Ein Herz für Schlawuzis | abc.etüden

„Alles nur Kinkerlitzchen und Firlefanz!“, donnerte der alte Herr, bevor er mit einem vernichtenden Blick Richtung Fenster die Küche verließ. „Du und dein weiches Herz! Ich sage dir jetzt schon, dass das ein Schlawiner ist, der nur deine Gutmütigkeit ausnutzt, bevor er wieder abhaut!“

Oh. Schlawiner war aus dem Mund ihres Opas eine sehr harsche Verurteilung. Andererseits hatte er den Krieg überlebt und bitter erfahren müssen, dass alles, was man liebte, morgen bereits verloren sein konnte. Konnte sie ihm dafür böse sein, dass er sie vor dem Schmerz bewahren wollte, den er als unvermeidlich ansah?

Ach, die Zeiten waren wirklich lange vorbei, da sie Kind gewesen war und noch gedacht hatte, Paradeiser wäre die Mehrzahl von Paradies. Sie schnippelte weiter Tomaten in den Salat für heute Abend und sah nun ihrerseits zur Fensterbank. Wie auf ein Stichwort erhob sich der schmächtige Schlawuzi und kam zu ihr, rieb seinen Kopf an ihrer Wade und erfüllte die Küche mit seinem Schnurren.

 

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Für die abc.etüden, Woche 18.17: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Worte stammen in dieser Woche von Jule Pfeiffer-Spiekermann (pinselfisch) und lauten: Paradeiser, Schlawiner, Kinkerlitzchen.

Ihr kennt die Regel Nummer 1: Rilke geht immer. Wenn die Regel nicht greift, tritt Regel Nummer 2 in Kraft: Katzen regieren die Welt! Also mein Fellträger zumindest findet das völlig zutreffend.

 

37 Kommentare zu “Ein Herz für Schlawuzis | abc.etüden

    • Ja, nicht? Wikipedia führt „Schlawuzi“ als Nebenform zu „Schlawiner“ auf, und ich dachte, der Klang hat so was Liebevolles …
      Freut mich, dass sie dir gefällt, die Etüde.
      Liebe Grüße
      Christiane

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  1. gut! Ich sehe, es geht auch wenn die Geschichte nicht in Wien angesiedelt ist 🙂 aber bis jetzt rühre ich noch in der Buchstabensupper rum…mal sehen, ob mir eine Etüde gelingt diese Woche…hhmmm
    grübelnde Grüße aus dem verregneten Süden
    Carmen

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    • Das war dann meine Idee, nachdem sich im Kopf die ersten zögerlichen Sätze formten: Katze geht immer, siehe Regel 2.
      Gutes Gelingen dir, ob mit oder ohne Regen!
      Liebe Grüße
      Christiane

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  2. Opas haben manchmal recht, aber nicht immer 🙂
    Eine feine Geschichte, die supertoll etüdig daherkommt, liebe Christiane, aber sag IHR mal, wenn das schnurrende Wesen nicht immer schmächtig bleiben soll, dann sollte sie ihm bitte am Abend nicht nur einen Tomatensalat kredenzen, da wird ja nie etwas aus ihm oder sprichst Du von einer feingliedrigen Katzendame, die besondere Diätwünsche hat, die selbstverständlich berücksichtigt werden?

    Liebe Grüße zum Abend von Bruni

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  3. Nun habe ich Tomaten und Salat im Kopf und Pipi auf der Zunge, na herrlich!!!
    Eine schöne Geschichte, liebe Christiane 🙂 .
    Ich geh mir jetzt wenigstens zwei Tomaten holen und werrde sie essen!

    Hungrige Grüße
    Anna-Lena

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    • Ich mag es, Geschichten zu schreiben, wo im letzten Moment eine Katze um die Ecke kommt 😉
      Schön, dass dir die Etüde gefällt, danke!
      Liebe Grüße
      Christiane

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