Von Träumen

Seelen

Du weisst, wir bleiben einsam: du und ich,
Wie Stämme, tief in Gold und Blau getaucht,
Mit freien Kronen, die der Seewind streift;
So nah, doch ganz gesondert, ewig zwei.
Und zwischen beiden webt ein feines Licht
Und Silberduft, der in den Zweigen spielt,
Und dunkel rauscht die Sehnsucht her und hin.

(Paul Wertheimer, Seelen, aus: Neue Gedichte, 1904, Online-Quelle)

Terzinen III

Wir sind aus solchem Zeug, wie das zu Träumen,
Und Träume schlagen so die Augen auf
Wie kleine Kinder unter Kirschenbäumen,

Aus deren Krone den blaßgoldnen Lauf
Der Vollmond anhebt durch die große Nacht.
… Nicht anders tauchen unsre Träume auf,

Sind da und leben wie ein Kind, das lacht,
Nicht minder groß im Auf- und Niederschweben
Als Vollmond, aus Baumkronen aufgewacht,

Das Innerste ist offen ihrem Weben;
Wie Geisterhände in versperrtem Raum
Sind sie in uns und haben immer Leben.

Und drei sind Eins: ein Mensch, ein Ding, ein Traum.

(Hugo von Hofmannsthal, Terzinen über Vergänglichkeit III, aus: Die Gedichte (Ausgabe 1924), 1895, Online-Quelle)

Nachts in der träumenden Stille

Nachts in der träumenden Stille
Kommen Gedanken gegangen,
Nachts in der träumenden Stille
Atmet, zittert ein Bangen,
Nachts in der träumenden Stille,
Ratlose quälende Fragen.
Weit über alles Sagen
Kommen Gedanken gegangen,
Atmet, zittert ein Bangen
Nachts in der träumenden Stille.

(Gustav Falke, Nachts in der träumenden Stille, aus: Tanz und Andacht. Gedichte, 1893, Online-Quelle)

Wünschelrute

Schläft ein Lied in allen Dingen,
Die da träumen fort und fort,
Und die Welt hebt an zu singen,
Triffst du nur das Zauberwort.

(Joseph von Eichendorff, Wünschelrute, erschienen 1838 im Deutschen Musenalmanach, aus: Gesammelte Werke. Band 1: Gedichte, Nachlese, Die Feier, 1962, Artikel Wikipedia, Online-Quelle)


Mond auf der Leitung – 365tageasatzaday

Quelle: ichmeinerselbst, schon ziemlich lange her

Das, ihr Lieben, ist eine Ansammlung von Lieblingsgedichten, aus keinem anderen Grund als dem Jahresanfang. Ja, das eine oder andere könnte euch bekannt vorkommen, wenn ihr hier schon länger lest.

Ich habe Anfang Dezember bei so einem (englischsprachigen) Suchbild-Orakel mitgemacht (auf Twitter bei Ulli) (Die ersten vier Worte, du liest, werden dein Mantra für dein neues Jahr sein). Ihr kennt die, so eine wirre Ansammlung von Buchstaben, wo sich Wörter herauskristallisieren, wenn man länger hinschaut? Ich fand es passend, dass es ein englisches Suchbild war, weil mein Kopf dann anders tickt. Hier ist das Ergebnis: connection, strength, purpose, creation. Spontan nicht das, was ich erwartet und/oder typisch für mich gefunden hätte, aber ich fand es gerade deswegen sehr interessant. Nun denn.

Ich hoffe, ihr seid fröhlich ins neue Jahr gerutscht und kommt gut in und durch die erste Woche! 😉

 

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42 Kommentare zu “Von Träumen

  1. Das Foto ist unglaublich toll.🤩
    Ich mag besonders Gustav Falkes Gedicht. Es war mir bisher unbekannt.
    Diese Ansammlung von Buchstaben kenne ich nicht. Jetzt bin ich neugierig, wo findet man das? Liebe Mittagsgrüsse an Dich,
    B.

    Gefällt 1 Person

      • Du erwähntest ein Suchbild Orakel im Text.
        Und gute Besserung, liebe Christiane 🍀 Ich hatte das oder ähnliches vor ein paar Wochen. Ich glaub, ich weiß, wie Du Dich fühlst. Bleib möglichst im Bett 😻

        Gefällt 1 Person

      • Oh, ich habe auf dem Schlauch gestanden 🤕
        Das war auf Twitter bei Ulli Gau, wenn ich mich recht erinnere.
        Danke für die guten Wünsche: Ich habe vor, im Bett zu bleiben. Dumm ist, dass ich Termine (Arbeit) habe, und schauen muss, wie es damit weitergeht.
        🤒🤕😷🛋️🍵

        Gefällt 1 Person

  2. Das erste von Paul Wertheimer kenne ich ganz gewiß… sooo schön! Und die anderen mag ich auch alle. Die ersten Gedichte des Jahres! 🙂
    Und dir wünsche ich gute Besserung – auch du nun… es grassiert aber wirklich gerade! Abendgrüße! 😊🥛🎄

    Gefällt 1 Person

    • Wertheimer habe ich nicht zum ersten Mal zitiert, von daher kannst du ihn sogar von mir kennen.
      Ich habe mich wohl bei einer Freundin angesteckt, die über Silvester in der Stadt war. Wir sind zu dritt frisch infiziert. Tja.
      Abendgrüße zurück 😏🤒🤕🛋️🍵📖

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  3. Schläft ein Lied in allen Dingen
    von Eichendorff ist mir natürlich sehr bekannt und vielen anderen sicherlich auch.
    Ich mag es, aber noch mehr mag ich im Moment Gustav Falkes
    *Nachts in der träumenden Stille*.
    Es ist ganz einfach w u n d e r b a r
    Zeile für Zeile !

    Liebe Grüße von Bruni an Dich

    Gefällt 2 Personen

  4. Menno, dein neues Jahr fängt ja nicht gut an. Aber, es kann nur besser werden.
    Schnelle Genesung und komm bald wieder auf die Beine. Ich hoffe, der Fellträger kümmert sich ein wenig um dich?

    Alles Liebe (und auch für den Rest des neuen Jahres) wünscht
    Anna-Lena

    Gefällt 2 Personen

    • Der Fellträger bewacht mich, ja 🧡🧡🧡 Ich sehe einem Tag auf der Couch entgegen. Immerhin bin ich schon auf die Idee gekommen, dass ich heute unbedingt etwas essen muss – gestern war das nicht drin.
      Morgenkaffeegrüße 🤒🤕☕🛋️

      Gefällt 3 Personen

  5. Liebe Christiane, wie wunderschön, wie dahingehaucht. und mich spricht heute besonders TerzinenIII an wie wunderwunderschön. Eine besondere Auswahl. Danke Dir!
    Und die allerherzlichsten Genesungswünsche! Gute Besserung! LG Doro

    Gefällt 1 Person

    • Das freut mich sehr, liebe Doro, denn es sind alles Lieblingsgedichte, und ja, es ist eine besondere Auswahl.
      Danke für die guten Wünsche, ich tue, was ich kann. 🤒🤕
      Abendgrüße 🤧🛋️🥛🍜

      Like

  6. Das Wertheimer-Gedicht habe ich gleich geklaut und in mein Welttheater eingebaut (Dialog des Paars, mit link zu dir). Du wirst es mit deinem fibrigen Kopp kaum bemerkt haben. Ich kannte das Gedicht von früher her, als du es schon mal brachtest, und mag es sehr.
    Aber auch die anderen, alle. Und den Mond. Nur dass du Grippe hast, mag ich nicht. Gute Besserung, liebe Christiane!
    Und nun habe ich Lust, dir auch den Eichendorff zu klauen….

    Gefällt 1 Person

    • Liebe Gerda, dein Link hat nicht gepingt, und es stimmt, ich habe mit meinem fiebrigen Kopf nicht besonders aufmerksam gelesen. Ich gelobe Besserung, spätestens wenn ich wieder auf dem Damm bin. Bedien dich gerne bei den Gedichten, ich freue mich!
      Und die Grippe … geht auch wieder weg, hoffentlich bald. Danke dir!
      Abendgrüße 🤒🤕🛋️🥛

      Gefällt 1 Person

  7. Pingback: Welttheater, 3. Szene. Das Zauberwort. | GERDA KAZAKOU

  8. hallöchen, ich bin über ecken hier gelandet und hängen geblieben 🙂 das mit den 4 worten kenne ich auch, meine sind heuer Love, Selfcare, Power und Creation – auch ganz hübsch eigentlich. das mondbild ist übrigens ganz wunderbar.
    alles liebe aus wien!

    Gefällt 1 Person

    • Hallo Sophie, stimmt, wir bewegen uns zumindest teilweise im gleichen Bloggerdorf, wie ich gerade bei den Kommentaren bei dir gesehen habe. 😉
      Schön, dass du meinen ruhenden Mond magst!
      Abendgrüße aus dem verregneten Hamburg 🌧️🍵🍪

      Gefällt 1 Person

  9. Pingback: Welttheater: Wie es begann und erste Zwischenbilanz | GERDA KAZAKOU

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