Heutige Welt-Kunst
Anders seyn und anders scheinen,
Anders reden, anders meinen,
Alles loben, alles tragen,
Allen heucheln, stets behagen,
Allem Winde Segel geben,
Bös- und Guten dienstbar leben;
Alles Thun und alles Tichten
Bloß auf eignen Nutzen richten:
Wer sich dessen wil befleissen,
Kan politisch heuer heissen.
(Friedrich von Logau, Heutige Welt-Kunst, aus: Salomons von Golaw deutscher Sinn-Getichte drei Tausend, Desz ersten Tausend neundes Hundert, entstanden 1646–1648, Wikipedia-Artikel, Online-Quelle)
[Sie sang vom irdischen Jammerthal]
Sie sang vom irdischen Jammerthal,
Von Freuden, die bald zerronnen,
Vom Jenseits, wo die Seele schwelgt
Verklärt in ew’gen Wonnen.
Sie sang das alte Entsagungslied,
Das Eyapopeya vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.
Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn’ auch die Herren Verfasser;
Ich weiß, sie tranken heimlich Wein
Und predigten öffentlich Wasser.
(Heinrich Heine, Sie sang vom irdischen Jammerthal, aus: CAPUT I, in: Deutschland, ein Wintermährchen, 1844, Online-Quelle)
Resignation
Es gibt noch Leute, die sich quälen,
Aus denen sich die Frage ringt:
Wie wird der Deutsche nächstens wählen?
Wie wird das, was die Urne bringt?
Die Guten! Wie sie immer hoffen!
Wie macht sie doch ein jedesmal
Der Ausfall neuerdings betroffen!
Als wär‘ er anders, wie normal!
Wir wissen doch von Adam Riese,
Daß zwei mal zwei gleich vieren zählt.
Und eine Wahrheit fest wie diese
Ist, daß man immer Schwarze wählt.
Das Faktum läßt sich nicht bestreiten,
Auch wenn es noch so bitter schmeckt.
Doch hat das Übel gute Seiten:
Es ruhet nicht auf Intellekt.
Man muß die Sache recht verstehen;
Sie ist nicht böse, ist nicht gut.
Der Deutsche will zur Urne gehen,
So wie man das Gewohnte tut.
Wer hofft, daß es noch anders würde,
Der täuscht sich hier, wie überall.
Die Schafe suchen ihre Hürde,
Das Rindvieh suchet seinen Stall.
(Ludwig Thoma, Resignation, aus: So war’s einmal, in: Ausgewählte Gedichte, Online-Quelle)
Trost
Alle, die tot auf dem Schlachtfeld liegen,
Hatten ein Leben nur zu verlieren,
Und doch ist es stets wieder ein Vergnügen,
Europas Grenzen zu korrigieren.
Der Diplomat brummt verächtlich: Ach!
Die Menschen? Die wachsen schnell wieder nach.
(Frank Wedekind, Trost, Text für die „Elf Scharfrichter“ (Wikipedia), 1901/02, Online-Quelle)
Quelle: Pixabay
Zur Erheiterung (oder auch nicht) in stürmischen Zeiten.
Wie immer, kommt gut in und durch die neue Woche!
Und sie dreht sich immer weiter und es ändert sich nichts – ! Tolle Auswahl an Gedichten und was das Bild anbelangt: Ich hätte dem Meinigen die zartgrau Gepunktete ausgesucht, er hätte die blau-rot Gestreifte haben wollen – wer wohl seinen Willen durchgesetzt hat? -:))
Lieber Pladderregengruß vom Dach von mir und dem heute sehr fußstreichelbedürftigem Kater, Karin
LikeGefällt 4 Personen
Ich finde die „Kulturstricke“ alle relativ furchtbar, aber ich musste so lachen, als ich das Bild sah 😁
Und, wer hätte gewonnen? 😉
Mein Fellträger stellt sich auf den Frühling um und ändert seine Rausgehzeiten. Nachts ist es anstrengend.
Regengrüße auch von hier 😁☁️☕🥐👍
LikeGefällt 3 Personen
Mein Mann mußte ja immer eine Krawatte tragen (Bankendresscode) und mir hat es auch Spaß gemacht, sie auszusuchen – er gehörte, egal um welche Kleidungsstücke es sich handelte, zu den Kaufmuffeln und war eine Strapaze für Verkäufer und mich – wehe die Hose paßte nicht beim ersten Anprobieren -:)) deswegen habe ich fast immer gesiegt.
Ich mag gut angezogene Männer – auch sportlich kann man(n) gut angezogen sein. Selbst in Shorts mit Slippern, natürlich ohne Socken, sehen manche schlanken Männer hinreißend aus -:))
Wenn ich mir so unsere Politiker in ihrem Dschungelcamp ansehe – da wendet sich der Blick mit Grausen. Die lustigsten Krawatten trägt für mich Christian Sievers vom ZDF – die passen immer zu seinem schelmischen Gesicht.
LikeGefällt 5 Personen
Ich kenne solche Männer 😀 Und ja, natürlich sehen Männer auch jenseits so eines Dresscodes gut aus, unbedingt!
Und was Politiker angeht: Bei den meisten habe ich keine Lust, genauer hinzusehen … 😉
LikeGefällt 5 Personen
🙂
LikeGefällt 1 Person
Bitterböse, wahre Gedichte. Vom 17. bis zum 20. Jahrhundert. Mir fiel noch prompt der Walther von der Vogelweide ein „Ich satz uf eime Steine“ … Leider haben Geld, Ehren und Ethik nicht in einem Herzen Platz. (Es ist das einzige mittelalterliche Gedicht, das ich auswendig weiß).
Ich saz ûf eime steine
und dahte bein mit beine:
dar ûf satzt ich den ellenbogen:
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer welte solte leben:
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
der keines niht verdurbe.
diu zwei sint êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot:
daz dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn.
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze:
fride unde reht sint sêre wunt.
diu driu enhabent geleites niht, diu
zwei enwerden ê gesunt.
LikeGefällt 4 Personen
„Doch mag es leider nimmer sein,
dass Gottes Gnade kehre
mit Reichtum und mit Ehre
zusammen ein ins gleiche Herz.“
Lange nicht mehr dran gedacht, liebe Gerda, vielen Dank dafür! Ich hänge noch den Wikipedia-Artikel mit der hochdeutschen Übertragung an, für die, die wie ich im Mittelhochdeutschen nicht so ganz sattelfest sind.
https://de.wikipedia.org/wiki/Reichston
Ja, bitterböse. Wir hatten gestern Landtagswahlen hier, allgemein „droht“ ein Wahljahr, es ging mir beim Überlegen der Gedichte gestern nicht aus dem Kopf, auch wenn ich im Norden nicht dran war mit der Bürgerpflicht … 🤔
Noch mal Morgenkaffeegrüße! 😁☁️☕🥐👍
LikeGefällt 4 Personen
Guten Morgen, liebe Christiane, ich hab gestern auch meine Pflicht getan, klar. Weniger Wahlbeteiligung insgesamt, die Schwarzen und Blauen haben eins auf die Mütze gekriegt, die Grünen vorne, die Roten nun ja und die Gelben ein Plus. Und wird sich was ändern?
Liebe Grüße
Ulli
Ach so, Herzensdank für deine Auswahl, die wieder sehr gelungen ist, dieses Mal habe ich keinen Favoriten, jedes spricht für sich.
Es hat geschneit. 😪
LikeGefällt 3 Personen
Sag du es mir: Wird sich was ändern? Du hast die Gedichte gelesen, du kennst meine Meinung. Interessant fand ich, dass die Gedichte so alt sind, der Logau von 16**, und scheinbar war es nie anders … 🤔
Bei uns ist kein Schnee, aber wir sind ja auch die Tiefebene …
Herzliche Morgenkaffeegrüße zurück! 😁🌥️☕🥐👍
LikeGefällt 3 Personen
„Wer hofft, daß es noch anders würde,
Der täuscht sich hier, wie überall.
Die Schafe suchen ihre Hürde,
Das Rindvieh suchet seinen Stall.“
Ich pendel zwischen diesen Zeilen und meinem Glauben an langsame Veränderungen.
Nun haben hier ja die Grünen haushoch gewonnen, aber wir wissen, dass die Grünen bürgerlich bis stockkonservativ sind, im Ländle tummeln sich die sogenannten „Grün-Alternativen“ und Walldörfler:innen – beide haben nicht grundsätzlich meine Sympathie. Es muss noch viel passieren, damit ich an eine wirkliche Veränderung glauben kann.
Aber ich freue mich natürlich, dass Frau Eisenmann so richtig eins auf den Hut bekommen hat 😉 und die Blauen unter 10% gerutscht sind, ich sähe sie natürlich lieber unter 5%.
LikeGefällt 1 Person
„Und eine Wahrheit fest wie diese
Ist, daß man immer Schwarze wählt.“
Solange es nicht die Blauen sind … eben. Es gibt keinen Grund, sich auszuruhen.
LikeGefällt 1 Person
Sehe ich genauso. 🙂
LikeGefällt 1 Person
😁👍
LikeGefällt 1 Person
Puh, nicht so sehr erbaulich, weil es einen hoffnungslos macht.
LikeGefällt 3 Personen
Was ist an Politik schon erbaulich? 😉
„Das Gedicht ist nicht der Ort, wo der Engel geschont wird.“ (Christoph Meckel, komplettes Gedicht hier)
Schön, natürlich widersprechen die meisten meiner Montagsgedichte dieser Aussage, aber wie du selbst am besten weißt, sind Gedichte nicht nur Tralala 😉
Mittagskaffeegrüße! 😀
LikeGefällt 2 Personen
Gut, das hier von dir zu lesen, dass Gedcihte nicht nur Tralala sind. Auch in Bezug auf meine heutige Etüde, da eier ich ja innerlich immer noch herum, ob ich sie nicht lieber in der Schublade gelassen hätte.
LikeGefällt 1 Person
Nein, warum? Okay, wenn sie Wunden aufreißt, verstehe ich das natürlich, aber was daran ist verkehrt?
Die Auswahl meiner Gedichte ist dem Urheberrecht geschuldet, und, ich gebe es zu, einer gewissen Kürze. 3 x die Länge wie Thoma liest keiner mehr. Und es ist auch eine Zeitfrage: Mir fehlt oft die Zeit, noch tiefer bei den jeweiligen Dichtern einzusteigen, da ist es leichter, bei Herz, Schmerz, Liebe, Tod und den Jahreszeiten zu bleiben – was ja nicht heißt, dass ich die Gedichte schlecht finde.
LikeGefällt 1 Person
Es ist eben nichts daran verkehrt. Du weisst, dass ich eh keine „Schaumschlägerin“ bin, es geht mehr darum mich auch mit solchen Texten zuzumuten.
LikeGefällt 1 Person
Okay, die Sache mit der Komfortzone? Über die gerate ich auch manchmal hinaus und bin verunsichert.
LikeGefällt 1 Person
Ich schlage mich gerade auch noch mit einer anderen Idee herum, da geht es darum welche Bilder kann ich über den Blog hinaus zum Verkauf anbieten und welche nicht. Manche brauchen den Serienzusammenhang, andere sind eben so gar nicht gefällig und damit wahrscheinlich auch nicht gerade käuferlockend. Genau Verunsicherung gerade auf der ganzen Linie. Wird schon wieder …
Dir noch einen schönen Tag, liebe Christiane,
Ulli
LikeGefällt 1 Person
Danke, dir auch! 😁🌧️☕🍪👍
LikeGefällt 1 Person
War doch gut so, liebe Ulli!
LikeGefällt 2 Personen
Dass die „heutige Welt-Kunst“ im 17. Jahrhundert schon die gleiche war wie heute ! Menschen an sich haben sich ja auch nicht verändert ….
LikeGefällt 2 Personen
Ich habe extra für dich ein altes Gedicht rausgesucht 😉 Zwei eigentlich, der Heine ist auch etwa 100 Jahre älter als sonst bei mir üblich.
Ja, die Barockdichter waren teilweise auch ziemlich krass. Kein Wunder, Dreißigjähriger Krieg etc. Und Logau hat eigentlich fast nur den erlebt …
Interessant finde ich, dass wir das Gefühl haben, dass es auf uns heute passt. Was sagt das über uns, wo doch unsere materiellen Verhältnisse bestimmt nicht vergleichbar sind? 🤔
LikeGefällt 1 Person
Oh, das ist lieb von dir. Nicht dass ich von deutscher Lyrik des 17. Jahrhunderts viel Ahnung hätte, aber an allem, was mir untergekommen ist, mag ich sehr, dass sie so „erdig“ und illusionslos ist. Ja, und den Heine mag ich aus demselben Grund. Danke ❤
LikeGefällt 2 Personen
Also, bei Heine und „erdig“ und „illusionslos“ gehe ich nicht mit, vor allem nicht im Vergleich mit dem Barock. Heine war ein klarsichtiger Spötter … 🤔
LikeGefällt 3 Personen
„erdig“ ist auch der falsche Ausdruck. Ich meine das Gegenteil von romantisch-schwärmerisch
LikeGefällt 2 Personen
Versteh schon, gerade im Bezug zum Barock … 🤔😉👍
LikeGefällt 2 Personen
Es stellt sich die interessante Frage, ob ein Spötter ein geborener Pragmatiker und Realist ist oder ein enttäuschter Idealist …
LikeGefällt 3 Personen
Geht beides, denke ich, und das ist ein bisschen die Frage nach dem halb vollen Glas – kommt drauf an, von wo du es siehst, und das wiederum ist sehr individuell.
LikeGefällt 2 Personen
Das erste mag ich so unsagbar sehr in der gesungenen Version …
LikeGefällt 1 Person
Du, das kenne ich gar nicht *schäm*. Hättest du vielleicht einen Link für mich? 🤔😉👍
LikeLike
Den hatte ich in den Kommentar gepackt und er tauchte nicht auf. Aber gerne (vielleicht klappt es ja „nackt“):
LikeGefällt 2 Personen
(Ich versteh es nicht …)
LikeGefällt 1 Person
Bei mir ist ein leerer Kommentar angekommen, daher habe ich ihn gelöscht. Aber jetzt ist der Link ja da.
LikeGefällt 2 Personen
Ja, siehst du ja hoffentlich. Läuft gerade bei mir. Danke dir.
Ach, Subway to Sally! Jetzt kann ich die Stimme zuordnen. Danke doppelt! 😁👍
LikeGefällt 1 Person
Jup. Ich finde auch die textlichen Ergänzungen gut gelungen.
LikeGefällt 1 Person
Ja, ich auch. Habs mir vorgemerkt für später noch mal intensiver und länger hören.
Danke noch mal.
LikeGefällt 1 Person
Ganz wundervoll vertont!
LikeGefällt 1 Person
Und wie meine Vorschreiber schon sagten: Es ändert sich wenig und der Mensch bleibt sich doch sehr treu über die Jahrhunderte… tja, so isses, aber das ist kein Grund, aufzugeben! Vielleicht hat ja jeder Politiker mindestens ein bis zwei gute Jahre, in denen er ein oder zwei gute Dinge auf den Weg bringt, seien sie auch noch so klein, und vielleicht bekommen wir nichts davon mit und trotzdem müssen Zusatzstoffe in Lebensmitteln jetzt erwähnt werden oder man darf Widerspruch einlegen bei irgendetwas, bei dem man früher einfach enteignet worden wäre… das Glas ist halb voll!
LikeGefällt 3 Personen
Ach so, und gefallen haben wir alle, aber das erste am besten, weil es am meisten Jahre auf dem Buckel hat und immer noch gilt. 🙂
LikeGefällt 2 Personen
Dann schau mal unten bei dem Kommentar von Emil, und hör mal in die Vertonung rein, wenn du was für Mittelalterbands übrig hast, wirst du es mögen 😉
LikeGefällt 2 Personen
Das klingt interessant… ich müsste es ein paarmal öfter hören, um zu entscheiden, ob ich es mag. 🙂 Zu müde heute dafür…
LikeGefällt 1 Person
Ich bin weitergezogen zu YT und war sehr angetan. 😁
LikeLike
Ja, das Glas ist halb voll, daran halte ich eigensinnig fest. Und wir jammern oft auf hohem Niveau.
Trotzdem. 😉
Abendgrüße 😁🍷🍪👍
LikeGefällt 2 Personen
Ok, das „trotzdem“ ist wohl wahr…
Liebe Abendgrüße (und müde) zurück… 🙂
LikeGefällt 1 Person
Ich auch. Montag. 😉
LikeGefällt 1 Person
Ach, wie gut sind alle von Dir ausgesuchten Gedichte und eines als bestes zu küren, geht eigentlich nicht.
Doch mag ich den Trost von Wedekind am liebsten.
Er ist kurz und bündig, sagt, was Sache ist und prangert das Menschenverachtende schnörkellos und mit Bitternis an…
Liebe Grüße von Bruni an Dich, liebe Christiane
LikeGefällt 1 Person
So ist das, liebe Bruni. Ich finde es dieses Mal schwer, einen Favoriten zu küren, jeder hat seinen Punkt, wo er recht hat. Und ist es nicht erstaunlich, wie alt und dennoch aktuell der Logau ist? 😉
Herzliche Mittagsgrüße! 😀
LikeGefällt 1 Person
Oh ja, das ist ganz erstaunlich. Die Waffen haben sich verändert, aber die Gründe für Kriege und Zwist sind die gleichen wie sie immer waren und
wie schreibt Herr Wedekind so treffend:
Und doch ist es stets wieder ein Vergnügen,
Europas Grenzen zu korrigieren.
Puuuh
Ganz herzlich, Bruni
LikeGefällt 1 Person
Vergnügen. Eben. Deswegen habe ich es gewählt.
Abendgrüße 😁🍷🍪👍
LikeGefällt 1 Person