Ein König schreitet aufrecht über das Land, in seiner Hand ein Schwert, stumpf und matt.
Ein Kranich fliegt auf und die Blätter am Waldboden, die noch nicht vom feuchten Novembernebel getränkt sind, rascheln bei jedem Schritt.
Später im Jahr wird es schneien und Eisregen wird die Welt verwandeln. Doch noch verbirgt sich der Winter hinter hohem Nebel und fahler Sonne und am Wegesrand jubeln Kinder dem König zu.
Ein Drache thront am Ende der Welt auf dem höchsten Gipfel und wacht über den Tod. Der König ist gekommen, um ihn zu besiegen.
Langsam und stetig geht der König seinen Weg, der ihn ins Gebirge führt. Die jubelnden Kinder bleiben zurück.
Im Tal hört man schon bald das Brüllen des Drachen und das Schlagen des Schwertes. Blitze jagen zwischen Berggipfeln umher. Doch kein Sturz des Drachen aus endlosen Höhen.
Die Zeit vergeht. Der Winter kommt und der Frühling und schließlich der Sommer. Die Kinder sind längst wieder zu Hause, des Jubelns und auch des Kampfes überdrüssig. Auch der nächste Herbst und Winter verstreichen … und so ziehen die Jahre ins Land.
Nur noch selten schauen die Kinder, die keine Kinder mehr sind, zu den Gipfeln der Berge, lauschen dem Brüllen, dem Schlagen und ahnen den Kampf am Rande der Welt.
Schließlich – die Kinder von einst sind schon längst von den Kindeskindern begraben – erschüttert ein Grollen die Welt und der graue Nebel, der lange Zeit wie immerwährende Trauer die brachliegenden Felder und kahlen Wälder bedeckte, bricht auf. Auf dem schmalen Pfad, der sich zwischen den Bergen ins Tal hinab schlängelt, sieht man den König. Er geht langsam, doch immer noch aufrecht. Goldener Sternenglanz, funkelnd wie Lametta, umgibt ihn wie einen leichten und doch wärmenden Mantel. Und gleich neben ihm geht der Drache. Und es scheint, als gingen sie Hand in Hand.
Autor*in: Sabine Blog: wortgeflumselkritzelkram
Quelle: Pixabay, Bearbeitung von mir
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Nachdem viele Teilnehmer*innen und Leser*innen das Fetten der vorgegebenen Wörter als störend empfunden haben, wurde darauf verzichtet. In einem Text, der maximal 300 Wörter umfassen durfte, waren (mindestens) drei der folgenden fünfzehn Begriffe zu verwenden:
Adventskalender, Dezemberdilemma, Eintopf, Gebäckdose, Hefe, Lametta, Laubsäge, Liebeserklärung, Kreuzkümmel, Kulturschock, Sternenglanz, Sturz, Taschentuch, Tunichtgut, Weihnachtsputz.
Dieser Text erschien zuerst im Rahmen der Adventüden 2022, einem Projekt von »Irgendwas ist immer«.