Kloß im Herz | Etüdensommerpausenintermezzo II-18

Sie stand hinter dem Fenster und blickte nach draußen. Wenn sie sich vorbeugte, konnte sie die Decke mit der kleinen bepelzten Kugel sehen, die im Tiefschlaf pustete. Die Bank, auf der die Kugel lag, war eines der Dinge, die noch von zu Hause stammten, solides Holz, Fichte, glaubte sie, und erinnerte sich daran, dass sie ihrem Vater als Kind geholfen hatte, es abzuschleifen, bevor unter seinen Händen die Bank entstanden war, die später meist ihren Dienst in der kühlen, immer leicht feucht riechenden Waschküche verrichtete, durch deren winzige Fenster auch eine ebensolche Kugel aus und ein gegangen war.
Was nahm man mit, wenn man eine Wohnung, ein Haus, ein Leben auflöste? Wenn aus einer Gegenwart Erinnerungen wurden, unwiederbringlich, deren Gewicht für lange Zeit das Herz abschnürte?

Wir haben doch alles.

Sie hatte sich schweren Herzens nur für Dinge entschieden, die sie nicht so schnell loslassen konnte oder wollte, die halfen, die klaffende Wunde zu verpflastern. Wertgegenstände halt, auch wenn der Wert eher ideell als materiell war. Das geliebte Schränkchen. Bücher. Die Trauringe ihrer Eltern, die scheußliche goldene Kette, die die Mutter „für gut“ getragen und sehr in Ehren gehalten hatte. Küchenkram, na klar. Praktische Kleinigkeiten, die ihr später irgendwann ein Lächeln abringen würden, weil sie so sehr den Geist ihrer Mutter atmeten. Und vieles, was sie mit ihrer eigenen Kindheit verband.
Ach, dachte sie, mit der Zeit ist es wie mit einer Wanderbaustelle, irgendwann ist es vorbei. Und was wird dann von mir bleiben außer einem Namen auf dem Friedhof? Und ist es nicht gut so, wie es ist? Wer bin ich denn schon? „Mein Teil, es soll verloren gehen“, eine Zeile aus einem Bachmann-Gedicht, gelesen, zugestimmt, erschrocken ob der Endgültigkeit und nie vergessen.

Ihre Gedanken verweilten bei ihrer Mutter, die abends mit langsamen Schritten das Haus umrundet hatte, im Garten kontrollierte, ob etwa Erdbeeren oder Johannisbeeren so reif waren, dass sie gepflückt werden mussten, oder wie es um die Äpfel stand. Im Sommer kam es der Tochter manchmal so vor, als ob die Mutter bei den abendlichen Telefonaten nur von den Falläpfeln sprach: Apfelmus, Apfelpfannkuchen, Blechkuchen mit Äpfeln und Rosinen und Zimt zu allen Gelegenheiten, die sich nur ergeben konnten. Und Zwetschgen. Später im Jahr dann die Zeit, wo sie am Gartentor stand und das fliegende V hoch über ihr flüchtige Anzeichen von Heimweh auslöste: Graugans nach Graugans, nach Nordosten oder von dort zurück, Ostpreußen. Ferne, schöne Heimat, für immer überschattet von Krieg und Vertreibung.
Sie hatte über fast alles Schlimme geschwiegen, hatte ihre Lebensgeschichten ihrer Tochter nicht zumuten wollen, auch wenn die sich an Geschichten über Muckefuck und Ernteeinsätze und Badeausflüge zur Ostsee erinnerte, und dass sich die Mutter entgegen aller Flüsterpropaganda, was mit ihnen unter den Russen geschehen würde, geweigert hatte, ein Schiff zu besteigen, als alles verloren war: Wasser hat keine Balken! Wie war es wirklich, hatte sie gefragt. Furchtbar, hatte die Mutter gesagt und abwehrend den Kopf geschüttelt, aber es gibt gute und schlechte Menschen überall, ich glaube nicht, dass die deutschen Soldaten immer besser waren. Es gab so viel, was wir damals nicht wussten.
Dass ihr Volk, das der Dichter und Denker und der Waldeinsamkeit, dazu fähig war, Vernichtungslager zu bauen und zu betreiben, hatte ihren Glauben an die Welt nachhaltig erschüttert. Sie hatte als Jugendliche die dahinterstehenden Ideen unkritisch mitgetragen, ihre Tochter hatte sich manchmal gefragt, ob sie ihr Schicksal als eine Art Buße dafür angesehen hatte, so gutgläubig gewesen zu sein. Heute ist es leichter, sich zu informieren, dachte sie nun, aber die Schlüsse daraus sind genauso schwierig und oft nicht weniger falsch.

Draußen auf der Terrasse schwangen die solarbetriebenen Lampions im abendlichen Windhauch. Die Pelzkugel stand auf, machte einen Buckel, warf ihr einen langen Blick zu und ging gemessen ihrer Wege.

 

Sommeretüdenintermezzo II-1 | 365tageasatzadayVisuals: Ludwig Zeidler

 

Ich habe mich entschieden, bei diesem zweiten Etüdensommerpausenintermezzo folgende 10 Wörter in einem Text beliebiger Länge einzubauen:
Flüsterpropaganda, Graugans, Holz, Johannisbeeren, Lampion, Muckefuck, Schritte, Waldeinsamkeit, Wanderbaustelle, Windhauch.

Gestern Abend habe ich mich mit Myriade darüber unterhalten, wie wir schreiben, da wir beide uns oft aus den Etüden einen Ausgangsbegriff herauspicken (ich oft unbewusst, wie mir aufgefallen ist), um den herum sich die Geschichte dann entwickelt. Dazu merkte sie dann an: „Na ja, ich denke es gibt verschiedene Herangehensweisen. Man kann die Geschichte um ein Wort bauen und die anderen hereinziehen oder zuerst eine Geschichte haben und die Wörter dann einbauen oder nur die Wörter irgendwie aneinanderreihen. Sehr spannend finde ich irgendetwas Persönliches zu schreiben und dann zu sehen, ob die Wörter irgendwelche zusätzliche Gedanken oder Themen eröffnen. Das ist dann so ähnlich wie ein Rohrschach-Test nur mit Wörtern. Das ist für mich ein Gewinn, ansonsten könnte ich ja genauso gut einfach irgendeine Geschichte erfinden oder Betrachtungen über irgendwas schreiben. Aber es würde mich sehr interessieren, wie andere an die Sache herangehen.“ (Originalkommentar hier.) Und ich dachte, oh, das probiere ich mal aus, mich anders zu nähern, denn mir war fast gleichzeitig der Eintrag von Petra Schuseil im Totenhemd-Blog ins Auge gesprungen, wo sie fragt, ob man schon mal eine Wohnung aufgelöst habe. Ja, musste ich, und es ist auch nicht mehr ganz frisch, also war es relativ leicht, daraus eine Geschichte zu spinnen …

 

35 Kommentare zu “Kloß im Herz | Etüdensommerpausenintermezzo II-18

  1. Haushofer habe ich in den letzten 10 Jahren bestimmt nicht gelesen, und vorher kann ich es nicht mehr sagen. Interessant, danke.

    Etüden: Ich hab das selten so direkt, dass ich sofort weiß, was ich schreiben will. Oft habe ich eine Anfangsassoziation, die mich ins Schreiben reinbringt, aber die muss dann keineswegs Bestand haben, und manchmal baue und feile ich wie verrückt. Manchmal nehme ich mir bei den Etüden auch das Wort, das mich am meisten fordert.
    Okay, ist Übungssache, klar, was das Erzählen angeht, schreibe ich noch nicht lange bzw. selten, also nicht jeden Tag, manchmal nicht mal jede Woche.
    Liebe Grüße
    Christiane

    Gefällt 2 Personen

  2. So klickt es bei mir auch. Bezug zu einem Wort – grob die Geschichte im Kopf – dann die anderen Worte ein- bzw. herumbauen. Aber ein Wort muss geflasht haben und dient dann (oft ganz unbewusst) als Ausgangspunkt.

    Gefällt 4 Personen

  3. Sehr ansprechend Deine Geschichte, weil ich das auch genauso als Kind oder Teenager erlebt habe: es wurde nicht viel über die Geschehnisse im Dritten Reich gesprochen, weil sie zu oft auch mit bitteren Erlebnissen verbunden waren. Und die Eltern oder Großeltern wollten uns ja auch nicht mit Schreckensgeschichten verängstigen: wir sollten es ja besser haben!
    Aber je älter ich werde, desto mehr bin ich davon überzeugt, dass sie uns hätten einbinden müssen. Denn so haben wir eigentlich nur gelernt: man kann alles unter den Tisch kehren, egal wie schlimm es ist. Und wie wir in diesen Tagen sehen, läuft das dann aus dem Ruder.

    Gefällt 2 Personen

    • Ich weiß zu wenig darüber, was meine Mutter erlebt hat, und mein Vater ist nicht alt genug geworden, dass ich erwachsen und entfernt genug war, um es mir zu erzählen.
      Die haben verdrängt, beide, aus vielerlei Scham, vermute ich, und auch, weil sie sich selbst nicht mehr erinnern und auch nicht infrage stellen wollten.
      Meine Eltern haben beide ihre Heimat verlassen; mein Vater „nur“ Thüringen, meine Mutter Ostpreußen. Da wurde nichts ausgesessen, da wurde nach vorn geschaut. Ich glaube nicht, dass das dasselbe ist, auch wenn es sich vielleicht ähnlich äußert.

      Like

  4. Hallo liebe Christiane,
    super wie Du Dich an Deinen Text herangetastet hast – über meine Frage zur Wohnungsauflösung. Herzlichen Dank fürs Verlinken.

    Deine Geschichte, die Du hier erzählst: da ist ja „fast alles“ drin. Schön geschrieben und so viele Facetten, wo Herz und Sehnsucht aufgehen. Das Kriegsenkelthema auch, das uns ohnmächtig werden lässt.

    Am liebsten hätte ich jetzt das: Blechkuchen mit Äpfeln und Rosinen und Zimt … wie ich so einen einfachen Blechkuchen vermisse und zu faul bin ihn selbst zu backen, das können nur unsere Mütter und Omas, findest Du nicht?

    Meiner Mutter fällt der Lebensumbruch schwer, was ich verstehe … sie hat wieder angefangen zu malen, kleine Motive auf Postkarten. Ein gutes Zeichen :-).

    Schönen Tag für Dich. Herzlich. Petra

    Gefällt 3 Personen

    • Ja, und selbst wenn wir ihn backen, liebe Petra, schmeckt er doch nie so wie früher … das ist einfach so 😉
      Ich denke, wenn man erst mal sein Zuhause in eine derartige Einrichtung verlagern musste, dann hat man von außen sozusagen den Hinweis bekommen, dass die eigene Zeit abläuft. Das ist nicht leicht zu akzeptieren, egal, ob man sich gefühlt schon jahrelang darauf vorbereitet.
      Und außerdem ist das die Sache mit den alten Bäumen, die nicht verpflanzt werden mögen: neue Wege, neue Klänge, neue Gesichter, neue Umstände …
      Du hast recht, es ist gut, dass sie wieder malt, denke ich auch.
      Herzlich zurück und auch dir einen schönen Tag!
      Christiane

      Like

  5. Liebe Christiane,
    das Herz wurde mir schwer beim Lesen Deiner Etüde und ich beurteile sie nicht nach dem, wie Dir schreiberisch etwas gelungen ist, sondern für mich ist das wichtig, was ich beim Lesen empfinde und da kullerten die Tränen.

    Im Gegensatz zu Deinen haben meine Eltern nie etwas verloren, weil sie schon vor dem Krieg aus Thüringen wegzogen, sind hier 5 x umgezogen und haben immer ein Teil an Freunden, Lebensgewohnheiten hinter sich gelassen und neu gewonnen. Sie haben, obwohl mein Vater erst 1951 aus russ. Gefangenschaft kam, immer nach vorne geschaut und was im Krieg passiert ist, habe ich nie hinterfragt. Als ich es konnte, war mein Vater schon verstorben.
    Deine Mama hat auch ihre Sprache verloren und was das bedeutet, habe ich immer empfunden, wenn ich meinen Schwiegervater, der auch ostpreußisches Urgestein war, hörte. Ich habe diesen Singsang geliebt.
    Dass diese Generation entweder zu viel oder gar nichts erzählte, kann ich gut nachempfinden und respektiere es auch. Ich mußte nie Kriegsgräuel erleben, meine Mutter auch nicht.
    Dir einen ganz herzlichen und zugeneigten Gruß vom Dach, Karin

    Gefällt 1 Person

    • Ach, liebe Karin, ich glaube, der Krieg und seine Folgen hat meine Mutter im doppelten Sinn aus dem Paradies vertrieben: Das war nicht das Leben, das sie sich vorgestellt hatte, aber sie kam klar, weil sie klarkommen musste. Meine Mutter hat schon nur noch recht wenig Ostpreußisch gesprochen, das war für sie für die „Leute vom Land“, also ihre Großeltern ;-), sie war ja in der Stadt(!) geboren. Ich glaube, dass sie es später vermisst hat, ich auf jeden Fall höre es gern und spreche auch Leute darauf an. Neulich, als ich jemandem im KKH besucht habe, habe ich so ein ostpreußisches Ehepaar kennengelernt, die aus Königsberg waren …
      Ganz herzlich zurück auf dein Dach
      Christiane

      Like

      • Es ist wie so viele Dialekte aus dem Osten am Aussterben und mein Schwiegervater sprach auch Hochdeutsch, aber mit diesem herrlichen Tonfall und wenn wir ihn darum baten, hat er auch mehr im Dialekt erzählt.
        Ich habe immer noch dieses Marjäällche im Ohr.
        Diese Generation wurde um so viel betrogen: mein Vater wurde mit 24 noch sehr spät eingezogen, glaubte davon zu kommen, weil er auf einem Auge blind war, aber es blieb ihm nichts erspart und dann als einfacher Soldat so lange in Gefangenschaft. Die schönsten Jahre wurden ihnen gestohlen. Dann war die berufliche Karriere wichtig, das Wiedereingliedern, was viele vor ihm schon jahrelang taten und er nahm die Ortswechsel in Kauf. Sie freuten sich beide auf die gemeinsame Zeit nach der Pensionierung und die war ihnen nur 6 Jahre vergönnt. Mutti hat ihn 23 Jahre überlebt.Das Schicksal war und kann sehr ungerecht sein.
        Nur Erinnerungen bleiben und ich nähere mich einem Alter, zu dem ich irgendwann (hoffentlich noch nicht so bald) auch nur noch Erinnerung für meine Tochter sein werde.
        Gewitterdrohende Grüße vom Dach
        Karin

        Gefällt 1 Person

        • Meine Mutter meinen Vater auch. Es ist, wie es ist. 😦
          Hier bezieht es sich auch langsam, aber sie haben erst für abends oder nachts Regen/Gewitter angesagt.
          Liebe Grüße
          Christiane

          Gefällt 1 Person

        • Mein Vater wurde nicht eingezogen. Er wurde mit 17 Jahren deportiert, in ein ukrainisches Arbeitslager, und kam mit 18 Jahren todkrank zurück, so heruntergekommen, dass seine eigene Mutter ihn zunächst nicht mehr erkannte. Aber er ist zäh. Vor ein paar Tagen ist er 91 geworden und lebt noch. Heimat verlassen, nun ja, was ist schon Heimat … und wie oft verlässt man etwas, das man sich zunächst als eine solche zu konstruieren versucht hat! Ein Leben lang. Immer wieder. Was soll’s!? Es ist, wie es ist, und es kommt, wie es kommt, sagen sie hier in Köln. Und nein, das ist NICHT meine Heimat.

          Gefällt 2 Personen

          • Gute Frage, was ist Heimat? Wikipedia definiert grundsätzlich: „Der Begriff Heimat verweist zumeist auf eine Beziehung zwischen Mensch und Raum. Im allgemeinen Sprachgebrauch wird er auf den Ort angewendet, in den ein Mensch hineingeboren wird und in dem die frühesten Sozialisationserlebnisse stattfinden, die zunächst Identität, Charakter, Mentalität, Einstellungen und Weltauffassungen prägen.“ Ferner wird darauf hingewiesen, dass sich der Begriff in ständiger Diskussion befindet. (Quelle) So geht es mir auch, ich grenze das ab zu „heimisch werden“ und „sich zu Hause fühlen“, wenn ich es mir überlege. Also hat man nur eine Heimat, für immer? Was ist mit der emotionalen Komponente? Gibt es eine „ungeliebte Heimat“ oder ist Heimat per Definition geliebt?
            Und dann, als Schlussgedanke, dieser unglaublich mutige Satz von Mascha Kaléko (deren Gedicht („Die frühen Jahre“, entstanden erst in ihrem letzten Lebensjahr in Jerusalem) ich aus Urheberrrechtsgründen wieder mal nicht zitieren darf): Zur Heimat erkor ich mir die Liebe. Sprengt das nicht alle Definitionen? (Ist das nicht, was Poeten tun?)
            Liebe Grüße
            Christiane

            Gefällt 1 Person

  6. Interessante Fragen habt ihr da diskutiert, Christiane und Myriade. Wie ich vorgehe? So ähnlich wie bei den Legebildern. Die Wörter sind meine Schnipsel. Ich sehe sie mir an, denke über Klang und Assoziationen nach und welche sich zueinander gruppieren, um eine „Gestalt“ zu bilden. Manchmal ist es mehr das Klangbild (bei den Schnipseln entsprechend die Farben), manchmal mehr die inhaltliche Assoziation. Schließlich nehme ich eines der Wörter als „Kopf“ bzw. Leitidee, schliesse die „Gestalt“ an und verwende die restlichen Schnipsel-Wörter“ zum Ausschmücken oder für kleine Nebenmotive.

    Gefällt 2 Personen

    • Ja … dass ich assoziativ Gruppen bilde, das kenne ich auch. So sortiere ich jetzt beim Intermezzo Wörter aus, die nicht passen. Aber bei den Etüden, wo du alle verwenden musst, entwickelst du dann „Wege“? „Muster“? Klang/Musik ist auch eine faszinierende Vorstellung, dass du die Wörter danach zusammenfügst, dass sie harmonisch oder (gewollt) disharmonisch klingen … Haben die Wörter für dich Farben? Irgendwie geht das für mich schon in Richtung Synästhesie … Spannend.
      Liebe Grüße
      Christiane

      Gefällt 1 Person

      • Liebe Christiane, ja, ich finde es auch spannend, mir diese Fragen zu stellen,auf die ich so leicht keine Antworten finde. Ich schaute mir eben meine letzten 3-Wörter-Etüden an, da fiel mir auf: Manche Wörter sind lautmalerisch und farbig, andere sind trocken abstrakt. Wenn beide zusammen auftreten, kommt was Absurdes heraus. Und das ist ja meist der Fall. Ich lasse mich auch stark von meinen Bildern leiten, die mir die Geschichte schon mal anders erzählen. Die Wort-Geschichte ist dann eine Art Kommentar, der aber durchaus eine neue Dimension hinzufügt. Manchmal ist es umgekehrt, da habe ich erst die Geschichte und suche dann nach der passenden Illustration – entweder finde ich eine oder mache eine neue.
        Kata-Strophen und Bilder sind für mich also eine Einheit, in der zwei unterschiedliche Ausdrucksmittel zusammenwirken, die sich gegenseitig erhellen oder vollends ad absurdum führen. Deshalb machen mir die Kata-Strophen so viel Spaß.
        Anspielungen auf aktuelle Zeitthemen fließen wohl auch immer mit hinein, wenn auch nicht direkt, sondern verspielt, versteckt, augenzwinkernd.

        Like

  7. Hallo Christiane,
    mit Interesse habe ich deinen Artikel gelesen. Du beschreibst dabei dein Vorgehen, eine Geschichte oder Ähnliches zu erstellen. Das hat mich auf eine Idee gebracht. Ich werde sie anhand deiner 15 Wörter ausprobieren und dir das Ergebnis präsentieren, sobald und insofern es fertig gestellt ist/wird.
    Lg Robert.

    Gefällt 3 Personen

  8. Pingback: Sommer-Intermezzo „Flüsterpropaganda“(keine Kata-Strophe, versprochen!) | GERDA KAZAKOU

  9. Da sind Erinnerungen an meine Oma hoch gekommen, sie war auch gebürtige Ostpreußin und hat über das Meiste auch geschwiegen.
    Interessant die Betrachtungen über Herangehensweisen an die Etüden, vielleicht passt manches auch für mich.

    Gefällt 2 Personen

    • Ich hatte das Glück, in den 90ern mit meiner Mutter zweimal nach Ostpreußen fahren zu können. Natürlich eine organisierte Reise, die den „Heimwehtouristen“, was die meisten waren, aber relativ viel individuelle Bewegungsfreiheit ließ. Nun habe ich Bilder zu dem, was sie erzählt hat, und möchte das nicht missen.
      Vielleicht inspirieren dich unsere Etüden-Überlegungen ja zum Ausprobieren? Und wenn nicht, dann nicht, Hauptsache, du hast Spaß beim Ausdenken/Schreiben/Formulieren …
      Liebe Grüße
      Christiane

      Gefällt 1 Person

  10. Ein persönlicher, berührender Text.
    Ich denke, das ist die Art Text, bei dem du einfach mal begonnen hast zu schreiben und die zu verwendenden Wörter dann hereingeholt hast. Wie ist es dir beim Schreiben gegangen? Hast du es einfach oder schwierig gefunden? Ich fand es eigentlich erstaunlich einfach die vorgegebenen Wörter in einen persönlichen Text einzufügen ( Lampions können überall herumhängen, vieles ist aus Holz etc.)
    Das Problem, das ich dabei sehe ist, dass jene Leser*innen, die die Wörter kennen beim Lesen aus der Atmosphäre des Textes herausgerissen werden. Bei den üblichen Etüden dagegen, ist das Wiedererkennen der 3 Wörter eher ein positiver Faktor …… Alles sehr spannend

    Gefällt 1 Person

    • Ich habe mich an Petras Frage aufgehängt, ob ich schon mal eine Wohnung aufgelöst hätte, dann habe ich mir überlegt, wer spricht (welche Perspektive, ich hätte ja auch in der Ich-Form erzählen können), dann habe ich mir dafür eine Klammer überlegt (die Katze auf der Holzbank auf der Terrasse, wo die Lampions im Windhauch schwingen), und dann, nachdem mir klar war, dass ich nicht Dinge, sondern Erinnerungen beschreiben würde, habe ich die Wörter gruppiert, um zu sehen, was mir wohin passte. Der Garten, die Gänse-Assoziation (da gibt es ein altes angeblich ostpreußisches Volkslied, das ich aber nicht zitieren wollte), damit war ich im Krieg und konnte wieder ein paar Wörter unterbringen. Und zum Schluss noch einen kleinen aktuellen Schlenker, den ich mir nicht verkneifen konnte, um wieder hier anzukommen, und dann die Klammer (Terrasse) zugemacht.
      Schwierig oder nicht kann ich nicht beantworten, ich habe meine Geschichte an den Wörtern entlanggebaut, ich fand, dass die Arbeit darin bestand, die Übergänge zu finden, es soll ja wie aus einem Guss wirken.

      Ich finde unbedingt, dass es ein Qualitätsurteil ist, wenn man die Wörter so gut integrieren kann, dass sie nicht weiter auffallen. Bei mir bin ich mit dem Zeit-Einschub (der Wanderbaustelle) nicht ganz zufrieden, habe es dann aber so gelassen, sonst hätte ich das Wort komplett austauschen müssen, und die anderen waren mir für diesen Gedankengang noch ferner.
      Sehr spannend, genau, ich fange auch erst an, mir darüber Gedanken zu machen, WIE ich was schreibe.

      Like

  11. Ein sehr glaubwürdiger, gelungener Text.
    Ich trage die Etüdenwörter meistens ein paar Tage mit mir herum und dann stellt sich eine Idee ein, bei der ich mich dann selbst wundere, dass die Etüdenwörter dazu passen.
    Wenn nichts „kommt“ und ich um die Wörter rumschreibe, gefällt mir das Ergebnis oft nicht.
    An dieser Stelle eine Frage, die mich schon länger beschäftigt:. Ist es in Ordnung für dich, wenn ich zwei – schließlich bei dir verlinkte – Etüden lösche?
    Liebe Grüße
    Natalie
    .

    Gefällt 1 Person

    • Moin Natalie, es sind deine Etüden, also kannst du damit machen, was du willst, auch wenn ich es bedaure. Wenn du magst, lösche ich auch deine Verweise darauf, die du bei mir hinterlassen hast, dann sag mir, in welchen Wochen ich schauen soll.
      Etüdenwörter: Geht mir auch so, ich kann normalerweise auch nicht auf Knopfdruck schreiben, das dauert eigentlich immer ein bisschen. Und ich empfinde meine Ergebnisse auch nicht immer als gleich gut, aber das ist für mich auch nicht der Sinn der Übung – sie müssen nur irgendwie an meinem inneren Zensor vorbeikommen.
      Liebe Grüße
      Christiane

      Like

  12. Du hast sie gut gesponnen, die Geschichte, liebe Christiane.
    Es ist eingeflossen, was schon in Deinen Gedanken und Erinnerungen war und Neues, was durch Gespräche dazukam.
    Irre gut untergebracht fand ich z.B. die Waldeinsamkeit und die pelzige pustende Kugel fiel mir sofort auf.
    Ich habs richtig gerne gelesen.

    Ganz herzlich, Bruni am sehr späten Abend

    Gefällt 1 Person

    • Vielen Dank, Maren! Ja, vieles, was bisschen abgehangen ist, gewinnt an Qualität, das denke ich auch oft. Schön, dass du findest, dass es auch auf diese Geschichte zutrifft! 😀
      Liebe Grüße
      Christiane

      Gefällt 1 Person

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.