Von Gesang und Müdigkeit

Ich bin sehr müde

Mein Fenster lehnt sich weit in den Abend hinaus,
Die Wolken stehen über den Dächern, ein Blumenstrauß,
Die Luft streichelt mich und ist sanft und voll großer Güte.
Ich aber halte die Hände gefaltet, denn ich bin müde,
Und höre verwundert auf das beschwingte Schreiten
Der Menschen, die auf der Straße vorübergleiten,
So sehr sind ihnen heute die Glieder leicht.
Nur ich liege, schwergebettet in meine Müde.
Manchmal höre ich einen Schritt, der Deinem gleicht,
Dann bin ich, Geliebter, wie die Musik der Schritte leicht
Und wie die Wolken über den Dächern silberne Blüte.

(Maria Luise Weissmann, Ich bin sehr müde, aus: Das frühe Fest, 1922, Online-Quelle)

Altes Lied.

Alter Text und alte Weise –
Wie das durch mein Leben zog,
Und so wehmuthsvoll und leise
Mir den Himmel nieder log.
Fast vergessen pocht es wieder
An das eingewiegte Herz,
Und der erste Ton ist wieder,
So wie einst, ein leiser Schmerz.

(Ada Christen, Altes Lied, aus: Aus der Asche. Neue Gedichte, 1870, Online-Quelle)

Das Meer singt

Singe das Leben
Trunken und weit.
Rausche euch allen
Unendlichkeit.

Singe die Liebe
Grausam und groß.
Breit über alles
Mein Namenlos.

Gott tönt aus mir.
Dunkel und Glut.
Alles ist tödlich
Und alles ist gut.

(Francisca Stoecklin, Das Meer singt, aus: Die singende Muschel, 1925, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Wie immer: Kommt gut und heiter in und durch die neue Woche!

 

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36 Kommentare zu “Von Gesang und Müdigkeit

  1. Deine Poeme scheinen mir heute sehr dunkel, besonders das von Luise Weissmann. Ich frage mich gerade, ob es an mir liegt oder tatsächlich so ist.
    Guten Morgen, Christiane ☕️🍩🌺☀️🙃

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  2. Alle drei sind so wundervoll wehmütig und ich werde mir erlauben, sie irgendwann auch zu mir in den Blog zu holen. Das ausgesuchte Bild könnte treffender nicht sein. Ich mag sie wieder alle drei sehr.
    Müde bin ich des Ausgeschlossenseins, aber zumindest habe ich ab Donnerstag wieder den besseren Durchblick, meinen Pony könnte ich schon als Bart benutzen -:)))
    Lieber Gruß zu Dir, Karin

    Gefällt 6 Personen

    • Du hast eindeutig die Chance, deine Frisur zu ändern, meinst du? 😉
      Hier ist es grautrübkalt, mal sehen, ob es sich noch entwickelt.
      Ich mochte das Wehmütige auch gerade, schön, dass es dir auch gefällt ❤️😁
      Entspannte Morgenkaffeegrüße 😁☁️☕🍪👍

      Gefällt 2 Personen

      • Ja, der Termin steht schon seit geraumer Zeit fest, ändern werde ich sie nicht groß, ich werde nur in der Länge ein paar Federn lassen.-:)) So, jetzt werde ich den Vierbeiner vertreiben, ich warte schon seit 1,5 Stunden auf die Freigabe des Waschbeckens.
        Wir werden den Winter noch einmal zurück bekommen, gestern war es hier vollsonnig, aber kühl, jetzt graut es , soll aber noch aufklaren. Ostern dann wahrscheinlich mit Schneeeiern -:))
        Fröhlicher Gruß zu Dir, Karin

        Gefällt 3 Personen

      • Freitag soll es bei Euch sonnig sein, aber nur 7° – also warm anziehen. Ist es eine Urnenbeisetzung, bei der die Asche den Meer übergeben wird? Könnte ich mir für mich auch vorstellen – wenn Nicole in Mcpom bleibt dürfte es nur die Ostsee werden.

        Gefällt 1 Person

  3. Drei mir unbekannte Dichterinnen, ja, alle drei sind diesmal Frauen, und gefallen mir alle drei. Das letzte besonders, es trifft mein Meergefühl, das ich auch gestern so stark spürte, als wir, drei Frauen im Alter von 21 – 55 – 79, jede für sich am grauen Meer saßen. Ich hörte der Sprache des Meeres zu, das sich müde an den Ufersteinen stieß : platsch,spsch, blig blig, pschscht immer wieder, immer anders. Die Sprache Ertrunkener, Sehnsüchtiger, Liebender, Trauriger, Träumender platsch pschscht bling blag,
    Breit über alles
    Mein Namenlos.

    Gefällt 5 Personen

    • Oh, das freut mich sehr, Gerda, das will ich gar nicht zerreden, deine Schilderung. Sehr berührend, vielen Dank. ❤️
      Das letzte ist auch mein Lieblingsgedicht von den dreien. 😁
      Herzliche Fast-Mittagskaffeegrüße! 😁☁️☕🍪👍

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  4. Wie wundervoll, Deine Auswahl, liebe Christiane.
    Wieder einmal, ich weiß, aber heute berührten mich alle drei sehr und das allererste, von Frau Weismann, noch ein bissel mehr als die anderen beiden. Wieso gerade das, frage ich mich und meine innere Stimme sagt mir, das könnte ich sein… irgendwann einmal…
    Ada Christen war die einzige der Drei, die ich kannte…
    Liebe Grüße in Deinen Tag von Bruni

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    • Und wie immer schreibe ich dir, dass es mich freut, dass/wenn du ein Gedicht als deines entdeckst, liebe Bruni. Ich mag das letzte am liebsten, aber die anderen sind dennoch weitaus mehr als nur Füllstoff …
      Hab einen wunderbaren Tag, ich hoffe, bei dir scheint die Sonne auch 😁🌼
      Mittagskaffeegrüße 😁🌞🌼☕🍪👍

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  5. Am Schreiten wirst Du sie erkennen!!
    Beschwingt, leicht, das zeugt von frohem Sinn.

    *

    wehmuthsvoll …mein Vater hörte gerne Sinti und Czardasmusik und bekam feuchte Augen. Keine Ahnung, was er für Bilder hatte.

    *

    die Liebe
    Grausam und groß.
    Wer kennt das nicht…so schwer manchmal, schwer wie Blei aufs Gemüt.

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  6. Liebe Christiane,
    danke für die Gedichte. Das erste finden wir sprachlich nicht gerade gelungen, während die von Ada Christen uns Francisca Stöcklin vom Sprachrhythmus her elegant sind. Sie haben uns bestens gefallen. Danke fürs Teilen.
    Mit herzlichen Grüßen vom kleinen Dorf am großen Meer
    The Fab Four of Cley
    🙂 🙂 🙂 🙂
    P.S.
    Das Foto gefällt uns

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    • Es freut mich jede Woche aufs Neue, wenn ihr beim Lesen etwas für euch mitnehmen könnt, sei es ein Gedicht, zwei oder gar alle drei. Herzlichen Dank zurück ins kleine Dorf aus der großen Stadt! 🌷🌷🌷
      Nachmittagskaffeegrüße 😁⛅🌼☕🍪👍

      Gefällt 1 Person

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