Und Sonne und Erde sind wieder vertraut
Nun halten die Spatzen laut Schule am Dach,
Die Fenster sind wach, und der Morgen blaut,
Der Himmel neuangekommen ausschaut.
Die Sonne ist durch den Äther geschwommen,
Und Sonne und Erde sind wieder vertraut,
Und jeder Fink pfeift seiner Braut.
Auch ich find‘ keine Ruhe in der Haut;
Vom Fleck rückt gern der Fuß im Schuh
Und wandert auf zwei Augen zu.
(Max Dauthendey, Und Sonne und Erde sind wieder vertraut, aus: Lusamgärtlein, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 233)
Ich seh‘ nur Blumen taumeln, wo ich steh‘
Der Flieder streut sich auf die Erde blau,
Der Weißdorn schüttet seinen warmen Schnee,
Die Ahornblüte regnet über Weg und Au,
Ich seh‘ nur Blumen taumeln, wo ich steh‘:
Schneeballen, welche keinen schmerzen,
Goldregenbaum, dem helle Ketten fallen,
Und feuerblaue Iris hingestellt zum Gartensee.
Doch ohne dich, Geliebte, ich an allen
Stumm wie ein Winterstumpf vorübergeh‘.
(Max Dauthendey, Ich seh‘ nur Blumen taumeln, wo ich steh‘, aus: Lusamgärtlein, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 266)
An die Frau Prinzessin M. von B.
Wir sind ja. Doch kaum anders als den Lämmern
gehn uns die Tage hin mit Flucht und Schein;
auch uns verlangt, sooft die Wiesen dämmern,
zurückzugehn. Doch treibt uns keiner ein.
Wir bleiben draußen Tag und Nacht und Tag.
Die Sonne tut uns wohl, uns schreckt der Regen;
wir dürfen aufstehn und uns niederlegen
und etwas mutig sein und etwas zag.
Nur manchmal, während wir so schmerzhaft reifen,
daß wir an diesem beinah sterben, dann:
formt sich aus allem, was wir nicht begreifen,
ein Angesicht und sieht uns strahlend an.
(Rainer Maria Rilke, An die Frau Prinzessin M. von B., Frühsommer 1906, in: Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens, Gedichte aus den Jahren 1906 bis 1926, insel tb 98, 1953, S. 10.)
Quelle: Ichmeinerselbst in den letzten Tagen
Kommt gut in die neue Woche!
Feuerblaue Iris…so ein schönes Wort…
Eine gute Woche wünsche ich dir.
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Danke, ich dir auch 😀
Liebe Grüße
Christiane
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Moinsen liebe Christiane, Spatzen halten hier nur noch selten ihre Schule am Dach, seufz. Liebe Grüße und eine schöne Woche, Annette
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Ja, am Dach bei uns auch nicht mehr, liebe Annette. Aber ich gehe auf meinem Lieblingsweg an einer laaaaangen tschilpenden Hecke vorbei (Schrebergärten) … da ist immer Betrieb.
Liebe Grüße und eine schöne Woche auch dir
Christiane
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Bei uns spatzt es noch ganz munter.
Du hast wieder ein glückliches Händchen bei deiner Auswahl gehabt. Danke dafür und eine schöne Woche,
Anna-Lena
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Ich wollte was mit Sonne und Frühling, wenn wir es schon mal haben 😉
Schöne Woche auch dir
Christiane
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Oh, meine liebe Christiane, ein Text, in dem der Regen schreckt?:)
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Zur Abwechslung mal, wird keine Gewohnheit 😉
Liebe Grüße
Christiane
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🙂
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🙂
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*lach*, er mochte ihn wohl nicht
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Zumindest nicht in diesem Gedicht. 😉
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Im Moment macht er seinem Namen alle Ehre: Wonnemonat und schöne Gedichte hast Du wieder gefunden.
Dir sonnige Tage, liebe Christiane und alles Liebe, Karin
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Ja, nicht? Hier auch. Lediglich ab Mitte der Woche soll es sich zuziehen; typisch, ab Donnerstag ist Hafengeburtstag …
Liebe Grüße und auch dir/euch einen guten Start in die Woche!
Christiane
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o mei, das ist wieder ein starkes Rilke-Gedicht, das ich nicht kannte!
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Das stützt meine These, dass wir die Gedichte, die nicht in den „Standardwerken“ sind, nicht kennen, denn dies ist wiederum aus den späten.
Freut mich, dass du es magst!
Liebe Grüße
Christiane
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Heute ist mein heißer Favorit Herr Dauthendey mit seinen taumelnden Blumen, liebe Christiane
Mich schreckt heute der schreckende Regen, mich Rilke-Fan, aber dieses kannte ich auch nicht 🙂 , wie mit Sicherheit noch viele andere.
Liebne Grüße von Bruni
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Siehe meine Antwort an Gerda, liebe Bruni, auch mir ging es mit Rilke nicht anders.
Dauthendey hat was, nicht wahr?
Liebe Grüße
Christiane
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oh ja, er ist gut, nicht nur Herr Rilke *g*
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🙂
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