Morgenskizze mit Fellträger | abc.etüden

Häufig beginnt mein Tag damit, dass ich auf der Ofenbank hocke und aus dem nach Osten weisenden Fenster nach orangen Wolken Ausschau halte, auf dass sie beim Sonnenaufgang besseres Wetter als das zurzeit alltägliche Dauergrau verheißen mögen. Gleichzeitig lese ich mich durch meinen WP-Reader und schlürfe den ersten Kaffee.

Hin und wieder werde ich dabei unterbrochen. Dem Fellträger meines Herzens ist nämlich jüngst erst aufgefallen, dass er auf meiner Augenhöhe ist, wenn er sich auf der Fensterbank platziert, und seitdem steht gelegentlich ein Kater vor meiner Nase und starrt mich an. Besagte »Ofenbank« ist der Heizkörper meiner Nachtspeicherheizung und in bequemem Abstand zum Fenster montiert. Ein Lieblingsplatz von uns beiden.

»Na, Schnurri«, begrüße ich ihn zärtlich, schiebe weg, was ich in der Hand halte, lehne meinen Kopf an seinen und kraule ihn am Hals und hinter den Ohren. Wenn er gekommen ist, um sich ein paar Streicheleinheiten abzuholen, hält er still, stellt seinen eingebauten Lautsprecher an und kann sogar so laut losschnurren, dass das Geraspel buchstäblich den ganzen Katerkörper erschüttert. So sitzen wir da, die Stirnen aneinandergedrückt, die Augen geschlossen, eine Minute … zwei … fünf, und vergewissern uns ohne weitere Worte, dass bei dem anderen alles in Ordnung ist.
Mütter haben mir versichert, sie müssten nur an ihren Babys riechen, um zu wissen, ob sie okay sind, und ich habe festgestellt, dass das irgendwie übertragbar ist, auch sein Geruch ist nicht immer gleich … Was er auf diese Weise von meinem Innenleben mitbekommt, wüsste ich gern, bin aber überzeugt, es dürfte einiges sein, vermutlich mehr als ich umgekehrt.

Wir verharren in diesem Zustand ziemlich bewegungslos, bis einem von uns etwas einfällt, das mehr Priorität bekommen muss. Meist will er fressen oder schlafen, und ich gehe an meine Arbeit.

 

abc.etüden 2021 03+04 | 365tageasatzaday
Quelle: Pixabay, bearbeitet von mir

 

Für die abc.etüden, Wochen 03/04.2021: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Ulrike und ihrem Blog Blaupause7. Sie lauten: Lautsprecher, orange, erschüttern.

Natürlich ist das autobiographisch, glaubt ja wohl keiner was anderes, oder? 😉
Versuch in der Ich-Form. Bin noch nicht so ganz überzeugt.

 

71 Kommentare zu “Morgenskizze mit Fellträger | abc.etüden

  1. guten Morgen liebe Christiane, ich saß grade neben dir auf der Ofenbank (virtuell zumindest :-)) – deine Geschichte hat mich richtig reingezogen! Ich wünsche dir einen großartigen Tag – auch wenn es grau bleibt am Himmel. Bei uns ist es auch nicht besser, leider. Und vielleicht bin ich grade inspiriert worden, mal mein Morgenritual aufzuschreiben…mal schaun. Übrigens habe ich Bassum gebucht für 2021, wir sehen uns!
    Fühl dich gedrückt!

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    • Carmen, wie schön, guten Morgen!!! 😁
      Und das mit Bassum ist ebenfalls großartig! Wir sehen uns bestimmt, ich freue mich! 😍
      Bin gespannt, ob die Wörter für diese Woche auch in deinen Morgen passen, oder ob du etwas ganz anderes daraus machen willst. 😉
      Morgenkaffeegruß 😁🐈🌥️☕🍩👍

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  2. Das mit dem Geruch kann ich bestätigen. Am stärksten aufgefallen ist es mir bei Krankheiten. Ich habe bei meinen ersten Katern jeweils Tage vorher gerochen, dass sie sterben.
    Ein schöner Einblick in deinen Katzenmoment. 😇

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    • Ich kann das mit der Krankheit bestätigen, das geht mir auch so, da ist es am extremsten. Sind denn deine Kater eines natürlichen Todes gestorben, oder waren sie vorher krank? 😾
      Reagieren deine anders, wenn du krank bist? 🤔
      Morgenkaffeegruß 😁🐈🌥️☕🍩👍

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      • Der eine hatte Diabetes, der andere Schilddrüsenüberfunktion und dadurch dann Nierenprobleme. Sind beide leider nicht sehr alt geworden, aber das wussten wir von Anfang an.
        Total. Wenn ich krank bin belagern mich die beiden regelrecht. Auch jetzt, wo ich schwanger bin. Der eine besteht auch regelmäßig darauf, sich über den Bauch legen zu dürfen. 😅
        Morgenteegruß zurück! ☃️

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        • Finde ich toll, dass sie alles unter Kontrolle behalten wollen und sich einbringen 😼 Wachkatzen halt 😁
          Wann ist eigentlich dein Termin, oder magst du das nicht öffentlich machen? 🤔
          Schneefreie, aber frostige Grüße! 😁🌥️☕🍩👍

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  3. Oh ja, so schön! Ich bilde mir ja ein, dass ich am Geruch meiner Hündin sogar merke, ob sie mal pinkeln muss. Es sind ganz kleine Nuancen, aber die sagen unglaublich viel aus – es sei denn, sie hat sich kurz vorher in einem Kuhfladen gewälzt, das überstrahlt dann alles Andere. Aber sowas machen Katzen ja zum Glück nicht.

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    • Ich denke nicht darüber nach, was eventuelle Nuancen bedeuten. Ich weiß, dass ich es bemerke, wenn etwas nicht stimmt, alles andere lasse ich erst mal schleifen …
      Danke fürs Mögen und Teilen, dass du so was auch kennst! 😁👍
      Morgenkaffeegruß 😁😺🌥️☕🍩👍

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  4. Das funktioniert auch mit Hund, insofern habe ich sogleich angenehme Duftvorstellungen von Hundefell in meiner Nase. Das sind schöne Momente, in denen man sich mit seiner Fellnase auf einer so ursprünglichen Ebene begegnet.

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    • Das habe ich auch schon an Arno und Lea geschrieben: Ich bezweifle es nicht, ich kenne es aber nicht selbst, da ich nie mit einem Hund zusammengelebt habe. 🤔😉😁
      Ja, Tiere bereichern das Leben einfach ungemein. 😍😻
      Vormittagskaffeegruß! 😁🐈🌥️☕🍩👍

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  5. Wunderschön ist Deine Geschichte, liebe Christiane.
    In mir wird immer gsanz wunderlich, wenn ich von geliebten Katzen lese… So viele Jahre immer von Katzen umgeben und dann keine mehr, das ist wir eine Strafe.
    Aber da gibts die Katzenallergien, das Minienkelchen, das krabbelt wie ein Weltmeister und Mija, den immer noch scheuen zotteligen Hütehund meine älteren Tochter.
    Frau kann halt nicht alles haben, aber ein Tränchen zerdrücke ich trotzdem. Sieht und hört ja keiner 🙂
    Liebe Morgengrüße von Bruni

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  6. Jaaaaaa, wenn dein Ziel ist, durch die Ich-Form mehr Emotion und Eindrücklichkeit zu transportieren, dann ist das voll gelungen !!! Sieht man auch an den Kommentaren: es wird nicht die Handlung der Geschichte kommentiert sondern die Emotion. Gut, diesen Effekt müsste man auch mit einer Nicht-Katzen-Story überprüfen 🙂 Schönen Tag !!

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  7. Der uns besuchende Kater Max schnurrt nicht, er mauzt. Aber sonst ist es schon ziemlich genauso. Auch dies unendliche Wohlgefühl, das die Wärme des kleinen Körpers in meinem auslöst, wenn wir uns nah sind.
    Körperliche Nähe ist einfach heilend. Wozu braucht es da der Gedanken? 🙂

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    • Weil das eine die Freude am anderen vergrößert. Sonst nicht. ❤️
      Grüß deinen Maunzer, vielleicht entdeckt er ja später noch das Schnurren 😼 Katzen sind nie am Ende ihrer Möglichkeiten 😁
      Herzliche Mittagskaffeegrüße 😁🐈🌥️☕🍩👍

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  8. Das war auch eine sehr schöne Geschichte für eine Nicht Katzen Besitzerin.
    Und es ist ähnlich bei Mensch Hund Beziehung. Meiner legte sich immer zu mir, wenn es mir nicht gut ging. Genauso auch bei meinen Kindern.

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  9. Deiner ist einer mit einem Porschemotor, meiner setzt schon auf erneuerbare Energien, unhörbare elektrische Ströumgen und seine Schnurrlaute sind eher zu erahnen, denn zu hören. Eine zeitlang glaubte ich, er schnurre gar nicht, bis ich mein Ohr seinem Bauch näherte, da waren die Schwingungen zu spüren. Nähe sucht er minimal erst ab und an seit diesem Winter, immer am Fußende und ja nicht anfassen. Mit den Füßen kann ich ihn stundenlang kraulen, dann liegt er lang hingestreckt vor mir. Woher er die ganzen Marotten hat – auch die Vorliebe, meistens im Waschbecken zu schlafen , das wissen nur die Katzengötter. Ich bin schon gespannt, was er mit zunehmendem Alter noch alles im Gepäck hat. Er hat im übrigen zwei Katzentoiletten, eine edle im Bad, eine praktische unter dem regensicheren Tisch auf der Terrasse – alles wird verschmäht, er geht bei Wind und Wetter auf das mit Steinen ausgelegte Flachdach des Nachbarhauses.
    Euch Zwei habe ich bildlich vor mir und manchmal beneide ich Dich ein wenig um die Nähe, die Dein Katzenherr sucht, aber noch habe ich die Hoffnung nicht aufgegeben.
    Einen herzlichen Gruß und Dank für die Kattitüde und ein lautloser Schnurrer von meinem iWbsK, Karin

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    • Ja, Karin, aber er wird auch noch kuscheliger werden, wenn er älter ist. Als meiner zu mir kam, war an Auf-dem-Schoß-Schlafen auch nicht zu denken, und er wollte gar nichts zulassen, was ihm seine Bewegungsfreiheit einschränken würde. Also habe ich mich angenähert und mit ihm trainiert, sekundenweise, und ihn immer abhauen lassen, wenn er es doof fand. Irgendwann ging es dann, irgendwann kam er dann an und wollte mehr … 😼
      Sein Geschnurre bewegt sich normalerweise auch eher auf Nähmaschinenniveau. 😺
      Das wird schon mit euch beiden, ich habe da gar keine Zweifel 😍😻
      Ganz herzliche Mittagskaffeegrüße, und grüß mir den Waschbeckenschläfer 😁🌥️☕🍩👍

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    • Ja, unbedingt. Wenn es mir nicht gut geht, lässt er mich nicht aus den Augen. Dasselbe sagen aber auch Hundehalter. Ich glaube, es kommt auf die Art und Intensität der Beziehung an. 😁❤️🐈
      Abendgrüße 😁☁️☕🍪👍

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  10. Man kann sich gut die Welt erriechen.
    Wir sind keine Freunde der Ich-Form, da sie nicht den reflektierenden Abstand zum Text erzeugt und den Text als Fiktion präsentiert. Sie baut auf Identifikation und der Illusion, dass ein Text mehr als die Realität des Textes abbildet.
    Keep healthy and happy
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂

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    • Wenn du ein bisschen mehr bei mir liest, wirst du feststellen, dass ich extrem selten in der Ich-Form schreibe. Dies ist tatsächlich fast der erste ernst gemeinte Versuch der Überwindung der emotionalen Distanz, die entsteht, wenn man in der 3. Person schreibt 🤔. Ich betrachte die Ich-Form als Stilmittel. 😉
      Danke dir für deine Überlegung! 😀
      Abendgrüße und gute Wünsche zurück! 😁🐈🍷👍

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  11. So innig und überzeugend, liebe Christiane! (keine Ahnung wer hier schon was kommentiert hat, komme gerade aus den Bergen zurück – schee woars 😉 )
    Klar, geht noch ein bisschen anders (weil du haderst), aber hej, es geht immer noch anders 😉
    Liebste Grüße durch den späten Abend an dich, aus dem Land der brausenden Bäche und Flüsse, die aus ihren Betten brodeln –
    Ulli ❤
    (das Leben ist ein Abenteuer)

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    • Wenn es innig und überzeugend bei dir ankommt, liebe Ulli, dann passt es. Vielen lieben Dank! ❤️
      Und ja, das Leben ist ein Abenteuer! 😁
      Morgenkaffeegruß aus dem tief verschneiten (für unsere Verhältnisse) Hamburg 😁❄️🌤️☕🍪👍

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  12. Pingback: Schreibeinladung für die Textwoche 05.21 | Extraetüden | Irgendwas ist immer

    • Ja, super, so was in der Art habe ich angestrebt, dass es so wirkt, als säßest du daneben. 😁
      Es ist übrigens auch ehrlich. 😁
      Nachmittagskaffeegruß 😁☁️☕🍪👍

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