Regen weit und breit

Da draußen regnet es weit und breit.
Es regnet graugraue Verlassenheit.
Es plaudern tausend flüsternde Zungen.
Es regnet tausend Erinnerungen.
Der Regen Geschichten ums Fenster rauscht.
Die Seele gern dem Regen lauscht.

Der Regen hält dich im Haus gefangen.
Die Seele ist hinter ihm hergegangen.
Die Insichgekehrte ist still erwacht,
Im Regen sie weiteste Wege macht.
Du sitzt mit stummem Gesicht am Fenster,
Empfängst den Besuch der Regengespenster.

(Max Dauthendey, Regen weit und breit, aus: Gesammelte Werke, Bd. 2 „Aus fernen Ländern“, S. 588/589, Albert Langen, München 1925)

 

Was habe ich euch die Ohren vollgeheult mit „meinem“ Regengedicht des Herrn Maximilian (Max) Dauthendey und dessen online nicht vorhandener Quelle! Gut, ich habe dadurch einen Dichter für mich entdeckt, und zwar wesentlich tiefer, als ich es sonst getan hätte, das gebe ich gern zu und darüber bin ich froh. Um so mehr freut es mich jetzt, dass mir gestern Bernd (redskiesoverparadise.wordpress.com, der wohl einfach klüger gesucht hat als ich) den Tipp zukommen ließ, wo es steht: in den Gesammelten Werken (was ich annahm/hoffte), in den Tagebüchern (was ich inzwischen, nachdem ich den Gedichtband durchgeschaut hatte, ebenfalls annahm/hoffte, aber nicht wusste, wie die hießen, geschweige denn, dass selbige online als Text zu finden gewesen wären, nein, so einfach ist das mit dem Dauthendey dann doch wieder nicht).

Gesagt, getan, ich bat also meine großartige Freundin, die in einer Universitätsbibliothek arbeitet, die eine Ausgabe der „Gesammelten Werke“ besitzt, um Mithilfe, und schon nachmittags hatte ich einen Scan der fraglichen Seiten in der Mail. Yes! Strike!

 

Dauthendey Regen weit und breit | 365tageasatzadayDas Zusammenschnipseln habe ich besorgt, das Gedicht geht tatsächlich über einen Seitenumbruch. Hach, ich bin so glücklich! Vielen, vielen Dank euch beiden!!!

Und da der Herr Max Dauthendey so einige bemerkenswert schöne Regengedichte verfasst hat (wie ich finde), und da er HEUTE seinen 150. Geburtstag feiern würde (hier ist ein sehr lesenswerter Link zu seinem Wikipedia-Eintrag) und es hier (und wohl auch bei einigen von euch) regnet, hier ein weiteres Regengedicht.

 

Der Regen wandert über den Fluß

Der Regen wandert über den Fluß
Und Wasser durchs Wasser waten muß.
Es ist als schwimmen die Ufer fort,
So triefend stehen die Berge dort.
Und Regen und Fluß durchs Land hingehen
Und können ihr eigenes Ende nicht sehen.
So wanderten Sehnsucht und Blut oft zusammen
Und alle Ufer überschwammen.

(Max Dauthendey, Der Regen wandert über den Fluß, aus: Insichversunkene Lieder im Laub, Quelle)

 

Quelle: ichmeinerselbstvollStolz

 

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50 Kommentare zu “Regen weit und breit

    • Hallo nochmal, liebe Christiane, jetzt aufm Laptop kann ich besser und schneller schreiben. Hatte deinen allerersten Artikel zum Regen mir gemerkt, um dazu etwas zu schreiben und nun bist Du fündig geworden. Endlich ist das Geheimnis gelüftet mit Herrn Dauthendey! Super. Ich freue mich mit Dir!! Es hat ein halbes Jahr gewährt, wenn ich das richtig sehe.

      Gut Ding braucht eben viele Regentage, gell? Bei uns schüttet es heute minutenweise aus Kübeln und dann herrscht wieder Ruhe bis zum nächsten Guss.

      Insofern kann es ruhig ordentlich regnen, nun haben wir ein schönes Gedicht, das uns die Herzen wärmt. Dankeschön für Dein Dranbleiben.

      Herzlich von der Couch, ganz gemütlich. Petra

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      • Neeee, liebe Petra, das geht schon länger mit Herrn Dauthendey und mir. Wenn du dir meinen Ursprungspost anschaust, der ist von 2015! Gut, wirklich intensiv gesucht habe ich noch nicht soooo lange, da hast du dann schon recht, aber ich habe ihn schon länger auf dem Zettel – ich kenne ja auch andere Gedichte von ihm. Er scheint mir zu liegen, ich will mal mehr von ihm lesen, ich bin ganz glücklich momentan, nicht nur wegen der vielen Regengedichte …
        Hier regnet es den ganzen Tag mehr oder weniger durchgängig. Was mich viel mehr als der Regen stört, ist die Kälte, alles unter 20 Grad empfinde ich des Sommers nicht würdig … okay, nachts okay, klar. Aber wir können froh sein, wenn wir als Tageshöchsttemperatur über 20 °C kommen, das ist nicht fair …
        Liebe Grüße
        Christiane, auch gemütlich

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  1. Ja, Regen ist schön… Wenn man draußen durch die saftige Natur stapft – oder wenn man drinnen eingekuschelt durch’s Fenster nach draußen blickt und die Tropfen an die Scheibe prasseln. Aber: Auch die allerschönsten Sachen möchte man nicht JEDEN Tag. Hier bei uns im Norden regnet es seit Tagen fast ohne Pause und ich sehne die Sonne oder zumindest ein wenig Trockenheit herbei…

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  2. Irgendwie halten die im Himmel kein Maß mehr: entweder wir werden gebraten oder wir werden ersäuft,! Jetzt ist mein Draussenwohnzimmer fertig und ich muss drinnen sitzen, gefleect ob der Kälte 🙂aber der Herr Dauthendey entschädigt mit seinen Gedichten. Regen in Büchern liebe ich immer😊Dir einen lieben Gruss vom Tröpfeldach Karin mit Dachschaden.

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    • Dachschaden? Nanana … 😉
      Ich vermute, dass bei euch das Thermometer bald wieder klettert und du dein schickes Draußendomizil wieder beziehen kannst.
      Hier ist es ungemütlicher, temperaturtechnisch, obwohl ich den Regen sehr gern mag …
      Liebe Abendgrüße
      Christiane

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  3. Toll, liebe Christiane, dass du nun fündig geworden bist, ich mag beide Regengedichte sehr, Regengedichte ohne Jammern, aber mit viel Nass, zauberhaft!
    herzliche und späte Abendgrüße
    Ulli

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  4. Dies hier ist aber auch wundervoll von ihm
    und was für ein feiner Erfolg, wenn endlich gefunden wird, was so lange vermisst war, liebe Christiane

    Herzliche Grüße zur Nacht von Bruni

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  5. Pingback: Regen weit und breit – Regensucherin

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