November

Graue Winde schütteln den Wald,
Winde rütteln am Haus,
In den Eichen Regengebraus,
Regen hämmert aufs Dach.
Mein leer Herz liegt wach,
Lauscht auf das Schütteln und Gießen.
Mein Herz kann nicht mehr weinen um mich,
Herz, die Himmel weinen für dich.

(Max Dauthendey, Graue Winde schütteln den Wald, aus: Reliquien, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 115)

 

Novembertag

Nebel hängt wie Rauch ums Haus,
Drängt die Welt nach innen;
Ohne Not geht niemand aus;
Alles fällt in Sinnen.

Leiser wird die Hand, der Mund,
Stiller die Gebärde.
Heimlich, wie auf Meeresgrund,
Träumen Mensch und Erde.

(Christian Morgenstern, Novembertag, Quelle)

 

Baum im Nebel | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

 

Kommt gut in die neue Woche!  😀

 

20 Kommentare zu “November

  1. danke und auch dir eine schöne Woche. Ganz passend verdunkelt sich auch hier der Himmel, es soll Unwetter geben. Das Gedicht von Dauthendey erinnert mich an Paul Verlaine, das sehr gut auf deine Regenseite passen würde. Unsere Französisch-Lehrerin, eine unglückliche „alte Jungfer“, so hoch wie rund (wir nannten sie Bum Krüger oder auch Ohm Krüger), liebte es sehr, und die SchülerInnen spektakelten. Ich aber behielt es, und sie tat mir sehr leid, wenn sie die letzte Strophe mit Inbrunst rezitierte.

    Il pleure dans mon coeur
    Comme il pleut sur la ville ;
    Quelle est cette langueur
    Qui pénètre mon coeur ?

    Ô bruit doux de la pluie
    Par terre et sur les toits !
    Pour un coeur qui s’ennuie,
    Ô le chant de la pluie !

    Il pleure sans raison
    Dans ce coeur qui s’écoeure.
    Quoi ! nulle trahison ?…
    Ce deuil est sans raison.

    C’est bien la pire peine
    De ne savoir pourquoi
    Sans amour et sans haine
    Mon coeur a tant de peine !

    Paul Verlaine
    Romances sans paroles (1874)

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    • Liebe Karin, danke für Links und Mühe!
      Den Gesang mag ich gar nicht (Geschmackssache), aber die Bilder dazu sind zauberhaft.
      Das übersetzte Gedicht mag ich dagegen sehr, aber es wurde anscheinend von dem Herrn übersetzt, der hinter der Seite steht, und damit darf und werde ich es natürlich nicht zitieren, ohne ihn vorher gefragt zu haben. Interessante Seite hat er da!
      Liebe Grüße
      Christiane

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  2. Aus beiden mag ich Morgensterns letzte Zeilen am liebsten

    Heimlich, wie auf Meeresgrund,
    Träumen Mensch und Erde

    Wunderschön sind diese Worte von ihm

    Liebe Grüße von Bruni

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  3. Nun, mir gefällt das erste besser, das wirkt rauher, gröber, direkter. Irgendwie persönlicher.
    Soll aber nicht heißen, dass der Morgenstern nix ist. Nene.
    Grüße vom November in den November…

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