Frau Meyer hat einen Hals | Etüdensommerpausenintermezzo 2

Dieser Tag würde nicht ihr Lieblingstag werden, das wurde ihr schon morgens klar. Hatte der Sturm in der Nacht doch ihre drei Meter hohe Lieblingssonnenblume im Vorgarten geköpft! Sie nahm das persönlich. Scheißwind! Blöder Frühherbst! Frustriert erwog sie, das Büroradio, das nur dümmliche Sommerhits spielte, auf Klassik umzustellen. Und überhaupt, die Temperaturen! Selbst die Wetterfrösche zuckten bei der Frage nach besseren Aussichten nur die Achseln und bliesen Trübsal.

Mittags kam ihr Essen natürlich zuletzt und sie musste es fast herunterschlingen, sie wollte ja nicht, dass die wartenden Kollegen ihr auf den Teller starrten. Aus purem Verdruss spendierte sie später dem Labrador der nervigen Bürotratschtante ihren letzten Schokokeks und wünschte ihm Durchfall, Verstopfung oder beides. Sicherheitshalber schloss sie die Tür, dass er nicht ihr Büro vollpupsen konnte, sie brauchte heute nicht auch noch Stinkbombenalarm.
Zu Hause angekommen erwartete sie eine Urlaubskarte in Form einer Flaschenpost. Ihr Herr Sohn weilte mit Familie an der Nordsee, da fand man das offensichtlich witzig. Liebe Grüße in geschmacklosem, hirnlosem Plastik in Flachmannform mit Korkverschluss. Sie schnaubte und hätte am liebsten geschrien.

Draußen hatte die Sonne einen grandiosen Abgang in allen Rot- und Orangetönen hingelegt. Samtig und sternklar wölbte sich der Nachthimmel. Sie schlief entspannt. Endlich.

 

drabblemezzo 2 | 365tageasatzadayVisuals: ludwigzeidler.de

 

Zum Abschluss schulde ich euch noch das Double-Drabble für mein Etüdensommerpausenintermezzo 2. Aber dazu braucht es vielleicht einige Erklärungen.

Ich habe keine Ahnung, ob man nur im Norden „soooo einen (dicken) Hals“ hat. Die Bedeutung kann man jedenfalls hier nachlesen.

Besagte Flaschenpost bekommt man hier an den Landungsbrücken und tatsächlich oft an der Nordsee, oft bunt bedruckt. Sicher für manche Gelegenheiten eine witzige Idee. Bild der Puristenform hier.

Und ja, ich weiß, dass Hunde keine Schokolade bekommen dürfen! Daher erkläre ich hiermit feierlich, dass beim Schreiben und im Verlauf dieser Geschichte kein Hund zu Schaden kam, und dass besagter Labrador einen Schokokeks (es ist ja noch nicht mal reine Schokolade und sicherlich ist der Theobromin-Anteil nicht hoch) lächelnd verdrücken kann und gern noch einen zweiten verdrückt und verträgt.

34 Kommentare zu “Frau Meyer hat einen Hals | Etüdensommerpausenintermezzo 2

    • Die Sache ist doch: Was lässt man zu, dass es einem den Tag versaut? Bis zu einem gewissen Punkt hat man darauf ja doch Einfluss … Wobei mich eine abgedrehte Sonnenblume wirklich traurig machen würde.
      Liebe Grüße und gutes Durchstarten Richtung Wochenende
      Christiane

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  1. Wenn man Doofes sehen will, sieht man Doofes, will man Schönes sehen, sieht man Schönes usw., und doch, manchmal gibt es solche Tage, wie gut aber, dass die Dame dann doch noch tief schlief 😉
    liebe Christiane, ich wünsche dir ein sonniges Wochenende
    liebe Grüße
    Ulli

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  2. Absolut nachvollziehbar und wie ein Sog zieht es einen mit. Ich frage mich dann schon, ist solch ein Tag quasi unvermeidbar fast nicht zu bremsen oder dann doch auch gemischt eine Folge da vielleicht mit dem linken Fuß aufgestanden. Hm. Aber ich kenn das, wer nicht, wenn auch mit anderen Zusammensetzungen. Diese Art an Postkarten, bäh. Wobei man heute froh sein sollte, wenigstens mal eine zu erhalten. Ich schreib selbst auch noch ab und an, eher selten, aber doch. Klar, den dicken Hals kenn ich.
    Grüße!

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    • Ich kenn das auch mit dem Hals und natürlich auch mit den vermiesten Tagen. Und/aber ich weiß schon seit Jahren nicht mehr, was ich auf Postkarten schreiben soll. Meist nur Grüße, und meist auch nur für Leute, die sich freuen, Handpost zu bekommen …
      Aber das Schreiben mit der Hand stirbt aus, ich seh es an mir, und das finde ich andererseits wieder bedenklich …
      Gute Nacht …

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      • „Hallo liebe Christiane,
        Heureka, ich bin im Urlaub und darf dir eine Postkarte schreiben. Wenn du diese Karte umdrehst, siehst du wo ich bin, aber dann kannst du nicht weiterlesen. Also dreh sie zurück. Mist aber auch, der Platz ist alle! Also tschüss mal, bis nächste Woche, wir gehen jetzt ein Eis essen. Gruß aus Urlaublandien,
        AP.“
        Das wäre eine typische Autopict-Postkarte… aber eben von Hand geschrieben. Soviel passt da eben nicht drauf. Aber schon wahr, ich schreibe auch sehr gezielt, wenn überhaupt. Deshalb wollte ich das in naher Zukunft sozusagen digital kultivieren, aber das zeigt sich noch, ich warte noch auf den richtigen Moment (falls es sowas gibt).
        Grüße.

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        • Den richtigen Moment gibt es nicht, das garantiere ich dir 😉 Bzw. er ist dann, wenn du sagst, dass er es ist …
          Aber ich kenn das, meine Texte sind normalerweise etwas sinniger, dafür kürzer.
          Schönes Wochenende dir und emsige Grüße
          Christiane

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  3. Der Titel machte mich stutzig und ich dachte, na ja, ich hab auch einen, aber dann fiel es mir wieder ein 🙂
    Die Arme, bissel hysterisch kam sie schon bei mir an, aber ich kann sie verstehen, ich könnte auch so gefrustet sein, aber ich hab keine Lust dazu. Ist so kompliziert, dann wieder zur guten Laune zurückzufinden *g*
    Diese seltsame Flaschenpost hätte ich zurückgeschickt 🙂 igittttttttt
    Mit Schmunzeln gelesen, liebe Christiane

    Herzlichst Bruni, leider ohne Schokokeks in der Hand, Töchterchens LabradorVerschnitt hätte den locker vertragen und nach dem zweiten gelinst

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    • Und du hättest den Stress mit dem hypothetischen Herrn Sohn auf dich genommen, Bruni, echt? Wo die Kinder das so toll fanden, Oma so ein Ding zu schicken? Aha, so eine bist du *gggg*
      Ich kenne auch schokogierige Hunde, die alles einatmen, speziell wenn es süß ist. Dass man aber Kleinstbiester mit Schokolade wirklich vergiften kann, war mir in dem Ausmaß nicht bewusst.
      Liebe Grüße
      Christiane

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