Sie wog den kaputten Christbaumständer in ihren Händen und war wieder mal kurz vor der Verzweiflung. Tja, dieses Jahr war noch mehr zerbrochen als die Hoffnung auf eine Zweisamkeit, aus der vielleicht etwas Dauerhaftes hätte werden können; in diesen Tagen vermisste sie ihre Oma besonders, die sie immer dazu angehalten hatte, während der Rauhnächte keine Wäsche zu waschen, weil sich darin die Percht bei ihrer wilden Jagd verfangen würde, und das brächte ganz sicher Unglück. Ihr Einwand, dass sie ihre Wäsche nie über Nacht draußen ließe, hatte die alte Dame nicht interessiert. Ebenso wie den Mann, dessen Namen sie nicht mal denken wollte, weil es viel zu weh tat, ihre Zukunftswünsche. Immerhin musste sie jetzt nie wieder diesen fürchterlich schmeckenden Karpfen zubereiten, den beide so geschätzt hatten, was aber auch fast das Einzige gewesen war, worin sie sich einig gewesen waren. Egal, morgen begann das neue Jahr, und die falsche Weihnachtsseligkeit würde sie gleich mit allem anderen Seelenmüll entsorgen.
Als ihr Telefon kurz darauf klingelte, schien es ihr, als bestätigte sie das Schicksal: Eine erkrankte Freundin bot ihr Karten für eine große Silvesterparty an. Alles ist besser, als allein in den Sekt zu heulen, dachte sie, und nahm kurz entschlossen an. Würde sie ihre Wunderkerzen eben allein unter Fremden zu hoffentlich guter Musik schwenken. Sie atmete tief durch und beschloss, sich auf das Leben zu verlassen.
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Für die Weihnachts-/Neujahrsetüden, Wochen 52.17 + 01.18: (mindestens) 3 Wörter, maximal 10 Sätze. Meine Wörter stammen dieses Mal aus der Weihnachts-/Neujahrsetüden-Wörterliste und lauten: Christbaumständer, Karpfen, Rauhnächte, Wunderkerze.
Diese Etüde wollte heute noch unbedingt geschrieben und veröffentlicht werden, ziemlich außerplanmäßig, wie das manchmal so ist.
Dazu gibts bei mir David Gilmour – Live at Pompeji (bald schauen, Mediathek)
Also, wem ich es noch nicht gewünscht habe: Kommt gut rüber, schönes neues Jahr, wir lesen uns!