C/U

Update, bevor es losgeht: Dieser Text stammt aus dem Jahr 2015, und ich habe ihn die meiste Zeit hinter einem Passwort verborgen. Damals hatte ich Angst, missverstanden zu werden, nämlich dass ich den Blogger*innen vorschreiben wolle, was sie zu tun und zu lassen hätten. Das war und ist mir, ehrlich gesagt, reichlich egal, und ich folge genügend Blogs, die sich auf das Urheberrecht etc. ein Ei backen. Bitte schön.

Ich durfte nur eine Zeit lang gefühlt ständig dazu irgendwas sagen, und dafür war der Text.

Aber jetzt leben wir in den Zeiten NACH der DSGVO, und jetzt ist alles im Zweifelsfall noch komplizierter. Soll heißen: Achtung, dieser Text ist möglicherweise von den rechtlichen Ereignissen längst überholt. Macht damit, was ihr wollt. You have been warned.

Ich rege mich auf. Weil ich etwas mache, was ich gar nicht will.
Es geht um Folgendes: Ich schreibe irgendwas, und meine Kommentatoren posten mir in die Kommentare irgendwelche Gedichte oder längere Texte, was ich zwar total toll finde, die aber ganz sicher eins sind: geschützt nach dem Copyright/Urheberrecht (was übrigens nicht dasselbe ist).
Was mache ich, gesetzestreu und brav, wie ich nun mal bin? Schließlich weiß ich, dass ich für alles, was auf meinem Blog steht, verantwortlich gemacht werden kann. Auch für Texte, die da so (wg. Urheberrecht) nicht sein dürften. Ich jammere rum, quod erat demonstrandum. Ich lösche bzw. kürze Besagtes radikal bzw. verlinke anderswohin, wo der Text in Gänze steht und entschuldige mich dafür endlos. Und fluche still, denn ich will in den Kommentaren auf meinem Blog nicht herumeditieren müssen. Jedenfalls nicht deswegen. Kommt noch dazu, dass ich dieses Gesetz eigentlich extrem bescheiden kontraproduktiv finde. Dazu später mehr.

Dann fiel mir auf, dass ich zu der ganzen Rechtsproblematik konkret sehr wenig weiß. Das war nun schon eher ein angreifbarer Zustand nach meinem Geschmack, ich verschwand also in den Weiten des Netzes und kam recht verwirrt wieder heraus. Hier sind die Ergebnisse.

Jeder Text, den wir hier auf unseren Blogs verfassen, ist urheberrechtlich geschützt (sofern, sofort die Einschränkung, er eine gewisse „Schöpfungshöhe“ hat, wovon bei Blogartikeln in der Regel aber ausgegangen wird). Veröffentlicht den jemand unter seinem eigenen Namen, können wir ihm mit der rechtlichen Keule drohen – wir sind bei Rechtsfragen, ja?
Rebloggen ist dagegen schon eine heiß diskutierte Frage, denn obwohl der Urheber immer automatisch genannt wird, ist ein Vollzitat (und nichts anderes ist ein Reblog) nach dem Urheberrecht nicht erlaubt. (Warum WordPress Deutschland diese Funktion trotzdem hat? Gute Frage. Fragt nicht mich.) Man darf nämlich auch keine Artikel aus irgendwelchen Zeitungen/Zeitschriften/Magazinen komplett zitieren, sondern nur Ausschnitte. „Man darf also nicht einfach jedes Stück Text in jeder Länge in einen eigenen Text einbauen: Der Ausschnitt muss einen Zweck erfüllen, indem er zum Beispiel den Inhalt des neuen Textes erläutert. […] Grundsätzlich gilt: Es muss eine innere Verbindung zwischen dem eigenem und dem zitierten Werk bestehen und das Zitat darf nur unterstützend für das eigene Werk wirken. Das Eigene muss stets im Vordergrund stehen.“ (Quelle: irights.info, Zitieren im World Wide Web)
Soll (zum Beispiel) heißen: Fünf Zeilen zur Einführung schreiben und einen Artikel komplett kopieren und anfügen, verstößt auf jeden Fall gegen das Urheberrecht, auch wenn man säuberlich kennzeichnet, woher man ihn hat.

Einfach nur ein Zitat übernehmen, gar nichts dazu schreiben und posten? Lese ich oft, verstehe ich gut, denn so oft kann mein Dilemma jemand anders erheblich besser ausdrücken als ich. Verletzt aber genauso das Urheberrecht. Es sei denn, das Zitat/das Gedicht/der Text/das Bild ist gemeinfrei, soll heißen, der Autor ist mehr als 70 Jahre tot. Aber Achtung: wenn das ein fremdsprachiger Autor ist, dann zitiert man in der Regel die Übersetzung. Die hat aber ein eigenes Urheberrecht, also muss man schauen, ob der Übersetzer noch lebt und ob vielleicht rechtemäßig auch noch Verlage dran hängen. Was heißt das? Jawohl, das heißt zum Beispiel, dass die allermeisten Gedichtsammlungen (sofern sie nicht aus gemeinfreien oder eigenen Gedichten bestehen) vermutlich sehr angreifbar sind.

Soll also heißen, ganz klar und unmissverständlich: Wer ein Gedicht/einen Text auf seine Seite stellt, das/den er nicht selbst geschrieben hat, und nicht darunter schreibt, von wem er stammt (z. B. etwas wie: © Lieschen Müller), dem kann man vorwerfen, dass er a) geklaut hat und b) dass er gegen das Urheberrecht verstößt. Wenn der Text aber mit Copyright-/Urhebervermerk (© Lieschen Müller) veröffentlicht wird … dann verstößt der/die Blogger_in immer noch gegen b) das Urheberrecht.

Warum uns jetzt nicht zu Tausenden Klagen ins Haus flattern? Keine Ahnung. Ich vermute, wo kein Kläger ist, ist kein Richter – Verlage haben (hoffentlich) anderes zu tun, als die Blogosphäre zu scannen, nachdem vor ein paar Jahren mal jemand mit dem großen Rechen durchs Netz gegangen ist. Vielleicht ist es auch einfach nur zu umständlich bzw. dauert zu lange bzw. der Aufwand steht in keinem Verhältnis zum Ergebnis. Vielleicht hat sich auch so ein stilles „Ein-Auge-Zudrücken“ eingeschlichen. Weiß ich alles nicht, wisst ihr es? Immerhin müsste bei einer nicht unbeträchtlichen Anzahl Menschen ja erst mal Name und Adresse ermittelt werden. Ich erinnere mich, gelesen zu haben, dass z. B. Google als Halter von blogspot und blogger da nicht gerade schnell reagiert (bzw. erst bei Vorliegen eines Urteils, DAS allerdings kann schnell gehen), und ich weiß nicht, wie WordPress.com damit umgeht.

(Das ganze Urheberrecht gilt übrigens noch viel extremer für Bilder. Wer einfach ein Bild, das etwa jemand in einer Fotocommunity hochgeladen hat, auf seinem Blog postet, verletzt – ihr ahnt es schon – das Urheberrecht, egal ob mit Namensnennung oder ohne. Es sei denn, der Fotograf hat es der-/demjenigen eigens erlaubt (oder das Bild unter irgendeine CC-Lizenz gestellt).)

Bis dahin habe ich mir das alles ja noch relativ entspannt angeguckt. Kurze Zitate und keine Bilder, deren Herkunft nicht klar ist, ja, gut, okay. Ach, kleiner Lichtblick: Bisher scheint es rechtlich problemlos zu sein, Videos von YouTube etc. über den mitgelieferten Embed-Link einzubetten. (Quelle: irights.info, Fremde Inhalte auf eigenen Seiten)

Was das Ganze jetzt aber vollends irre macht, ist die Tatsache, dass mensch als Blogger_in anscheinend auch noch für das verantwortlich gemacht werden kann, was die Kommentatoren hinterlassen. Keiner will Gepöbel und Beleidigungen auf seinem Blog, schon klar, aber das meine ich nicht. Bekannt wurde ein Fall, und da bin ich echt hochgeschreckt, dass Getty Images eine Bloggerin (Andrea Juchem von bachmichels.de) abgemahnt  hat, auf deren Blog ein Kommentator mit einem Katzenbild (!!!) als Avatar gepostet hat, auf dem leider Rechte von Getty lagen. (Die ganze Geschichte ist hier nachzulesen, gebt sonst bei der Suche auf der Seite „Getty“ ein.) Gut, Getty ist nicht damit durchgekommen, da das Bild über Gravatar eingebunden wurde, sie schnell reagiert  und man ihr geglaubt hat, dass sie nichts dafür kann, dass das Bild auf ihrer Seite gelandet ist (bitte hier die Einzelheiten nachlesen; rechtliche Unterstützung hat sie dennoch benötigt).

Was folgt daraus?

Ganz ehrlich: Ich finde es zum Kotzen. Ich kann natürlich verstehen und unterstützen, dass Autoren nicht wollen, dass ihre Arbeiten im Netz herumfliegen, jede/r sie nutzt (kann man ja nicht kontrollieren) und keiner dafür Geld sehen lässt.
Die Kehrseite finde ich aber eigentlich auch sehr sehr sehr bedenklich, und da bleibe ich für ein Beispiel bei Gedichten. Es gibt unendlich viele Dichter/Autoren, die noch keine 70 Jahre tot sind, viele davon haben beispielsweise die Nazi-Zeit und den 2. Weltkrieg überlebt und echt was zu sagen. Darf man die zitieren? Eigentlich nicht (aufgrund der Einschränkungen siehe oben). Liest/kennt die noch jemand? Immer seltener, würde ich sagen, weil wer hat denn heutzutage bei Gedichten nach 1945 noch einen Überblick oder kann ihn sich verschaffen, wenn das Netz nichts hergeben darf? Schule? Lachhaft.

Wenn ich mir überlege, wie ich vorgehe, dann ist das so: Ich höre einen Namen oder stolpere über eine Zeile und gehe ins Internet. Finde ich da was, lese ich weiter, leihe mir was aus, kaufe vielleicht. Finde ich im Internet nichts, was mein Interesse fördert, vergesse ich meine Suchanfrage ganz schnell wieder. Was heißt das? Das heißt, dass wir nach den besagten 70 Jahren, viele, viele Dichter „dem Vergessen entreißen“ dürfen, dem sie nie anheimgefallen wären, wenn die Gesetzeslage nicht wäre, wie sie ist. Wie nenne ich das? Sch… suboptimal für alle Beteiligten.

Eure Gedanken/Meinungen sind sehr willkommen.

 

Offensichtlich gehört sich bei Rechtsfragen auch der Hinweis auf den im Zweifelsfall zu befragenden „Arzt und Apotheker“.  Also: Dies ist keine Rechtsberatung, ich bin kein Anwalt oder sonstwie vom Fach, was ich hier schreibe, ist aus dem Netz zusammengesammelter Content, aus dem ich meine eigenen Schlüsse ziehe, die falsch sein können. Ich übernehme keinerlei Garantie für die Richtigkeit meiner Informationen und/oder Schlüsse und schon gar nicht für die Vollständigkeit. Wer eine Rechtsberatung braucht, möge sich an Profis wenden.

 

Nochmal die Links zum Weiterlesen:

http://www.juraforum.de/lexikon/schoepfungshoehe

http://www.medienrecht-urheberrecht.de/10-irrtuemer-im-internetrecht-und-urheberrecht.html

http://www.bachmichels.de/?s=getty&submit=Suche

http://irights.info/artikel/zitieren-im-www/7007

http://irights.info/artikel/fremde-inhalte-auf-eigenen-seiten/5806

 

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