Schmerz

 

Nicht alle Schmerzen sind heilbar

Nicht alle Schmerzen sind heilbar, denn manche schleichen
Sich tiefer und tiefer ins Herz hinein,
Und während Tage und Jahre verstreichen,
Werden sie Stein.

Du sprichst und lachst, wie wenn nichts wäre,
Sie scheinen zerronnen wie Schaum.
Doch du spürst ihre lastende Schwere
Bis in den Traum.

Der Frühling kommt wieder mit Wärme und Helle,
Die Welt wird ein Blütenmeer.
Aber in meinem Herzen ist eine Stelle,
Da blüht nichts mehr.

(Ricarda Huch, Nicht alle Schmerzen sind heilbar, aus: Herbstfeuer. Gedichte, Insel Verlag zu Leipzig 1944, Quelle)

 

Denn wenn etwas uns fortgenommen wird, womit wir tief und wunderbar zusammenhängen, so ist viel von uns selber mit fortgenommen. Gott aber will, daß wir uns wiederfinden, reicher um alles Verlorene und vermehrt um jeden unendlichen Schmerz.

(Rainer Maria Rilke an die Prinzessin von Schönaich-Carolath, Paris, 7. Mai 1908, aus: Rainer Maria Rilke, Ruth Sieber-Rilke, ‎Briefe aus den Jahren 1907 bis 1914, Leipzig: Insel-Verlag 1933, Seite 33, Quelle)

 

Abend in Skaane

Der Park ist hoch. Und wie aus einem Haus
tret ich aus seiner Dämmerung heraus
in Ebene und Abend. In den Wind,
denselben Wind, den auch die Wolken fühlen
die hellen Flüsse und die Flügelmühlen,
die langsam mahlend stehn am Himmelsrand.
Jetzt bin auch ich ein Ding in seiner Hand,
das kleinste unter diesen Himmeln. – Schau:

Ist das ein Himmel?:
Selig lichtes Blau,
in das sich immer reinere Wolken drängen,
und drunter alle Weiß in Uebergängen,
und drüber jenes dünne, große Grau
warmwallend wie auf rother Untermalung,
und über allem diese stille Strahlung
sinkender Sonne.

Wunderlicher Bau,
in sich bewegt und von sich selbst gehalten,
Gestalten bildend, Riesenflügel, Falten
und Hochgebirge vor den ersten Sternen
und plötzlich, da: Ein Thor in solche Fernen
wie sie vielleicht nur Vögel kennen…

(Rainer Maria Rilke, Abend in Skaane, aus: Das Buch der Bilder, 1. Buch Teil 2, S. 57, 1906, Quelle)

 

So oder sonstwie: Kommt gut in die neue Woche!

 

Sonnenuntergang SPO | 365tageasatzadayQuelle: Ichmeinerselbst, aber sowas von

 

65 Kommentare zu “Schmerz

  1. Ja, nicht alle Schmerzen sind heilbar. Das habe ich gerade heute Morgen wieder gespürt. Diese „Stelle, da nichts mehr blüht“, da nie wieder etwas blühen wird. Ich musste dabei an einen Liedtext von Reinhard Mey denken: „Wie vor Jahr und Tag, liebe ich dich doch. Vielleicht weiser nur und bewusster noch. Und noch immerfort ist ein Tag ohne dich ein verlor’ner Tag, verlor’ne Zeit für mich.“ So beginnt also auch heute wieder ein Tag, der wie alle anderen Tage ein „verlorener“ bleiben wird …
    Mit trauriger Seele
    Elke

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  2. Sehr berührend und wahr. Ich hoffe nur, dass die Stellen, an denen nichts mehr blüht, niemals überhand nehmen, das wäre zu traurig. Aber Rilkes Brief relativiert das sehr schön.

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  3. Ricarda Huch, die Dichterin mit dem starken verwundeten Herzen. Ihre Gedichte lassen einen nicht leicht wieder los.

    Für mich ist ihr Gedicht: „Mein Herz, mein Löwe“ eine Herausforderung, an der ich immer wieder herumknaupele, besonders an den Zeilen :
    „Mein Herz wird hassen, was es haßte,
    Mein Herz hält fest seine Beute,. ..“
    mit denen sie unterstreicht, dass sie nie und niemals den Schergen des Nazireichs vergeben wird – auch dann nicht, wenn der Himmel selbst es täte.

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    • Ich kenne kaum was von ihr (außer ihrem Namen), wie ich festgestellt habe, als ich sie bei Wikipedia nachgeschlagen habe. Muss ich ändern.
      Ich wüsste gern, ob sie an dieser von dir zitierten Meinung 40, 50 Jahre später noch so unbedingt festgehalten hätte. Ja, Gedankenspielerei.
      Liebe Grüße
      Christiane

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    • Hamburg: selten. Dies hier war an der Nordsee, da soll es das allerdings mit Glück wohl öfter mal geben. Da jener Ort (St. Peter-Ording, völlig profan) von mir aber 150 km weg ist, bin ich selten dort.
      Will sagen: Dieser Abend war der absolute Glücksfall und bisher eines meiner lebenslangen Highlights in Sachen Sonnenuntergang fotografieren.
      Liebe Grüße
      Christiane

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  4. Gerne folge ich auch dem weiterführendem Link zu Ricarda Huch, die ich auch nicht kenne, danke für den Tipp. Und nun frage ich mich natürlich wie es denn mit dem Schmerz ist, spontan stimme ich ihr zu…
    liebe Grüße und dir eine schöne Woche, Ulli

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    • Das Gefühl, dass man Stellen hat, wo nichts mehr blüht – kennt das nicht jede/r? Meine Frage wäre, wie man mit diesen Stellen umgeht. Für mich legt die Formulierung übrigens nahe, dass es an dieser Stelle schon mal geblüht hat, das ist eine Unterscheidung, die ich wichtig finde.
      Ob diese Stellen irgendwann, im Laufe der Jahre, kleiner werden können, ob man zum Beispiel auch daran arbeiten kann (kann! NICHT muss!) und und und … das würde ich fragen.
      Liebe Grüße
      Christiane

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      • Du bringst es auf den Punkt … sorry, ich hatte gerade einen Unfall und muss mich erst einmal neu sortieren, das ist jetzt ein Schmerz ganz anderer Art…

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          • Ich bin beim Ziegenfüttern vom Heuboden in den Stall gefallen (ca. 2m tief), bin ausgerutscht und habe mir dabei den rechten Fuß verdreht und hier und da blaue Flecken. Zurzeit gelten kalte Wickel mit frischen Beinwellblättern, Arnika C30 (direkt nach dem Sturz) und jetzt helfen Ibus gegen den Schmerz, morgen werde ich wohl mal anschauen lassen müssen, es ist wieder einmal die berühmte Sekunde der Unachtsamkeit und schon sieht die Welt anders aus. Von der Nachbarin habe ich Krücken bekommen, welch ein Segen, damit kann ich in der Wohnung schon mal hüpfen üben und jetzt bloß nicht den Humor verlieren 😉
            danke fürs Nachfragen, liebe Christiane, herzlichst, Ulli

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          • Au, au, au. Uff. Ja, wenns weiter nichts ist, kommst du hoffentlich mit dem Schrecken und dem Schmerz davon, trotzdem – 2 Meter sind hoch! 😦
            Alles Gute dir und liebe Grüße
            Christiane

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          • War und ist auch nicht ohne … und du hättest die Ziegen sehen sollen, da musste ich bei allem Schmerz schon wieder grinsen, sie standen mucksmäuschenstill um mich herum und schauten … eine der Muttertiere, eine, die ich sehr mag, ließ mich ab da gar nicht mehr aus den Augen, berührend…
            ich danke dir,
            liebe Grüße
            Ulli

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          • Och, du, liebe ulli, gestern war wohl ein Pechtag. Ich bin auf beide knie gefallen und versuche mir ringelblume der Heilung auf die Sprünge zu helfen…
            Ich hoffe bei dir, dass es schlimmer aussieht, als eine Untersuchung ergeben wird!

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          • Oh je, dann auch dir eine gute Besserung, ich kann heute schon wieder ohne Krücken humpeln, Gewicht auf der Ferse, ich hatte mir frische Beinwellblätter aus dem Garten bringen lassen und habe gestern den ganzen Nachmittag und Abend damit Wickel gemacht und konnte auch gut schlafen…
            liebe Grüße und alles Liebe für dich, nun sind wir wieder achtsam, nicht wahr?! 😉 🙂
            Ulli

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          • Jetzt geht das wieder los, stöööhn, ich habe gerade nämlich auch bei mir gefischt … tzzz.
            Ja, es geht wirklich erstaunlich viel besser, das hätte ich mir gestern so noch nicht vorstellen können, Glück gehabt und Dank an alle meine Schutzgeister 😉 und die guten Wünsche meiner Bloggerfreundinnen 🙂 ❤
            herzlichst, Ulli

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          • Jetzt erst einmal kalte Wickel mit Arnika, Arnikakügelchen und vor ca. einer Stunde eine Ibuprofen und wenn es morgen nicht deutlich besser ist, dann lass ich es anschauen – mit den Krücken komme ich schonmal gut vorwärts und das mit der Autofahrerei muss bis Donnerstag auch klappen, ich bin wild entschlossen!!!

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        • sind wir nicht immer achtsam, liebe Ulli, und trotzdem passiert so was. wie aus heiterem Himmel? Kannst Du denn nur mit der Ferse auftreten?

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          • Nein, liebe Bruni, ich bin nicht immer achtsam und gestern war ich es definitv nicht, aber der heitere Himmel gesellt sich dann dazu, weil es so erscheint.
            Ja, heute Morgen konnte ich nur mit der Ferse auftreten, nun kann ich den Fuß schon wieder leicht abrollen, gebrochen ist da nix, nur geschwollen undhier und da blaue Flecken, du weißt ja: heile, heile Gänschen und in hundert Jahren is alles wech… 🙂
            liebe Grüße, Ulli

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        • Du meinst, Du warst zu übermütig?
          Jaaaa, das klingt nach einer heftigen Verstauchung, die meine Mutter (ehemalige Krankenschwester) bei meinem Vater immer mit essigsaurer Tonerde behandelt hat

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  5. na ja, beide Kniee sind ziemlich geprellt und Prellungen tun weh…, aber keine Brüche oder Abrisse, juchhu!
    Lieb, daß Du nachfragst

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  6. So ein wundervoller Abendhimmel fließt durch die Pupillen bis in die steinernsten Stellen im klopfenden Herz und legen einen warmen Hauch darauf. Wärme bringt Leben und wer weiß? Manchmal will Leben eben dann doch noch der gelegten Fährte folgen und setzt behutsam Keime in die toten Flächen. Dann bricht die krumende Narbe auf und neue Liebe kann wachsen.

    Danke für die anregende Lektüre und natürlich für ein wundersames Bild, liebe Christiane.
    Herzliche Grüße, Ihre Käthe Knobloch

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    • Ich habe gelesen, liebe Käthe, dass Ricarda Huch sich auf die NS-Zeit bezog. Da kann ich mir ihre Rigorosität gut vorstellen.
      Bei allem anderen möchte ich mir gern vorstellen, dass Sie recht haben. Und ja, dieser wärmende und überfließende Abendhimmel ist herrlich.
      Herzlich beschwingte Grüße
      Christiane

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