Der zweite Hunderter ;-)

Hamburg hat, wie ich schon gelegentlich erwähnt habe, nur ein paar Abhänge, die den Namen auch wirklich verdienen. Hamburgs höchste Erhebung, der Hasselbrack, liegt aber in den Harburger Bergen, interessanterweise nur ein paar Meter neben der Landesgrenze zu Niedersachsen. Nun ist der Hasselbrack in Hamburg sensationell unbekannt, was nicht nur an seiner sagenhaften Höhe von 116,2 Metern liegt, sondern auch an der Tatsache, dass man von dort aus keinerlei Aussicht hat, er zudem mitten in einem Naturschutzgebiet liegt und zwar auf Karten eingezeichnet ist, aber deswegen kein Wegweiser dorthin verweist (Brutgebiet, bla). Keiner. Null. Ein Ding für Insider. Ferner sind schließlich die Harburger Berge (Wikipedia) auf der anderen Seite der Landesgrenze durchaus höher 😉
Wenn ich zusammenfassen darf: Der Hasselbrack ist eine völlig unauffällige, nicht weiter ausgeschilderte Erhebung in den Harburger Bergen (die, selbstverständlich, auch keine „Berge“ sind).
Für Wanderanfänger wie mich ist aber dies aufgrund der Tatsache, dass sie ein Endmoränengebiet sind und „für norddeutsche Verhältnisse recht zerklüftet“, ein herrliches Gebiet, um über Stock und Stein zu krabbeln und mich müde zu laufen. Dort gibt es nämlich nicht nur eine Handvoll gut beschilderter Wanderwege, sondern auch rauhe Unmengen an Trampelpfaden, steilen Mountainbike-Trails und Reitwegen.

Meine Wahl fiel (zum zweiten Mal) auf einen Teil des Wanderwegs W5 (Wander-Tour Schwarze Berge, klickst du) und zwar auf den nördlicheren. Denn der führt, wie mir beim Blick auf die Karte klar geworden war, ziemlich dicht am Hasselbrack vorbei, und ich hatte auch schon so eine Vermutung, wo ich abbiegen müsste. Außerdem hatte ich mit dem Weg, zumindest dem zweiten Teil, noch ein Hühnchen zu rupfen. Und ich wollte zum Hasselbrack. Einfach just for fun.

Geparkt habe ich am Wildpark Schwarze Berge, der viel Spaß machen kann, wenn man reingeht, besonders mit Kindern (Hängebauchschweine, Ziegen zum Streicheln), und ich mag speziell die Flugshow (Greifvögel). Mein Weg führt aber südlich dran vorbei, und nach relativ kurzer Zeit stand ich entzückt am Moisburger Stein, einem alten Grenzstein. Nun lief ich der Markierung W5 folgend weiter in den Wald hinein, wo der Weg die ganze Zeit sanft anstieg und ich in größeren Abständen anderen Wanderern begegnete, die allesamt grüßten – ich war raus aus der Stadt. Nicht zu überhören waren Geräusche im Wald, die von Mountainbikern stammten, nicht zu übersehen waren Hinterlassenschaften, die von Pferden stammten. Alles bestens. Als ich gefühlt relativ weit „oben“ war, dachte ich, dass ich jetzt eigentlich in der Nähe des Hasselbracks sein müsste, und zückte die Geheimwaffe: mein Handy. Klar hätte ich eine Wanderkarte bevorzugt, wenn ich eine gehabt hätte (was ich ändern werde), aber ich dachte, das Handy tut es auch, und wenn nicht, dann eben nicht. Und, o Wunder, ich hatte Empfang UND recht. Hier irgendwo in der Nähe sollte er sein, der Hasselbrack.

Also bog ich mutig von meinem Weg ab und wagte mich auf den Trail-Dschungel. Das Handy bestätigte mir von Zeit zu Zeit wenigstens, dass ich mich meinem Ziel näherte, denn selbstverständlich kannte es keine Trampelpfade. Irgendwann grüßte ich eine Reiterin und fragte sie, ob der Hasselbrack hinter ihr liege, und sie lächelte und antwortete freundlich: „Ja, immer geradeaus.“ Und tatsächlich, es stimmte. Dauerte nur noch ein paar Minuten …

Um die Infos zum Thema Hasselbrack auf den neuesten Stand zu bringen: Es gibt dort den Stein. Sonst nichts. Keine Bank, kein Gipfelkreuz. In den Waldboden daneben (auf meinem Bild nicht zu sehen) ist eine Kiste aus Blech verbuddelt, in der sich ein MNS und ein Geocache befanden (jedenfalls vermute ich, dass das einer war). KEIN Gipfelbuch, von dem ich schon verschiedentlich gelesen habe, und der Deckel der Kiste ist echt verbeult.

Ich hockte mich für eine kleine Weile auf einen Baumstumpf und genoss den Wald. Dann trottete ich gemächlich wieder zurück zu meinem Wanderweg. Vor mir lag, wie ich wusste, der anstrengendere Teil der Tour.

Wenn man auf der Karte (siehe Link oben) nachsieht, entdeckt man, dass W5 ein langer Rundweg ist, der teilbar ist. Und ab dem Punkt, wo man abzweigt, wird der Weg, äh, immer trailartiger. War das vorher ein Weg, den man mit Oma und Kinderwagen gut gehen konnte, kommt jetzt mehr und mehr zum Tragen, was die Wegbeschreibung als „überwiegend naturbelassene, teils wurzelige Wege mit anspruchsvollem Relief (festes Schuhwerk erforderlich)“ beschreibt. Und die hinauf und hinab zu überwindenden Abhänge werden immer steiler und die Pfade immer ausgewaschener. Mir ist schon klar, dass sich Kenner von alpinen und voralpinen Wegen vermutlich vor Lachen auf dem Boden rollen, aber ich war SEHR, SEHR dankbar für meine Wanderschuhe (meine Erstbegehung dieses Weges war der Grund, weshalb ich mir anständige Wanderschuhe zugelegt habe, denn solche Wege sind zurzeit meine Messlatte) und ich habe, als ich leichtfüßig über diverse Baumwurzeln stiefelte, schaudernd begriffen, was ich meinen Schutzengeln (Plural!) mit meinen Sandalen beim letzten Mal eigentlich zugemutet habe. Schließlich kann man auch in einer Pfütze ersaufen, wenn man Pech hat. Gute Wahl. Sehr gute Wahl. (Immer noch keine Blase gelaufen. Scheint so, dass ebenfalls meine Billig-Wandersocken nicht die schlechtesten sind – zumindest sind sie für meine bisherigen Wege geeignet. Ich weiß inzwischen immerhin, dass auch Socken ein großes Thema sind.)
Sind das übrigens Schopftintlinge, die Pilze?

Der Pfad rund um den Paul-Roth-Stein (laut Internetangaben 131 Meter über NHN; der so aussieht, als ob der Zahn der Zeit kräftig an ihm nagt und es keinen interessiert, siehe Bild) ist für Mountainbiker gesperrt. Wie ich feststellte, gibt es aber einige, die das nicht stört, denn als ich gerade dieses Baumwurzelteil (siehe Bild) erklomm, standen oben welche mit ihren Rädern und unterhielten sich (und grüßten). Weiß nicht, ob sie dann da runter sind, überholt haben sie mich jedenfalls nicht mehr.
Die Treppen, die sich ebenfalls auf diesem Teil des Weges befinden, sind robuster, als sie aussehen.

W5 führt dann noch über den Kiekeberg, wo sich ein sehr bekanntes Freiluftmuseum befindet, ein Schlenker, den ich mir schon zum zweiten Mal gespart habe, ich bin einfach über Alvesen zum Wildpark zurückgelaufen. Ich war müde genug für den Tag.
Leider musste ich dann auch feststellen, dass sich irgendwann mein Handy und damit meine Schrittzähler verabschiedet hatten. Ich kann also nicht sagen, wie weit ich gelaufen bin, was mich doppelt ärgert, da ich sogar mit der Pause in der Zählung bei dem Schrittzähler, der weniger anzeigt (der andere war komplett im Nirwana), auf über 10 Kilometer gekommen bin – und mir geschätzt eine halbe Stunde bis 45 Minuten fehlen, in denen ich mich bewegt habe. Nun. Sieht so aus, als müsste ich da noch ein drittes Mal längs. Vielleicht tappe ich dann doch noch über den Kiekeberg. Zeit ist ja genug, wenn das Wetter hält.

Sollte (wirklich?) noch jemand rätseln: Der „zweite Hunderter“ ist mein zweiter erklommener Gipfel *hust* 😉

Ebenfalls auf dem Hasselbrack war Maren von „Von Orten und Menschen“, und zwar vor knapp vier Jahren. Ihre sehr vergnügliche Schilderung, wie sie ihn fand (und Maren hat im Gegensatz zu mir Ahnung von dem, was sie tut), könnt ihr HIER lesen.

 

Ja, klar, die Fotos sind alle von mir. Klicken macht groß!

 

 

51 Kommentare zu “Der zweite Hunderter ;-)

  1. Na, Du Gipfelstürmerin -:)) ich bewundere Deine Vorsätze, und was die Endmoränenhügel bei Euch Flachländern bedeuten, habe ich beim Töchting kennengelernt, da geht es ganz schön auf und ab. Ein schöner Effekt bei diesen Touren ist auch – vor allem, wenn man allein läuft -, dass man die Natur wieder anders wahrnimmt.
    Lieber Gruss zu Dir vom Flachdach, Karin

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    • Da hast du recht, liebe Karin, ganz anders. Spaziergänger unterhalten sich immer, und manchmal schon habe ich mich gefragt, warum die eigentlich unterwegs sind und nicht in irgendeinem Kaffeehaus sitzen, denn von dem, was sie umgibt, bekommen sie definitiv nichts mit. Na ja, vielleicht ja doch …
      So sehr, wie ich mir oft Begleitung wünsche, manchmal bin ich echt froh, allein zu sein und nicht plappern zu müssen … 😉
      Morgenkaffeegruß 😁🌞☕🐈👍

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  2. Ich bin beeindruckt. Nicht übel, nicht übel. Und die Pilze sind der Hit, wie auch immer sie heißen! Ich war am Wochenende auch unterwegs, allerdings im absoluten Flachland, in Bremerhaven. Die höchste Erhebung war der Deich. 🙂

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  3. Kompliment! Der Berg ruft! Oder der Weg oder was immer. Ich gehe auch sehr gerne allein egal ob durch den Wald oder die Stadt wie du schreibst beim Reden bekommt man von der Umgebung nichts mit

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    • Das IST ein toller Pfad. Für hiesige Verhältnisse ist die ganze Gegend echt nett. 😉
      Und ich habe sogar mit dem Auto Respekt vor den Kasseler Bergen, auch wenn ich dort noch nie großartig herumgelaufen bin … 😉

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  4. Es scheint mir eine erfüllende Tour gewesen zu sein, liebe Christiane. Eine Wandertour, die auch ohne richtig hohe Berge auskommt. Mir sind manchmal die Pfade zu steil und ich hab nix dagegen, flachere Wege zu gehen.
    Freude sollte eine Tour machen und die hattest Du doch reichlich
    Hügel mag ich sehr, Berge müssen nicht gleich her 🙂
    Liebe Grüße von Bruni

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  5. Mich würde interessieren, wie ein schwieriger Weg im Flachland aussieht, für den man echte Wanderschuhe braucht. Schickst du mir bei Gelegenheit ein klitzekleines oder auch größeres Foto? Bussi !

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    • Schau dir mal die Bilder an, die ich angehängt habe. Das letzte Bild mit diesen ganzen Wurzeln ist der Weg. Der war nicht nur schlecht, der war auch recht steil, ich weiß nicht, ob man das gut sieht. Da bist du mit anständigen Schuhen unbedingt im Vorteil.
      Früh-am-Morgen-Gruß, bin gerade wenig online 😁🌦️☕👍

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  6. Notiert auf der Liste künftiger Ausflüge.
    Obwohl es schwierig werden könnte meinen kleinen Wandergefährten am Eingang der „Ziegen- und Hängebauchschweinmastanstalt“ vorbeizubekommen. Die ist nämlich sehr beliebt.

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  7. Pingback: Der frühe Abend fängt den Vogel | Irgendwas ist immer

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