Vom Sommer und dem Fliegen

 

Sommermonde machen Stroh aus Erde,
Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,
Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,
Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.
Blumen nahen sich mit großen Köpfen und scharlachen,
Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,
Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.
Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen stille steht,
Fragt sich: wenn die Blum’, Baum und Felder sich verschieben,
Ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht,
Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.

(Max Dauthendey, Sommermonde machen Stroh aus Erde, aus: Weltspuk, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 361)

 

Flugzeuggedanken

Dort unten ist die Erde mein
Mit Bauten und Feldern des Fleißes.
Wenn ich einmal werde nicht mehr sein,
Dann graben sie mich dort unten hinein,
Ich weiß es.

Dort unten ist viel Mühe und Not
Und wenig wahre Liebe. –
Nun stelle ich mir sekundenlang
Vor, daß ich oben hier bliebe,
Ewig, und lebte und wäre doch tot…
Oh, macht mich der Gedanke bang.

Mein Herz und mein Gewissen schlägt
Lauter als der Propeller.
Du Flugzeug, das so schnell mich trägt,
Flieg schneller!

(Joachim Ringelnatz, Flugzeuggedanken, aus: Flugzeuggedanken, Berlin 1929, S. 7, Online-Quelle)

 

Mondnacht.

Es war, als hätt’ der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt’.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Aehren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

(Joseph von Eichendorff, Mondnacht., 1835, Online-Quelle)

 

Quelle: ichmeinerselbst, aber mit Freuden!

 

Ich bin, ich muss es gestehen, ein Fan von Flugvorführungen. Also Greifvögel, dass wir uns richtig verstehen. Nein, ich besuche jetzt keine Tierparks extra dafür, aber wenn ich schon mal in die Nähe von so etwas Attraktivem wie der Adlerwarte Berlebeck gerate und genug Zeit habe, dann muss ich da rein. Und natürlich kommt die Kamera dann zum Einsatz, auch wenn leider Gottes (in diesem Fall) prallste Sonne ist und ich WEISS, dass alle weißen Stellen rettungslos überstrahlt und ausgefressen sind, weil die Biester halt verdammt nicht stillsitzen und ich nicht beliebig rumrennen kann und darf (bei Blümchen geht das ja meist noch) und ich einfach nur diese wunderschönen Tiere knipsen möchte. Gleiches gilt, mit Abstrichen, übrigens auch für die ebenso wunderhübschen Gaukelviecher, die ich Herrn Autopict versprochen habe (dieser unruhige Schmetterlingsflieder-Hintergrund killt mich, aber was solls).

 

Last but not least, mit Dank & zum Start für die neue Woche den Soundtrack des Tages, denn der wunderbare Tag wurde von einem ebensolchen Abend gefolgt:

Musik for the Kitchen: Ich steh mit Ruth gut!

 

Klickt rein, es lohnt sich!
Und kommt gut in die neue Woche! 🙂

 

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20 Kommentare zu “Vom Sommer und dem Fliegen

  1. Ich bin mal wieder hingerissen von deiner Lyrischen und Bildauswahl, Christiane! Da werden uns so viele verschiedene und teils überraschende Aspekte des Fliegens vorgeführt! Der Adler fliegt herrlich in seinem Luftelement, wie wir Menschen es nur als Seelenflug vernögen. Ringelnatz bringt dies Doppelgefühl von Überlegenheit und Todesangst herrlich rüber, und das Bild von den sommerverrückten Bäume, Blumen und Felder von Dauthendey ist fast ein expressionistisches Gemälde. Ein Extra-Applaus für den Weisskopfadlerkopf neben dem Menschenrundkopf! Hier fliegen vor allem die Mücken um mich rum, leider. Es ist eine Plage in diesem Jahr. Mit Sommergrüssen hinüber zu dir!

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    • Die Gedichtauswahl ist eine Herzenssache, liebe Gerda, ich weiß am Anfang meist nicht, wobei ich am Ende lande. Dieses Mal sollten sie etwas mit Fliegen, und sei es auch nur im weitesten Sinne, zu tun haben, und, wie ich dann feststellte, mit Liebe. Ja, Dauthendey, der hat auch was Expressionistisches, ich weiß, was du meinst.
      Was das „Köpfe“-Bild angeht: Ich bin soooo glücklich! Da sitzen die Leute in Reihen dicht gedrängt (man ahnt es auf dem Geier-Bild), vorn und ein bisschen auch zwischen den Reihen bewegt sich der vorführende Falkner, geht zwischen unterschiedlichen Anflugpunkten hin und her, und ich hatte einfach nur das Glück, im richtigen Moment die Kamera vor dem Auge zu haben, wo dieses Bild in diesem Winkel möglich war. (Natürlich ist es knapp geschnitten und bisschen bearbeitet, aber das sind alle meine Bilder.) Von Mücken sind wir bisher weitgehend verschont geblieben, das darf gern so bleiben, so sehr wie mich über jegliches Getier sonst freue, was hier ums Häuschen brummt.
      Herzliche Sommergrüße auch an dich in den Süden!
      Christiane

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  2. Oh, sehr schön deine Flattermänner und -Frauen… und sehr gut erwischt! Zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Fliegende Vögel 🦅 vor hellem Himmel, sehr sehr schwierig! Die Art von Fotos bei denen ich den höchsten Ausschuss habe, übrigens. Dein Adler ist natürlich superspitzenklasse. Und wie nah du dem gekommen bist, tolle Serie. Imposantes Tier, so einen hab noch nicht in Natura gesehen.
    Die 3 Gedichte kannte ich natürlich nicht, und die passen wie die Kralle in den Skalp. Witzig eigentlich, das Propellerflugzeuggedicht vor dem doch historischen Hintergrund von 1929! Dennoch mein Fav von den dreien ist das erste.
    Fröhliches Grüßen und Winken aus dem Süden!

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    • Mein Ausschuss ist bei allem, was sich bewegt, ziemlich hoch – und nicht immer gibt es bei Gras im Wind verwendbare Effekte, nicht mal da. Den Schmetterling hätte ich vielleicht nicht mal wahrgenommen, wenn ich ihn nicht just vorher bei dir hätte durchflattern sehen, von daher war ich doppelt happy.
      Mein Adler ist toll, ja, das fand ich auch, ich bin von den großen Viechern eh hin und weg, aber das ist eine andere Sache. Mein „Immerdrauf“ ist ein Telezoom, und bei dem, was du hier siehst, war ich ziemlich oft am Anschlag.
      Von den drei Gedichten ist das letzte am bekanntesten und rangiert unter „Klassiker“ (der Romantik). Ringelnatz wirst du als Autor kennen (Kuddel Daddeldu? Als Musik von Achim Reichel? Nein?) und Dauthendey ist fast völlig unbekannt, und wenn ich nicht diesen Tick mit dem Regengedicht gehabt hätte, wäre ich vermutlich gar nicht so vertraut mit ihm geworden. Seine Sprache, da stehen mir gelegentlich die Haare zu Berge, aber die Bilder, die er so kühn dahinwirft, die mag ich sehr-sehr. Freut mich, dass du dieses Gedicht favorisierst, ich habe auf dem Blog mehr von ihm, falls du schauen magst.
      Liebe Grüße aus dem hochsommerlichen Hamburg!
      Christiane

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      • Klar, den Ningelratz kenn ich und den letzteren ebenso. Den Dauthendey kenn ich von dir und gerade das – ich sag mal nicht immer ganz flüssige – macht ihn irgendwie interessant. Ich hab, meine ich, auch mal was mondiges von ihm gefunden und verwendet. Die einzelnen Werke eben kenn ich nicht. Da bin ich echt ein Voll-Laie. Ich gebs zu und ich glaub ich lerns auch nicht mehr, aber wenn ich mal was lese, gefällts mir doch. Manchmal. Puh.
        Ich hatte übrigens auch mal gedacht, die Vögel mit der ganz langen Tüte und Verlängerungskonverter zu knipsen, da geht aber die Blende so runter, dass ich die Belichtungszeiten nicht mehr halten kann. Wie es ist, ist es nix.
        Übrigens: am Freitag in einer Woche ist totale Mondfinsternis, schon mit Mondaufgang. Und der geht auf, wenn die Sonne untergeht. Das kann gerade beim tiefstehenden Mond reizvolle Bilder geben. Stativ ist da dann aber Pflicht. Wenn der Mond dann etwas höher steht, wirst du einen sehr hellen Stern vielleicht eine Handbreit unter dem Mond sehen, das ist der Mars mit maximaler Helligkeit. Sollte das Wetter gut werden ist gut. Ich kann mich nicht erinnern eine totale Mondfinsternis gesehen zu haben, bei gleichzeitiger Oppositionsstellung eines Planeten (Sonne-Erde-Planet in einer Reihe). Das ist echt einmalig.
        (Ist zwar kein Flatterviech, aber auch weit weg und bewegt sich am Himmel (sozusagen)).
        Unruhige Grüße aus dem Astro-Wartezimmer.

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      • Stimmt ja überhaupt, du hattest ja auch mal einen Dauthendey, da habe ich bei dir herumgespukt. Ich erinnere mich. Hör mal, man kann nicht alle Dichter kennen, mach dir da bloß keinen Kopf. Deshalb schrieb ich ja, dass der eigentlich unbekannt ist.
        Ich hab auch schon von der Mofi gehört und natürlich sofort an dich gedacht, klar, denn ich bin zwar ein Sterngucker, aber ganz klar kein Astrofotograf. Außerdem habt ihr im Süden die besseren Bedingungen, sie gut sehen zu können, hier ist es lange hell, und ich habe hier in der Stadt keinen freien Horizont. Und der Mond kommt ja während der Mofi echt nicht sehr hoch, da kann es sein, dass ich ihn GAR NICHT sehe, weil Häuser und Bäume davor und so. Mal schauen. Aber dir drücke ich die Daumen und wünsche schon mal bestes Fotografenwetter!
        Liebe Grüße in den wilden Süden
        Christiane

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  3. Die Mondnacht, der Klassiker, wie schöön, aber den Dauthendey stelle ich heute über alles. Bei ihm geht mein Herz auf, liebe Christiane.
    Einmal habe ich eine ähnliche Flugshow gesehen, letztes jahr, und ich war auch begeistert. Es war toll. Die gleitenden Flüge, die Weite der Schwingen, grandios!
    Freiheitliche Vögel, die ich gar nicht in Gefangenschaft sehen möchte. Aber sie empfanden es wohl gar nicht so, denn sie kamen gerne zurück. Na ja, es gab ja jedes Mal eine Belohnung…
    Du hast irre schöne Aufnahmen gemacht! Wie sxhwierig das war, kann ich mir gut vorstellen…

    Liebe Grüße in die Nacht von Bruni

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    • Das freut mich mit dem Dauthendey, liebe Bruni, der geht ja ganz speziell an mich.
      Ja, klar, man hat das Zoothema auch bei den Vögeln, schon klar, und ich mag auch keine Vögel in Volieren. Aber es ist ein Thema mit vielen Facetten, die ich hier nicht diskutieren werde – ich hoffe, dass die Menschen, die diese Einrichtungen betreiben, im Sinne der Vögel handeln und das Beste daraus machen.
      Frische Morgengrüße
      Christiane

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  4. Dein Gedicht von Eichendorff ist eines der schönsten, die ich kenne.

    Er hat es aber öfter mit dem Mond:
    z.B.:

    Ueber die beglänzten Gipfel
    Fernder kommt es wie ein Grüßen,
    Flüſternd neigen ſich die Wipfel
    Als ob ſie ſich wollten küſſen.

    Iſt er doch ſo ſchoͤn und milde!
    Stimmen gehen durch die Nacht,
    Singen heimlich von dem Bilde —
    Ach, ich bin ſo froh verwacht!

    Plaudert nicht ſo laut, ihr Quellen!
    Wiſſen darf es nicht der Morgen!
    In der Mondnacht linde Wellen,
    Senk‘ ich ſtille Gluͤck und Sorgen. —

    oder:

    Still in Luft
    Es gebahrt,
    Aus dem Duft
    Hebt’s ſich zart,
    Liebchen ruft,
    Liebſter ſchweift
    Durch die Luft;
    Sternwaͤrts greift,
    Seufzt und ruft,
    Herz wird bang,
    Matt wird Duft,
    Zeit wird lang —
    Mondſcheinduft
    Luft in Luft
    Bleibt Liebe und Liebſte, wie ſie geweſen!

    (Beide entnommen aus seinem Buch „Aus dem Leben eines Taugenichts und das Marmorbild“, erschienen 1826 – Quelle: Deutsches Textarchiv)

    Es ist wieder zunehmender Mond und ich hoffe, wir werden nicht noch mondsüchtiger.

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    • Es gibt schlimmere Besessenheiten als den Mond, lieber Werner, findest du nicht? 😉
      Derweilen danke ich dir sehr für deine Gedichte – sehr romantisch! Dieser Ton ist mir persönlich manchmal schon ZU süß, ZU lieblich.
      (Interessant auch, dass WP sich offenkundig Mühe gibt, die Frakturschrift nachzubilden, inklusive der hochgestellten Vokale. Auch noch nicht gesehen, wo sie doch sogar bei normalen Einrückungen schon zicken.)
      Liebe Grüße
      Christiane

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  5. Großartige, stimmungsvolle Fotos, die du hier postest. Mir gefällt vor allem das erste. Die Komposition und Optik in Kombination mit einem edlen Vogel ist erstaunlich.

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    • Danke dir! Ja, das liebe ich auch sehr, die beiden Köpfe …
      Ich war vorher noch nie dort gewesen, obwohl die Adlerwarte ja nun eine laaaaaange Tradition hat. Ich kanns nur empfehlen.
      Herzliche Grüße
      Christiane

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