Von Herbst und Regen

 

Herbst

Um die Großstadt sinkt die Welt in Schlaf.
Felder gilben, Wälder ächzen überall.
Wie Blätter fallen draußen alle Tage,
Vom Zeitwind weggeweht.

Ob Ebene und Wald in welkes Sterben fallen,
Ob draußen tost Vergänglichkeit,
Im Stadtberg brüllen Straßen, Hämmer hallen:
Die Stadt dampft heiß in Unrast ohne Zeit.

(Gerrit Engelke, Herbst, aus: Rhythmus des neuen Europa, 1921, Online-Quelle)

 

Regentag

Der Regen fällt. In den Tropfentanz
Starr ich hinaus, versunken ganz
In allerlei trübe Gedanken. Mir ist,
Als hätt‘ es geregnet zu jeder Frist,
Und alles, so lange ich denken kann,
Trüb, grau und nass in einander rann,
Als hätte es nie eine Sonne gegeben,
Als wäre nur immer das ganze Leben,
Die Jahre, die Tage, die Stunden all,
Ein trüber, hastiger Tropfenfall.

(Gustav Falke, Regentag, aus: Mynheer der Tod, 1900, Online-Quelle)

 

Des Narren Regenlied

Regenöde, regenöde
Himmel, Land und See;
Alle Lust ist Last geworden,
Und das Herz thut weh.

Graugespinstig hält ein Nebel
Alles Sein in Haft,
Weher Mut weint in die Weiten,
Krank ist jede Kraft.

Die Prinzessin sitzt im Turme;
Ihre Harfe klingt,
Und ich hör, wie ihre Seele
Müde Sehnsucht singt.

Regenöde, regenöde
Himmel, Land und See;
Alle Lust ist Last geworden,
Und das Herz thut weh.

(Otto Julius Bierbaum, Des Narren Regenlied, aus: Irrgarten der Liebe, 1901, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Ich bin immer noch wenig online, aber nur aus angenehmen Gründen.
Kommt gut und heil in und durch die neue Woche! 😀

 

32 Kommentare zu “Von Herbst und Regen

  1. Die Regensucherin auf unbeschrittenen Wegen? interessante aber recht trübselige Funde! eine Stimmung wie in: Il pleure dans mon coeur comme il pleut sur la ville , quelle est cette langueur pou penetre mon coeur.. (Verlaine, aus dem Gedächtnis zitiert. es war das Lieblingsgedicht unserer traurig-ungeliebten Französischlehrerin)

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  2. Mein liebstes ist heute der Herbst von Gerrit Engelke, liebe Christiane. Es ist voller Kraft und ich sehe die Bilder vor mir, die er malt, aber auch die anderen beiden mag ich, auch wenn sie Trübes einfangen.

    Liebe Abendgrüße von Bruni

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  3. Die sind alle so schön melancholisch… da kann man sich ein bisschen drin suhlen, und danach geht es einem besser. Ich werde sie diese Woche garantiert nochmal lesen, mir ist gerade danach, den Sommer mit viel dramatischem Abschiedsweh ziehen zu lassen.

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    • Ich finde, das Wetter unterstützt uns dabei, den Sommer ziehen zu lassen. Morgens kühl, mittags wärmlich, abends und nachts dunkel und feucht 😉
      Morgenkaffeegruß 😁☕🥐🌦️👍

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  4. Pingback: Der schöne Herbst – Allerlei Gedanken

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