Von Sommer und Reisen

 

REISELIED

Wasser stürzt, uns zu verschlingen,
Rollt der Fels, uns zu erschlagen,
Kommen schon auf starken Schwingen
Vögel her, uns fortzutragen.

Aber unten liegt ein Land,
Früchte spiegelnd ohne Ende
In den alterslosen Seen.

Marmorstirn und Brunnenrand
Steigt aus blumigem Gelände,
Und die leichten Winde wehn.

(Hugo von Hofmannsthal, Reiselied, aus: Gedichte, 1922, Online-Quelle)

 

XLIV.

Himmel grau und wochentäglich!
Auch die Stadt ist noch dieselbe!
Und noch immer blöd und kläglich
Spiegelt sie sich in der Elbe.

Lange Nasen, noch langweilig
Werden sie wie sonst geschneutzet,
Und das duckt sich noch scheinheilig,
Oder bläht sich, stolz gespreitzet.

Schöner Süden! wie verehr’ ich
Deinen Himmel, deine Götter,
Seit ich diesen Menschenkehricht
Wiederseh, und dieses Wetter!

(Heinrich Heine, Himmel grau und wochentäglich!, aus: Neue Gedichte, 1844, Online-Quelle)

 

Glück auf die Reise!

Sie machen die Luft dir dumpf und schwer,
Die kreischenden Zwerge?
Lach ihnen Abschied! Fahr über das Meer!
Steig über die Berge!

Doch, ehe du gehst, nimm einen am Ohr
Und schüttel ihn leise.
Verloren ist, wer den Humor verlor.
Glück auf die Reise!

(Otto Julius Bierbaum, Glück auf die Reise!, aus: Irrgarten der Liebe, 1901, Online-Quelle)

 

 

Fotos: ichmeinerselbst, Klicken macht groß!

 

Alle Fotos vom 1. August an der Nordsee im Beisein von Frau Myriade, mit und ohne Kappl

Das erste Foto entstand am Eidersperrwerk, der dicke braune Punkt am Strand ist ein Seehund und ja, die Windräder vermehren sich richtig heftig. Von Vollerwiek aus sieht man sowohl das Eidersperrwerk als auch den Strand von Sankt Peter-Ording (SPO); der Leuchtturm Westerhever(sand) hat im Hintergrund die Pfahlbauten von SPO und auf der anderen Seite die Fahrrinne, die den Husumer Hafen mit der Nordsee verbindet; vom Strand von SPO (Ording) kann man den Leuchtturm ganz gut in der Ferne sehen.

Kommt gut in die neue Woche!

 

40 Kommentare zu “Von Sommer und Reisen

  1. Verreisen möchte ich gar nicht, aber Gedichte und Geschichten übers Reisen lesen, das gefällt mir -:)))
    Dazu Deine Fotos betrachten und beim Betrachten der Windräder Zorn entwickeln über die Verschandelung der Landschaft mit diesen Dingern, die für mich kein Segen, sondern eine Pest sind.
    Einen herzlichen Gutenmorgengruß zu Dir, liebe Christiane vom kühlen Dach, Karin

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  2. Guten Morgen, liebe Christiane,
    die Fotos sind toll und sehr gelungen. „Das platte Land“ so romantisch eingefangen :-). Herzlicher Gruß aus dem wolkenverhangenen Richterswil am Zürichsee. P

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    • Das platte Land ist wirklich platt hier oben, liebe Petra, und es ist einfach eine Wucht … aber was rede ich, du kennst es ja.
      Liebe Grüße von der Stadt an den See
      Christiane mit Sonne, noch

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  3. Dieser Heine! der Süden als Fatamorgana des reinen Glücks – nun, ich bin einverstanden. doch auch hier schneuzen sich die Leute, mein Lieber, wenn es nass und kalt ist, und das kommt durchaus vor. ….

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  4. „Menschenkehricht“ ist aber schon sehr heftig!!
    Ah, mein Lieblingsfoto „Vogel über Sonne“. Leider habe ich derzeit nur einen kleinen Laptopbildschirm, da kann ich Fotos nicht so wirklich genießen.
    Ich verstehe überhaupt nicht, warum der Norden so gering geschätzt wird.Gut, damals war es im Süden noch nicht so unertäglich heiß und die gesellschaftlichen Stukturen waren vielleicht im Süden etwas lockerer und boten mehr Raum , oder zumindest sah es vom Norden aus betrachtet so aus …..

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    • Ich bin auch zusammengezuckt, als ich es gelesen habe. Und ja, vielleicht war Hamburg noch nicht so weltoffen; oder vielleicht mochte Heine einfach die hiesige Mentalität nicht, warum auch immer.
      Liebe Grüße in deinen Urlaub 😁
      Christiane 😀🌞😺👍

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  5. Hach, hach, den berühmten Leuchtturm, bilde ich mir ein, konnten wir von uns auch bei richtig guter Sicht am Horizont erahnen. Da waren die Myriade, Du und ich doch irgendwie recht dicht beieinander 🙂
    Habe Sehnsucht zurück auf meine Insel 🙂
    Liebe Grüße
    Ines

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    • Wenn du im Pellwormer Süden warst, denke ich, dass du ihn bestimmt hast sehen können, gerade in der Dämmerung oder nachts, wenn er aktiv ist/war.
      Ja, es ist echt toll dort.
      Liebe Grüße
      Christiane 😁🌞👍

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  6. Ich mag den Heine eigentlich immer, aber irgendwie setzt sich die Erkenntnis durch, dass er den Norden nicht zu schätzen wusste. 😉

    Dabei stammt seine Familie ursprünglich eigentlich aus dem sehr schönen nahe meines heimischen Domizils gelegenen Mittelzentrum. Zumindest ist Heines Großvater dort geboren. Später dann umgezogen nach Hannover – was bereits ein Rückschritt war …

    Wäre die Familie am Geburtsort des Großvaters Heymann Heine geblieben, hätte er, Heinrich, sicherlich keinen Grund zur Klage gehabt, denn dort lässt sich gut leben. Obwohl – über den Herkunftsort hat Heine mal geschrieben: „So lehmigte Wege hab ich wohl/ Noch nie gesehen im Leben.“ Insofern – vielleicht war er einfach nicht für norddeutsche Gefilde geschaffen … 🙂

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    • Ja, irgendwie sieht das so aus, als ob er Hamburg nicht wirklich mochte. Woran das wohl lag?
      Vielleicht wollte er aber auch immer da sein, wo er gerade nicht wahr, es gibt ja so Leute. Vielleicht haben ihn die „drögen“ Norddeutschen auch einfach nur genervt, das kann natürlich auch sein, wobei man in jeder Landschaft Spießer findet, und ob rheinische, bayerische oder schwäbische etc. Spießer den hamburgischen vorzuziehen sind, ist vermutlich wirklich eine Mentalitätsfrage …
      Die Gegend von Heines Opa finde ich echt hübsch, muss aber gestehen, bisher dort meist durchgefahren zu sein.
      Liebe Grüße
      Christiane

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  7. Kurz und schmerzvoll: Heute mag ich den Heine nicht!
    Es ist auch seine Sprachmelodie in diesem Gedicht, sie ist nicht harmonisch fließend wie sonst bei ihm.
    Machte Ärger ihn so mäkelig, daß es sich in seinen Stophen hier niederschlägt?
    Heute ist Herr Bierbaum mein Favorit.
    In seiner Kürze liegt heute genügend Würze für mich.

    Deine Bilder lassen einen einzigen Schluß zu, liebe Christiane, Du liebst das: die Landschaft, Land und Leute, die See, die Deiche, die Tiere, Du liebst das, was Dir Heimat wurde vor langer Zeit.
    Mit dieser Liebe im Herzen hast Du fotografiert – Heimat – und das, was nicht in dieser Masse hätte sein müssen, die Windräder, sie gehören nun auch mit dazu.
    Und wie gut verstehe ich Dich, mir geht es hier ebenso wie Dir dort im Norden, den ich im übrigen immer sehr schön fand! Ob im Land oder an der See
    http://wortbehagen.de/index.php/gedichte/2019/maerz/heimat

    Herzliche Abendgrüße von Bruni

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    • Du hast recht, liebe Bruni, ich liebe das alles hier: Land, Wasser, Tiere, Menschen – und Mentalität. Und ja, wenn ich fotografiere, geht mir das Herz auf, das hast du gut herausgelesen.
      Über den missgestimmten Herrn Heine musste ich grinsen, Hofmannsthal bewundere ich und der Bierbaum hinterlässt mich vergnügt. So schließt sich der Kreis.
      Hab auch du einen feinen Abend!
      Liebe Grüße
      Christiane

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