Fünfundzwanzigjährige Abifeier ist so eine Sache: Die einen kommen, um zu schauen, ob der Zahn der Zeit nur an ihnen selbst so gnadenlos genagt hat, die anderen kommen, um endlos über die ach so guten Zeiten zu schwadronieren.
Thomas und Katrin hatten die gleiche piefige Kindheit auf dem Dorf verlebt, sie hatten einander schon in der Buddelkiste mit Sand beschmissen und später widerstrebend in der kleinstädtischen Tanzschule das Tanzbein geschwungen. Nach dem Abi waren beide erleichtert in unterschiedliche Ecken der Republik geflohen und hatten einander seitdem höchstens aus der Ferne gesehen, die Einfamilienhäuser ihrer Eltern lagen in derselben Straße, man kannte sich.
Aber jetzt verklönten sie begeistert den Abend miteinander, erinnerten sich an Peinlichkeiten und Heldentaten und daran, dass er für sie Mathe- und sie für ihn immer Latein-Hausaufgaben gemacht hatte. Und wären sie noch jünger gewesen und wäre in all den Jahren nicht so viel Wasser die Elbe heruntergeflossen und hätten sie nicht sowieso bestimmt alle ihr eigenes Leben, dann hätte sich Thomas Hals über Kopf in sie verknallt. Wobei „hätte“ falsch war, um ehrlich zu sein – er war seit geraumer Zeit Single und sie blockte alle Fragen zu ihrem Privatleben ab, was ihn hoffnungsvoll stimmte.
Schließlich wurde es spät und er bereitete sich gerade darauf vor, ihr tief in die Augen zu sehen und einen Wechsel der Lokalität vorzuschlagen, als ihr Handy ging und sie den Anruf annahm.
„Schade, Thomas, war ein schöner Abend, ich hab gar nicht gemerkt, wie schnell die Zeit vergangen ist“, sagte sie, als sie aufstand und zahlte, „aber das war meine Frau, die mag ich nicht warten lassen.“
Die rosa Wölkchen verpufften, er sah leicht dämlich drein und stammelte etwas davon, dass es ihn auch gefreut habe.
„Wenn du den Kopf nicht so anspannst, fällt das Brett leichter ab“, sagte sie grinsend und gab ihm einen schnellen Kuss auf die Wange, „du wusstest es nicht, und das bei unseren Müttern: Unglaublich, dass der Buschfunk versagt hat, was?“
Visuals: lz. (ludwigzeidler.de | odradet.de)
Für die abc.etüden, Woche 29.17: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Worte stammen in dieser Woche von Ulli (cafeweltenall.wordpress.com) und lauten: Buddelkiste, schwadronieren, Tanzbein.
Herrlich! Das betrödelte Gesicht von Thomas kann ich mir bildlich vorstellen 😄
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Immerhin ist er keiner, der denkt, er sei das Geschenk des Himmels an den weiblichen Teil der Menschheit – die gibt es ja auch.
Liebe Grüße
Christiane
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Die gibt es zur Genüge!
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Eben, das bekomme ich auch immer wieder mit.
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Herrlich erfrischende Geschichte!
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Danke schön!
Liebe Grüße
Christiane
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Sehr schön, wie viel Autobiografie steckt drin? 🙂
Pittoreske Einstimmung für mein 20-jähriges Abi-Treffen nächstes Jahr…;)
LG Torsten
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Nur Erfahrungen mit Abitreffen, bei mir ist es sogar schon bisschen länger her. Der Rest ist frei fabuliert 😉
Liebe Grüße
Christiane
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Wieder ganz was anderes ! Toll
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Willkommen auf meiner Spielwiese! Ich dachte mir schon, dass ich gerade einen Hang zur Geschwätzigkeit auslebe … so viele lange Sätze! 🙂
Liebe Grüße
Christiane
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Ja, wie prickelnd ist das denn??? So pinkelt das Leben 😆 !
Herrlich geschrieben, liebe Christiane.
Ich stecke noch in den Grübelschuhen, aber das macht ja nix.
Liebe Grüße
Anna-Lena
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Tja, so kanns gehen, eben 😉
Wird schon noch bei dir vorbeikommen, die Muse, hat bestimmt zu viel zu tun …
Liebe Grüße
Christiane
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Ja, im Moment fordern mich diverse andere Sachen, aber ich komme schon noch hinterher und behalte den Überblick.
Liebe Grüße
Anna-Lena
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Das hier ist Kür, keine Pflicht. Nimm dir die Zeit, die du brauchst, das passt schon. Und gutes Gelingen! 😉
Liebe Grüße
Christiane
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Grübelschuhe …, was es nicht alles gibt 🙂
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😉
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Die ist schön, die Geschichte. Und du erzählst immer so flott 😊
Schöne Grüße 🙋
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Wenn du sagst, es fühlt sich an, als würde man das irgendwie kennen, ist es völlig okay. Danke schön für das „flott“ 😉
Liebe Grüße
Christiane
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Tja. Wenn das eine erwartet wird – und das unerwartete einen erwischt 🙂
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Life is life, oder wie war das? Neee: Irgendwas ist immer!
😀
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Nichts ist so, wie es aussieht 😉
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… die Frage ist, wie immer, wie man damit umgeht … 😉
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Liebe Christiane,
ich hätte es mir ja denken können, dass wenigstens du wirklich weißt was eine Buddelkiste ist, auch wenn die anderen Varianten überraschend sind und mich hier und da zum schmunzeln bringen. Und du wärst eben auch nicht Christiane, wenn sich am Ende die Geschichte ein kleines bißchen drehen würde. Ich mag sie wieder einmal sehr!
herzliche Grüße
Ulli
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Liebe Ulli, ja, das mit dem Drehen, das versuche ich meistens, stimmt schon 😉
Und danke, als du gerade schriebst, ich wisse ja, was eine „Buddelkiste“ sei, kam die Muse mit einer Idee und sah mich prüfend an. Hmmmmmm.
Freut mich, dass du die Etüde magst, ich mag sie auch 😉
Herzliche Grüße aus dem erwärmten Hamburg
Christiane, grübelnd
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da bin ich gespannt was nach dem Grübel herauskommt 🙂
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Du wirst es lesen 🙂
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freu 🙂
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… wenn ich die Idee gescheit formuliert bekomme. 😉
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das schaffst du 😉
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Noch nicht *kopfrauch*
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erst einmal drüber schlafen?
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Ja, klar, sowieso.
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… hat wohl die Mutti nicht oft genug angerufen der Gute… sehr schöne SIE- Kurve aus der du ihn hast schleudern lassen!
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*grins* Das war auch mein erster Gedanke. Die Frage ist nur, wenn man mal hochrechnet, wie alt er ist und wie alt sie daher sein muss, würde sie ihrem Sohn so einfach erzählen, dass das Nachbarsmädchen mit einer Frau …?
Ach, da sind viele Wenns zu klären … 😉
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… Realismus und mütterliches Hoffen sind Dinosaurier der Zeit… *g*
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Leider. Bisschen mehr Realismus fände ich zeitweise echt nicht schlecht, so im Zeitalter des Postfaktischen. 😉
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Raffiniert die Kurve gekriegt, liebe Christiane!
Eine feine Abifeier, die mit einer Überraschung endet 🙂 –
für ihn, nur für ihn, der nie so genau hinhörte, wenn die Mama erzählte, was aus der Kathrin geworden ist …
Lieber Mittwochsgruß von Bruni
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Das ist die Frage, liebe Bruni: Hat er nicht zugehört oder sie es nicht erzählt? 😉
Freut mich, dass dir die Etüde gefällt!
Sehr sonnige Grüße
Christiane
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egal, wie rum, die Etüde ist feeeeeeeeeeeeiiinst gewirkt!
Sonniges Winken zu Dir von mir
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Zurück, zurück 🙂
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