Nicht mehr – noch nicht

Nach grüner Farb mein Herz verlangt
in dieser trüben Zeit.
Der grimmig Winter währt so lang,
der Weg ist mir verschneit.
Die süßen Vöglein jung und alt,
die hört man lang nit meh’;
das tut des argen Winters G’walt,
der treibt die Vöglein aus dem Wald
mit Reif und kaltem Schnee.

Er macht die bunten Blümlein fahl
im Wald und auf der Heid.
Dem Laub und Gras allüberall
dem hat er widerseit.
All Freud und Lust wird jetzo feil,
die uns der Sommer bringt.
Gott geb dem Sommer Glück und Heil
der zieht nach Mittentag am Seil
daß er den Winter zwingt.

Text: Max Pohl 1911 (1869-1928), Umdichtung eines alten schon Ende des 16. Jahrhunderts belegten Winterliedes
Melodie: Michael Praetorius 1610 (1571-1621) aus „Musae Sioniae“ (1605–10) zu einer geistlichen Umdichtung („Nach ewger Freud mein Herz verlangt“) des ursprünglichen Winterliedes.
(Online-Quelle)

 

Früher Frühling

Zwischen Februar und März
liegt die große Zeitenwende,
und, man spürt es allerwärts,
mit dem Winter geht’s zuende.
Schon beim ersten Sonnenschimmer
steigt der Lenz ins Wartezimmer.
Keiner weiß, wie es geschah
und auf einmal ist er da.

Manche Knospe wird verschneit
zwar im frühen Lenz auf Erden.
Alles dauert seine Zeit,
nur Geduld, es wird schon werden.
Folgt auch noch ein rauher Schauer,
lacht der Himmel um so blauer.
Leichter schlägt des Menschen Herz
zwischen Februar und März.

(Fred Endrikat, Früher Frühling, in: Der fröhliche Diogenes, 1942, Quelle)

 

Februar 2018 | 365tageasatzadayQuelle: ichmeinerselbst, Klicken macht groß!

 

Kommt gut in die neue Woche!

 

24 Kommentare zu “Nicht mehr – noch nicht

  1. Bei euch scheint mir der Frühling fast schon weiter zu sein als bei uns. Das erste Gedicht hat, soviel ich weiß, seine Wurzeln im 30jährigen Krieg, und der Sommer wird als Analogie für den ersehnten Frieden gesehen. Kann aber auch sein, dass ich mich irre. jedenfalls fällt es in die Zeit der sog. „kleinen Eiszeit“ in Europa.
    Hier ist heute Beginn der Fastenzeit und Feiertag (!Sauberer Montag“ mit Drachensteigen und Fastenspeisen). Komm auch du gut in die Woche! Liebe Grüße Gerda

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    • Das mit der Sommeranalogie wusste ich nicht, danke dafür!
      Muss eine ziemlich schreckliche Zeit gewesen sein.
      (Drachensteigen? Als Symbol wofür?)
      Neugierige Grüße
      Christiane

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    • Du bringst es auf den Punkt: Die „Adler“ sind wohl tatsächlich Sonnensymbole, daher auch ihre ins Runde gehende Form. Sie werden über das gleicharmige Kreuz der Ostkirche gebaut und lassen sich somit auch mit Ostern (Auferstehung des Sonnengeistes) in Verbindung bringen. In meiner Kindheit ließen wir im Herbst die Drachen über den Stoppelfeldern steigen, die waren über das lateinische Marter-Kreuz gebaut. Sie waren Vorboten des Winters.

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      • Du machst mir gerade bewusst, dass ich mir über Drachensteigen als Ritual noch nie Gedanken gemacht habe. Ich danke dir also erst mal dafür! 😀
        Dass die Form der Drachen im Herbst anders ist als im Frühling, und dass das einen Bedeutungsunterschied hat … echt interessant. Gut, gibt es hier in Deutschland wohl nicht mehr, jedenfalls wüsste ich nicht, wo.
        Liebe Grüße
        Christiane, grübelnd und fasziniert

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        • Gibt es nicht mehr? O wie schade! Es war immer ein Hauptvergnügen für uns Kinder. Und sogar noch als Erwachsene: als die Wehen nicht kommen wollten, jagte mich mein Mann unter Stacheldrähten durch auf Stoppelfelder zum Drachensteigenlassen. 🙂

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          • Ja, doch, klar gibt es das noch. Aber noch nie, und ich behaupte mal, dass ich mein ganzes Leben lang schon einen Sinn dafür hatte, war das großartig Thema, dass das Drachensteigenlassen im Herbst rituelle Hintergründe hätte, sprich irgendeine Bedeutung, die über „was für Kinder“ hinausgeht.
            Da ist mir echt was entgangen. 😉

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  2. Schöne und passende Zeilen zum Jetzt. Jetzt, wie ich es empfinde, ist Dazwischen, zwischen Frost, Eis, Schnee und Stille und dem ruhigen Sprießen, das bald schon in seiner ganzen Pracht erblühen wird und dann kommt das nächste hui, hui bis zum nächsten Herbst…
    herzliche Montagmorgengrüße, Ulli

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  3. Er war schon da,der Frühling, hat um die Ecke gelugt, sich jetzt aber wieder den Frostmantel übergeworfen, hoffentlich überstehen das die vorwitzigen Knospen. Zwei schöne Hoffnungsgedichte hast Du ausgesucht. Lieber Gruss vom kalten Dach,Karin

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  4. Genau, irgendwie ist jetzt so ein merkwürdiger Zwischenzustand mit den länger werdenden Tagen und immer noch winterlichen Temperaturen. Die Gedichte sind wunderbare Wegbegleiter!

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