Von der Welt und dem Schmerz

Einst kniete ein Mensch vor dir nieder

Einst kniete ein Mensch vor dir nieder.
Aus seinen Augen flogen schwarze klagende Vögel,
Umzogen dich flehend mit ihren Liedern.
Du gingst vorüber.

(Max Dauthendey, Einst kniete ein Mensch vor dir nieder, aus: Reliquien, in: Gesammelte Gedichte und kleinere Versdichtungen, Albert Langen, München 1930, S. 118)

XXIV.

Ich unglücksel’ger Atlas! eine Welt,
Die ganze Welt der Schmerzen muß ich tragen,
Ich trage Unerträgliches, und brechen
Will mir das Herz im Leibe.

Du stolzes Herz! du hast es ja gewollt,
Du wolltest glücklich seyn, unendlich glücklich
Oder unendlich elend, stolzes Herz,
Und jetzo bist du elend.

(Heinrich Heine, Ich unglücksel’ger Atlas, aus: Die Heimkehr, in: Das Buch der Lieder, 1827, Online-Quelle)

Weltflucht

Ich will in das Grenzenlose
Zu mir zurück,
Schon blüht die Herbstzeitlose
Meiner Seele,
Vielleicht ists schon zu spät zurück.
O, ich sterbe unter euch!
Da ihr mich erstickt mit euch.
Fäden möchte ich um mich ziehen
Wirrwarr endend!
Beirrend,
Euch verwirrend,
Zu entfliehn
Meinwärts.

(Else Lasker-Schüler, Weltflucht, aus: Gesammelte Gedichte, 1917, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Wie immer, kommt gut und heil durch die neue Woche! 😉

Nein, das ist nichts Akutes, obwohl ich vermute, dass viele von euch das ebenfalls kennen …

Ich hatte letzte Woche den Heine bei Bernd (hier klicken) entdeckt, der mich sehr angesprungen hat, und fand dann einen Tag später bei Sandra von Siebenthal in ihrem sehr lesenswerten #abcdeslesens einen Text über Else Lasker-Schüler (hier klicken), und in meinem Kopf stellte sich prompt eine Verbindung her. Else Lasker-Schüler ist sowieso sehr speziell, ich dachte, vielleicht mögt ihr sie ja …

 

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54 Kommentare zu “Von der Welt und dem Schmerz

  1. Wieder einmal eine sehr schöne Auswahl, liebe Christiane.
    Übrigens ich habe Deinen Aufruf zu den Etüden schon gesehen, konnte aber leider keine Ideen und spende beisteuern, da ich momentan einiges zu tun habe. Wenigstens laufen die Fristen zum Schreiben noch ein bisschen länger.
    Liebe Grüße Monika

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    • Ich hoffe, dass du Zeit für eine Adventüde findest, liebe Monika. Ist ja gerade erst losgegangen, und ich werde noch ein paar Mal darauf hinweisen 😉
      Komm gut in die neue Woche! 😁👍
      Morgenkaffeegrüße 😁🌤️🌼🌳☕🍪👍

      Gefällt 1 Person

  2. Jaaa, ich mag Lasker-Schüler und das Gedicht von Dauthendey ist einfach genial😍
    Morgenkaffeegrüße (erwähnte ich, dass ich am Samstag für 1 Tag in HH war😚 sooooo schön, jetzt schon wieder zurück) ☕🌞🐈‍⬛🐈🐕

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    • Schön, oder? Freut mich. 😁👍
      Hamburg: Habt ihr euch denn was angeschaut oder wart ihr zu einem bestimmten Zweck hier? 😉
      Früher oder später kriegen wir sie alle 🌳⛵🏙️🦢🌞👍
      Morgenkaffeegrüße 😁🌤️🌼🌳☕🍪👍

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  3. „in das Grenzenlose zu mir“ – ja freilich, im Außen gibt es diese elenden Grenzen. Das müssen wir erfahren, wenn wir aus den kleinkindlichen Allmachtsfantasien in die Wirklichkeit hinausgestoßen werden. Wieso ist da ein Bauch, der wehtut? Warum kommt Mama nicht, wenn ich sie haben will, und geht, wenn sie überflüssig ist? Derlei. Später dann dieselben Ärgernisse mit den Liebhabern, Amtspersonen oder Platzanweisern im Kino. Das Äußere will sich einfach nicht meiner magischen Weltsicht fügen.

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    • Ich lächle ein wenig über den Vergleich, aber ich finde trotzdem, du wirst ihr nicht gerecht, wenn du ihr Leiden auf „kleinkindliche Allmachtsfantasien“ herunterbrichst. Wobei sie mit Sicherheit exzentrisch war. Und sehr unglücklich. 🤔
      Abendgrüße 😁🌥️✨🍷🥨🧀👍

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  4. Max Dauthendeys Worte berühren mich sehr, ebenso
    Heines Atlas, der sich selbst anklagt und dann Else Lasker-Schülers Weltflucht, die sich zuürckziehen möchte in sich selbst, in ihr Grenzenloses, während schon die Herbstzeitlosen blühen. Endzeitstimmung…
    Du hast sie schon total richtig beschrieben, exzentrisch und unglücklich mit sich selbst.
    Da gibt es kein Bestes, denn jedes ist in seiner Art ganz besonders und einfach wunder voll.

    Liebe Grüße zur Nacht von Bruni an Dich, liebe Christiane

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