Vom Vergehen des Sommers

 

Des Sommers singende Häuser vergehen

Herbstwinde wehen durch das Gelände,
Die Hände der Bäume werden so schwach.
Wir sehen den gleitenden Blättern nach,
Des Sommers singende Häuser vergehen,
Wir schauen durch fallende Wände.

Auf leeren Wegen die Winde klagen,
Viel fortgetragen haben die Wege.
Und wo ich auch meine Wange hinlege,
Ich pflege nirgends der Ruhe mehr,
Wie der Baum ohne Blatt ist mein Tag lustleer.

(Max Dauthendey, Des Sommers singende Häuser vergehen, aus: Singsangbuch. Liebeslieder, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 162)

 

Wie mein Aug’ am Sommer hängt

Alle Hecken stehn zerzaust
Und der Wind am Wege haust.
Tag und Nacht die Regentropfen
Auf die kahlen Steine klopfen;
Augen meine nimmersatten
Nie genug vom Sommer hatten.
Wie mein Aug’ am Sommer hängt,
So mein Mund zur Liebsten drängt.

(Max Dauthendey, Wie mein Aug’ am Sommer hängt, aus: Singsangbuch. Liebeslieder, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 163)

 

Tage, wie Blätter still

Oft halten sich Tage wie Blätter still,
Der Himmel regnen nur regnen will.
Als wären die Häuser ganz menschenleer,
Es gehen die Menschen wie Schemen umher,
Und einem Verliebten trauern die Ohren,
Er horcht auf ein Lied hinterm Regen verloren.

(Max Dauthendey, Tage, wie Blätter still, aus: Singsangbuch. Liebeslieder, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 156)

 

Quelle: Pixabay

 

Ich frage mich, wann ich Landschaft oder Wetter als „herbstlich“ empfinde. Es hat auf jeden Fall etwas mit dem Geruch, dem Stand der Sonne und der Kühle des Morgens zu tun.

Kommt gut in und durch die neue Woche, mit Regen oder Sonne!

 

Werbung

35 Kommentare zu “Vom Vergehen des Sommers

    • Ich bin zu sehr in der Stadt, ich seh den nicht, sonst würde ich dir zustimmen. Okay, ich bin zu der Zeit meist nicht unterwegs … 😉
      Liebe Grüße
      Christiane 😁☁️🐈☕👍

      Like

  1. So wunderbar einstimmend dieser Dauthendeyreigen in die nächste Jahreszeit, die für mich mit den tieferen Schatten im Aussenwohnzimmer beginnt. Einen lieben Gruss aus dem endlich auch hier nassem Dach, Karin

    Gefällt 3 Personen

    • Hier ist es trüb, liebe Karin, und heute Nacht haben sich auf meinem Dach die Marder gejagt und angeschrien. Ob zur Revierverteidigung oder aus amourösen Gründen – ich weiß es nicht, ich bin genervt. Der Fellträger kam dafür verspätet rein und schnurrt und wärmt jetzt auf meinem Schoß. Frühherbst.
      Ganz herzliche Grüße an euch!
      Christiane 😁☁️🐈☕👍

      Gefällt 2 Personen

      • Es ist Paarungszeit bei den Mardern, das Geschrei kann also noch anhalten und Dich um den Schlaf bringen.
        Capucchio war gestern Abend frustriert, was das da Draußen mit dem Naß sollte; er wollte immer wieder raus und kam pitschenaß zurück, jetzt schläft er auf dem wieder drinnen vor dem Wohnzimmerfenster stehenden Kratzbaum.
        Streichler an Deinen und genießt das Zusammensein.

        Gefällt 1 Person

  2. Zur Verhinderung der verzichtbaren Jahreszeiten habe ich gerade beschlossen, dass der Sommer erst vorbei ist, wenn ich sage, dass er vorbei ist. Und das ist er nach meiner Definition erst am 1. Januar 2021, da geht er nämlich nahtlos in den Frühling 2021 über. 😉

    Gefällt 1 Person

    • Ich kann Menschen, die immer nur Sommer haben wollen, eigentlich grundsätzlich nicht ausstehen. 🤔 Vielleicht mache ich für dich eine Ausnahme. Vielleicht. Aber nur, wenn du nicht zu laut gegen Herbstgedichte von Rilke pöbelst. 😁☁️☕🐈👍

      Gefällt 3 Personen

      • Ich habe nichts von „immer nur Sommer“ gesagt, der aufmerksamen Leserin wird aufgefallen sein, dass ich auch dem Frühling sechs Monate einräume. 😉 Und im Grunde will ich tatsächlich nicht immer nur Sommer haben, ich möchte halt nur einfach keinen Winter haben. Und der Herbst ist schließlich nur Erfüllungsgehilfe des Winters. Das ist so ähnlich wie beim Fußball: Mir ist oft völlig egal, wer gewinnt, Hauptsache die Bayern verlieren. 😉 Außerdem würde ich nie etwas gegen Rilke und/oder seine Herbstgedichte sagen, wer so etwas tut, geht auch in seiner Freizeit am Samstag nach Berlin, um dafür zu demonstrieren, etwas zurückzubekommen, was er nie verloren hat … 😉

        Gefällt 2 Personen

    • Freut mich, dass du sie als passend empfindest, das ist immer Glückssache von Nord nach Süd. 😁 Ich hatte neulich eine Regengedichte-Woche auf der Regensucherin, hattest du die eigentlich gesehen? 🤔
      Grüße aus dem trüben Norden zurück in die beginnende Woche 😁☁️☕🐈👍

      Gefällt 2 Personen

      • Schon nachgesehen, in der Woche war ich wohl weitestgehend anderweitig zu Gange. War da das Wetter nicht so heiß?
        Ich meine, ich hatte mich bei 37 Grad im bodennahen Nass abgekühlt….
        Schon fast wieder lange her…
        😉

        Gefällt 1 Person

      • Wir hatten eine Zeit lang anderes Wetter hier im Norden als ihr im Süden. Ich glaube, das war hier eine recht kühle Woche (kühl ist um die 20 °C max.), in der es auch ab und an geregnet hat.
        Ich merk mir so was wie Wetter im Zusammenhang mit Daten nur in Ausnahmefällen … 😉

        Gefällt 1 Person

  3. Wunderschön liebe Christiane ❤
    Ja, der Geruch und die Morgenkühle und dann eben auch – wie oben schon geschrieben – der Nebel über den Feldern. (bei uns gleich vor der Haustür)
    Hab einen schönen Tag
    Nicole

    Gefällt 1 Person

  4. Abgeerntete und umgepflügte Getreidefelder sind das erste untrügliche Anzeichen für mich, dass der Sommer langsam seinen Rucksack packt, um weiterzuziehen.
    Und dann die zunehmende Dunkelheit, wenn ich morgens um halb sechs die Tür zum Garten aufmache, gemeinsam mit kühler, nach Erde duftender Luft, die zum tiefen Durchatmen einlädt. Heide verblüht, Astern und Fetthennen beginnen zu blühen. Erste Äpfel, letzte Brombeeren. Trauer und Vorfreude. Alles das gehört dazu. Alles hat seine Zeit…

    Gefällt 3 Personen

  5. So plötzlich kam das Herbstliche hier an, haben wir nicht noch vor zehn Tagen geschwitzt und den Schatten gesucht. Da kann man schon wehmütig werden. Und wer könnte das besser ausdrücken als Dauthendey 😉
    Liebe Grüße aus dem kalten Süden – seit heute Morgen ist mal kurz die Heizung an,
    Ulli

    Gefällt 1 Person

    • Hier auch – die Heizung. Der Fellträger findet das toll und wechselt von draußen nach drinnen nach draußen nach drinnen … Es scheint nämlich wieder die Sonne, und er nutzt das aus …
      Herzliche Grüße in deinen Süden
      Christiane 😉

      Gefällt 1 Person

  6. Ach, wie schön, drei mal Max Dauthendey und natürlich sind sie alle drei wunderschön, doch ich wollte unbedingt eines ausdeuten, das mir ganz besonders gefällt, und das wurde dann die Nr. zwei der drei
    * Wie mein Aug’ am Sommer hängt *

    Ganz herzliche Grüße zum Dienstagabend von Bruni

    Gefällt 1 Person

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.