Schöpfungslieder
II.
Und der Gott sprach zu dem Teufel:
Ich der Herr kopier’ mich selber,
Nach der Sonne mach’ ich Sterne,
Nach den Ochsen mach’ ich Kälber,
Nach den Löwen mit den Tatzen
Mach’ ich kleine liebe Katzen,
Nach den Menschen mach’ ich Affen;
Aber du kannst gar nichts schaffen.
III.
Ich hab’ mir zu Ruhm und Preiß erschaffen
Die Menschen, Löwen, Ochsen, Sonne;
Doch Sterne, Kälber, Katzen, Affen,
Erschuf ich zu meiner eigenen Wonne.
(Heinrich Heine, Schöpfungslieder, in: Verschiedene, aus: Neue Gedichte, 1844, Online-Quelle)
Welch ein eignes Reich ist doch
Welch ein eignes Reich ist doch
Das der Liebe! seine Wunder
Werden nimmer ausgesagt.
Nicht befremdlich ist es uns,
Wenn gefürchtet starke Löwen
Schüchterne Gazellen jagen;
Die Gazelle deines Auges
Macht jedoch auf Löwen Jagd.
(Georg Friedrich Daumer, Welch ein eignes Reich ist doch, aus: Hafis. Eine Sammlung persischer Gedichte, 1846, Online-Quelle)
Der Handschuh.
Erzählung.
Vor seinem Löwengarten,
Das Kampfspiel zu erwarten,
Saß König Franz,
Und um ihn die Großen der Krone,
Und rings auf hohem Balkone
Die Damen in schönem Kranz.
Und wie er winkt mit dem Finger,
Aufthut sich der weite Zwinger,
Und hinein mit bedächtigem Schritt
Ein Löwe tritt,
Und sieht sich stumm
Rings um,
Mit langem Gähnen,
Und schüttelt die Mähnen,
Und streckt die Glieder,
Und legt sich nieder.
Und der König winkt wieder,
Da öfnet sich behend
Ein zweites Thor,
Daraus rennt
Mit wildem Sprunge
Ein Tiger hervor,
Wie der den Löwen erschaut
Brüllt er laut,
Schlägt mit dem Schweif
Einen furchtbaren Reif,
Und recket die Zunge,
Und im Kreise scheu
Umgeht er den Leu
Grimmig schnurrend,
Drauf streckt er sich murrend
Zur Seite nieder.
Und der König winkt wieder,
Da speit das doppelt geöfnete Haus
Zwey Leoparden auf einmal aus,
Die stürzen mit muthiger Kampfbegier
Auf das Tigerthier,
Das pakt sie mit seinen grimmigen Tatzen,
Und der Leu mit Gebrüll
Richtet sich auf, da wirds still,
Und herum im Kreis,
Von Mordsucht heiß,
Lagern sich die greulichen Katzen.
Da fällt von des Altans Rand
Ein Handschuh von schöner Hand
Zwischen den Tiger und den Leu’n
Mitten hinein.
Und zu Ritter Delorges spottender Weis’
Wendet sich Fräulein Kunigund:
»Herr Ritter ist eure Lieb so heiß
Wie ihr mirs schwört zu jeder Stund,
Ey so hebt mir den Handschuh auf.«
Und der Ritter in schnellem Lauf
Steigt hinab in den furchtbarn Zwinger
Mit festem Schritte,
Und aus der Ungeheuer Mitte
Nimmt er den Handschuh mit keckem Finger.
Und mit Erstaunen und mit Grauen
Sehens die Ritter und Edelfrauen,
Und gelassen bringt er den Handschuh zurück,
Da schallt ihm sein Lob aus jedem Munde,
Aber mit zärtlichem Liebesblick –
Er verheißt ihm sein nahes Glück –
Empfängt ihn Fräulein Kunigunde.
Und der Ritter sich tief verbeugend, spricht:
Den Dank, Dame, begehr ich nicht,
Und verläßt sie zur selben Stunde.
(Friedrich Schiller, Der Handschuh, in: Musen-Almanach für das Jahr 1798, 1797, Wikipedia, Online-Quelle)
Quelle: Pixabay
Und? Was haltet ihr ab und an von einer Ballade, vor allem von so einem Klassiker? Mir sind sie meist zu lang, um sie zu posten, aber viele mag ich sehr …
Wie immer: Kommt gut und sanft in und durch die neue Woche!
Eingetroffene Adventüden (inklusive meiner eigenen): 15. Großartig, herzlichen Dank! Ihr anderen: Noch vier Wochen Zeit 🙂