Vom Sommer und der Hitze

 

Hitze

Netz die Lungen mit Wein! Heiß über uns wandelt die Sonne schon,
Alles schmachtet und lechzt unter der Wucht drückender Jahresglut;
Schmelzend süßes Gezirp tönt aus dem Laub, wo die Zikade rasch
Ihre Flügel bewegt, denen der helltönende Sang entquillt.
Jetzt, zur Zeit wo die Golddistel erblüht, rasen die Weiber all,
Und die Männer sind schwach. Mark und Gehirn trocknet des Sirius Gluthauch.

(Alkaios (Wikipedia), Hitze, Online-Quelle (altgrch.), Online-Quelle (dt.))

 

Atemloser August

Sommermonde machen Stroh aus Erde,
Die Kastanienblätter wurden ungeheuer von Gebärde,
Und die kühnen Bäume stehen nicht mehr auf dem Boden,
Drehen sich in Lüften her gleich den grünen Drachen.
Blumen nahen sich mit großen Köpfen und scharlachen,
Blau und grün und gelb ist das Gartenbeet, hell zum Greifen,
Als ob grell mit Pfauenschweifen ein Komet vorüberweht.
Und mein Blut, das atemlos bei den sieben Farbenstreifen stille steht,
Fragt sich: wenn die Blum’, Baum und Felder sich verschieben,
Ob zwei Menschen, wenn die Welt vergeht,
Zweie, die sich lieben, nicht von allen Wundern übrig blieben.

(Max Dauthendey, Sommermonde machen Stroh aus Erde, aus: Weltspuk, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 361)

(Sollte jemand Kometenfotos sehen wollen, dann möchtet ihr vielleicht bei dem Herrn astro- äh, autopict vorbeischauen (hier klicken), der diesen ganz frisch und allerfeinst abgelichtet hat.)

 

August

Inserat

Die verehrlichen Jungen, welche heuer
Meine Äpfel und Birnen zu stehlen gedenken,
Ersuche ich höflichst, bei diesem Vergnügen
Wo möglich insoweit sich zu beschränken,
Daß sie daneben auf den Beeten
Mir die Wurzeln und Erbsen nicht zertreten.

(Theodor Storm, August, aus: Gedichte (Ausgabe 1885), Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Ja, ein kühner Bogen 😉
Wie auch immer, kommt gut durch die Hitze und in die neue Woche!

Update ADVENTÜDEN: Bisher sind erfreuliche 9 Texte da und 14 weitere sind versprochen. Danke an alle, deren Texte ich bereits habe! Es wäre toll, wenn bald noch ein paar mehr bei mir eintrudeln würden, Hitze hin oder her.

 

36 Kommentare zu “Vom Sommer und der Hitze

    • Ein Fruchtcocktail anderer Art. 🙂 Ich bedaure ein wenig, dass keine Herren dabei sind, aber so ist die Szenerie bestimmt lockerer 😉
      Schöne heiße Woche, lieber Werner!
      Liebe Grüße
      Christiane 😁😎🌞☕👍

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  1. Das Bild ist köstlich -:))) und Deine Auswahl an Sommerlyrik auch. Einen lieben Gruß vom regenlosen , die Bewohner zur Reglosigkeit verdonnerndem Dach, Karin und Capucchio

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    • Ich dachte, es soll heute in der Mitte Deutschlands eventuell bisschen Regen geben?
      ⛈️
      Wir hier sehen auch über 30 Grad entgegen, das heißt, alle Besorgungen oder Spaziergänge entweder früh morgens oder spät abends, puh … 😉
      Mein Katerherr hat begriffen, dass es drin kühler ist als draußen, und kommt morgens rein. Immerhin 🐈😺
      Liebe Grüße
      Christiane 😁😎🌞☕👍

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  2. Der Storm ist super 🙂 man kann sich richtig vorstellen wie er morgens entnervt im Garten stand und ihm spontan diese Zeilen eingefallen sind…hallo Alltagslyrik 😉

    VG aus Viel-zu-heiß-Berlin,
    René

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  3. Liebe Christiane,
    danke dir.
    Mir gefällt auch der Storm – und ich kannte ihn „irgendwie“ auch. Jetzt stehe ich hier und denke darüber nach, woher!!! Vielleicht fällt mir eine Antwort ein.
    Das Bild ist fantastisch, wäre ein wundervolle Postkarte.
    Ich schicke dir einen Gruß – von warm zu warm …
    Herzlich
    Judith

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    • Zugegeben, Storm ist für andere Gedichte bekannter 😉
      Aber das muss ja nichts heißen … freut mich, dass es dir gefällt! 😁
      Hier ist es immer noch zu heiß, so viel kann man gar nicht trinken …
      Liebe Grüße zum Abend
      Christiane 😁😺🌞🥛👍

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  4. Sehr unterschiedlich, deine heutige Auswahl, und alle für sich besonders, herrlich das Inserat. Und natürlich der Fruchtcocktail… wobei bei Birne muss ich immer an jemanden anderen denken.
    Danke für das Verlinken, immerhin hat es bereits ein paar Besucher zu mir gebracht, deren Bekanntschaft ich noch nicht so gemacht hatte. Schaun wir mal, ich muss ja auch wieder eine gewisse Regelmäßigkeit hinbekommen, um das leben zu können.
    Aber das ist ein anderes Pflaster….
    Gut schwitz weiterhin, mein Wein steht schon bereit! Ich freu mich…
    Schöne Grüße vom schwitzenden Süden…
    🙂

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    • Ich denke bei Birne auch (am ehesten) an jemand anderen, das bleibt in unserem Alter wohl nicht aus 😉
      Freut mich, wenn ich dir ein paar Besucher rüberschicken konnte! Und ja, klar hoffe ich, dass es dich motivieren kann, ab und an wieder mal an deinen Blog zu denken …
      Mein Wein (gespritzt) ist kalt, aber das ist auch das Einzige hier 😉
      Abendgrüße aus dem ebenfalls schwitzenden Norden
      Christiane 🙂

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  5. Das Inserat – herrlich! 🙂 Und das Bild auch, dank an Werner, ohne dessen Kommentar ich es gar nicht bemerkt hätte, ähem.
    Ich denke an die Adventüden, aber es bleibt im Moment beim Denken, ab 26 Grad bin ich nicht mehr funktionstüchtig, da fängt in meinem Hirn alles an zu stottern und zu ruckeln… 🙂

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  6. Wundervoll, Deine spitzenmäßige Auswahl, liebe Christiane! Jedes in seiner Art ist eine Reise in die Lyrik wert. Alkaios ?, ein Grieche, den ich höchstens mal von Gerda gehört haben könnte, ansonsten ist er mir fremd,
    aber ganz wundervoll sind seine Sommerhitzenworte.
    Das Bild ist göttlich und ich schaue und schaue, lächle und denke über die süßsaftig fruchtigen Erntedamen nach 🙂 Schöner gehts nimmer!

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  7. Netz die Lungen mit Wein!
    Das klingt fein 🙂

    Mal schaun, liebe Christiane, ob ich noch eine Etüde zustandebringe. Ich versuchs.
    Bei mir ist es weniger die Hitze, die es bisher verhindert hatte.

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  8. Das hab ich doch letzte Woche glatt verpasst, sst sst sst! Und ausgerechnet Alkaios! Ja, einer der ganz Großen, 7. vorchristliches Jahrhundert, Zeitgenosse und Freund von Sappho. Seine Gedichte fast alle bei der Zerstörung der Bibliothek von Alexandria verloren gegangen.

    Ich habe unter deinem link das Original herausgesucht. Die Übersetzungshilfe finde ich nützlich, sie gibt mehr vom Geist des Gedichts als die Überrtragung von Geibel.

    τέγγε πλεύμονας οἴνωι, τὸ γὰρ ἄστρον περιτέλλεται,
    ἀ δ‘ ὤρα χαλέπα, πάντα δὲ δίψαις‘ ὐπὰ καύματος,
    ἄχει δ‘ ἐκ πετάλων ἄδεα τέττιξ …
    ἄνθει δὲ σκόλυμος, νῦν δὲ γύναικες μιαρώταται
    λέπτοι δ‘ ἄνδρες, ἐπεὶ [ ] κεφάλαν καὶ γόνα Σείριος
    ἄσδει

    Ich versuche mal eine einigermaßen wortgetreue Übertragung.

    Benetze (die) Kehle (mit) Wein, jetzt, wo der Stern (Sirius im Hund) sich wendet. Drückend die Stunde, alles verdorrt unter der Glut. Es tönt aus dem Laub die helle Zikade…
    (Die) Artischocke blüht und (die) Frauen spielen verrückt, Verstand und Knie (der) Männer werden schwach unter dem Anhauch des Sirius.

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    • Na schön, Geibel hat sich um ein Versmaß bei seiner Übertragung bemüht, um Alkaios nächerzukommen, ich war von der Übersetzungshilfe auch angetan – und von deiner Übersetzung auch, mein Altgriechisch ist lange verstaubt … 😉
      Schön, von dir zu lesen! 😁 Ich hatte mich nämlich tatsächlich gewundert, dass kein Kommentar von dir dazu kam; aber mir geht es selbst so, dass ich momentan vieles aufschiebe und dann vergesse, weil ich den Kopf zu voll habe … 🤔
      Eine gute Zeit dir!
      Liebe Grüße
      Christiane 😁🌞🥛🌼👍

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      • Sirius ist schuld, wenn der Kopf schwach wird … Tatsächlich genieße ich den Sommer gerade sehr. Morgens vor dem Frühstück schwimmen, das Meer wunderbar hell und durchsichtig, das Wasser geschmeidig. Morgens sind nur wenige Schwimmer unterwegs, später wird es mir zu voll. Und die Nächte sternklar. Auch dir eine feine Woche, liebe Christiane!

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