Vom Lob der Kartoffel

Kartoffellied

Pasteten hin, Pasteten her,
Was kümmern uns Pasteten?
Die Kumme hier ist auch nicht leer,
Und schmeckt so gut, als bonne chère
Von Fröschen und von Kröten.

Und viel Pastet und Leckerbrot
Verdirbt nur Blut und Magen.
Die Köche kochen lauter Not,
Sie kochen uns viel eher tot;
Ihr Herren laßt euch sagen!

Schön rötlich die Kartoffeln sind
Und weiß wie Alabaster!
Sie däun sich lieblich und geschwind
Und sind für Mann und Frau und Kind
Ein rechtes Magenpflaster.

(Matthias Claudius, Kartoffellied, in: Paul Erdmanns Fest, aus: ASMUS omnia sua SECUM portans oder Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen, Vierter Theil, 1774, Online-Quelle (Text), Online-Quelle (im Kontext))

Die Kartoffel

Es ist für uns Materielle
Nur eine Kartoffel die Welt,
Von der der Weise die Pelle
Fürsorglich herunter schält.

Denn eine von unsern Devisen
Ist die: Kartoffel und Welt,
Sind beide nicht zu genießen,
Wenn man sie nicht richtig quellt.

Der idealistische Stoffel,
Der alles für herrlich hält,
Verzehrt die ganze Kartoffel
Natürlich unabgepellt.

Doch liegt sie ihm dann im Magen,
So jammert er und erzählt,
Wie schwer für ihn zu ertragen
Oft diese so „rohe“ Welt!

Wir aber genießen behaglich
Die Süße, die sie enthält –
Die beste Kartoffel, unfraglich,
Ist – richtig genossen – die Welt.

(A. de Nora (Anton Alfred Noder), Die Kartoffel, aus: Ruhloses Herz, 1908, Online-Quelle)

Abschiedsworte an Pellka

Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde,
Du Ungleichrunde,
Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte,
Du Vielgequälte,
Du Gipfel meines Entzückens.
Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens
Mit der Gabel! – – Sei stark!
Ich will auch Butter und Salz und Quark
Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen.
Mußt nicht so ängstlich dampfen.
Ich möchte dich doch noch einmal erfreun.
Soll ich Schnittlauch über dich streun?
Oder ist dir nach Hering zumut?

Du bist ein so rührend junges Blut. –
Deshalb schmeckst du besonders gut.
Wenn das auch egoistisch klingt,
So tröste dich damit, du wundervolle
Pellka, daß du eine Edelknolle
Warst, und daß dich ein Kenner verschlingt.

(Joachim Ringelnatz, Abschiedsworte an Pellka, aus: Gedichte, Gedichte von Einstmals und Heute, 1934, Online-Quelle)

Altes Lied

Es war einmal ein Bäcker,
Der prunkte mit einem Wanst,
Wie du ihn kühner und kecker
Dir schwerlich träumen kannst.

Er hat zum Weibe genommen
Ein würdiges Gegenstück;
Sie konnten zusammen nicht kommen,
Sie waren viel zu dick.

(Frank Wedekind, Altes Lied, aus: Die vier Jahreszeiten, 1905, Online-Quelle)



Quelle: Pixabay

Fastenzeit, ja? Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber den einen oder die andere von euch wird man doch bestimmt damit hinter dem Ofen vorlocken können, oder? Tatsächlich ist Claudius’ bekanntes Kartoffellied offen politisch, daher habe ich euch einmal den puren Text und einmal im Kontext verlinkt. Nora und Ringelnatz sprechen mit einem Augenzwinkern für sich, und den Wedekind konnte ich mir nicht verkneifen, nachdem ich ihn gefunden hatte …

Kommt gut und heiter und gesund in und durch eure neue Woche! 😉

 

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Von Gesang und Müdigkeit

Ich bin sehr müde

Mein Fenster lehnt sich weit in den Abend hinaus,
Die Wolken stehen über den Dächern, ein Blumenstrauß,
Die Luft streichelt mich und ist sanft und voll großer Güte.
Ich aber halte die Hände gefaltet, denn ich bin müde,
Und höre verwundert auf das beschwingte Schreiten
Der Menschen, die auf der Straße vorübergleiten,
So sehr sind ihnen heute die Glieder leicht.
Nur ich liege, schwergebettet in meine Müde.
Manchmal höre ich einen Schritt, der Deinem gleicht,
Dann bin ich, Geliebter, wie die Musik der Schritte leicht
Und wie die Wolken über den Dächern silberne Blüte.

(Maria Luise Weissmann, Ich bin sehr müde, aus: Das frühe Fest, 1922, Online-Quelle)

Altes Lied.

Alter Text und alte Weise –
Wie das durch mein Leben zog,
Und so wehmuthsvoll und leise
Mir den Himmel nieder log.
Fast vergessen pocht es wieder
An das eingewiegte Herz,
Und der erste Ton ist wieder,
So wie einst, ein leiser Schmerz.

(Ada Christen, Altes Lied, aus: Aus der Asche. Neue Gedichte, 1870, Online-Quelle)

Das Meer singt

Singe das Leben
Trunken und weit.
Rausche euch allen
Unendlichkeit.

Singe die Liebe
Grausam und groß.
Breit über alles
Mein Namenlos.

Gott tönt aus mir.
Dunkel und Glut.
Alles ist tödlich
Und alles ist gut.

(Francisca Stoecklin, Das Meer singt, aus: Die singende Muschel, 1925, Online-Quelle)

 

Quelle: Pixabay

 

Wie immer: Kommt gut und heiter in und durch die neue Woche!