. Wunderbar. Mit der passenden visuellen Untermalung, sowohl im Blog als auch vor meinem Fenster ist dem nichts mehr hinzuzufügen.
    Ich sende ganz herzliche Grüße vom Süden in den Norden 🙂
    Mallybeau

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    • Rilke war ja auch ein Reisender, der sowohl Lebenszeit im Norden wie im Süden verbracht hat.
      Herzlichste Grüße zurück auf die Bloghüttenalm aus der nördlichen Großstadt
      Christiane 😉

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