Morgen ist morgen | abc.etüden

Nichts wie weg, möglichst schnell, sie musste einfach raus aus dem ganzen postfaktischen Mist, den ihr Noch-Ehemann gerade abzog. Gefühlte Wahrheiten, ha, nichts weiter als Schlammschlachten, die sich aneinanderreihten: Hatten sie so etwas nicht immer vermeiden wollen, warum, warum, warum nur tat es so weh? Wenn das neue Flittchen an seiner Seite ernsthaft als Alternative zu ihr geplant war, dann hatte er doch wirklich nichts Besseres verdient.

Sie stieg aus dem Auto, riss sich die Ballerinas fast von den Füßen und rannte barfuß auf das Wasser zu. Feiner, warmer Sand, der immer feuchter wurde, je näher sie dem großen Rauschen kam. Dann stand sie bis über die Knöchel in der Brandung, genoss den Wind von vorn, breitete die Arme aus, strahlte die Sonne an und leckte sich die Tränen aus den Mundwinkeln, die ihr heiß und salzig über die Wangen rannen. Es war so kitschig, dass es fast wehtat, und fühlte sich ungeheuer gut an. Sie atmete tief durch und beschloss, einen langen Spaziergang zum Leuchtturm zu machen, eine Sandburg zu bauen und zuzusehen, wie die Flut sie holen würde, und sich später den Bauch mit ihrem Lieblingseis zu verkühlen.

Der Mensch wird am Meer wieder zum Kind, dachte sie irgendwann. Und morgen war morgen und zum Glück noch weit weg.

 

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Für die abc.etüden, Woche 19.17: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Worte stammen in dieser Woche von Jaecki Reichenau und lauten: Meer, Mensch, Kind.

Das ist natürlich ein Problem, wenn man drei Wörter hört/liest, und dann spontan einen Satz im Kopf hat, der alle drei beinhaltet und so simpel ist wie meiner. Was also machen? In meinem Fall habe ich mich entschieden, noch neun Sätze um ihn herumzubauen: Wer sagt/denkt diesen Satz? Warum? In welcher Situation?

Und jedes Jahr wieder, weil ich es spontan im Kopf hatte und so mag, ein Lied (auch) zum Meer.
Malediva: Fast schon das Meer sehen …

 

 

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37 Kommentare zu “Morgen ist morgen | abc.etüden

    • Der ewige Kreislauf … und am Meer fühlt man ihn am deutlichsten? Na, vielleicht am schnellsten, auch wenn die Jahre immer kürzer zu werden und schneller zu vergehen scheinen.
      Danke!
      Liebe Grüße
      Christiane

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  1. Meer, Mensch, Kind und Eis- mehr braucht es wirklich nicht. Und vielleicht wartet eine spannende Begegnung am Leuchtturm?
    Liebe Grüße

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    • Ach, danke! Immer das gleiche Thema: Wegrennen, den Kopf frei bekommen, in Ruhe nachdenken, zu sich selbst finden …
      Und ja, Meer ist immer toll. Immer.
      Liebe Grüße
      Christiane

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    • Ich finde es auch nicht kitschig, liebe Bruni, es ist in meiner Geschichte einfach der passende Rahmen in diesem Moment. Und das Meer ist so groß, wie man sich darauf einlassen kann, es spiegelt uns …
      Liebe Grüße
      Christiane

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  2. *lächel*, ja, so ist eds wohl, liebe Christiane.
    Ich hatte das Wörtchen weiß am Ende meines ersten Satzes vergessen …
    Liebe Grüße von mir an Dich

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