Härte schwand. Auf einmal legt sich Schonung an der Wiesen aufgedecktes Grau. Kleine Wasser ändern die Betonung. Zärtlichkeiten, ungenau,
greifen nach der Erde aus dem Raum. Wege gehen weit ins Land und zeigens. Unvermutet siehst du seines Steigens Ausdruck in dem leeren Baum.
(Rainer Maria Rilke, Vorfrühling, In: Die Gedichte 1922 bis 1926 (Muzot, etwa 20. Februar 1924), Online-Quelle)
Frühling.
Frühling. Ein erstes Blühen In zarten Frühen, Vom Himmelssaum Ein Stern noch schaut. Ein Lercheschlag Im stillen Raum, Weit vor Tag Und sonst kein Laut. O Liebe.
(Georg Heym, Frühling, aus: Frühwerk, in: Georg Heym, Dichtungen und Schriften, Gesamtausgabe, Band 1: Lyrik, Verlag Heinrich Ellermann 1964, Online-Quelle)
Vorfrühling
Leise tritt auf …
Nicht mehr in tiefem Schlaf, in leichtem Schlummer nur Liegt das Land: Und der Amsel Frühruf Spielt schon liebliche Morgenbilder ihm in den Traum.
Leise tritt auf …
(Ferdinand Avenarius, Vorfrühling, aus: Stimmen und Bilder. Neue Gedichte, 1898, Online-Quelle)
Pasteten hin, Pasteten her, Was kümmern uns Pasteten? Die Kumme hier ist auch nicht leer, Und schmeckt so gut, als bonne chère Von Fröschen und von Kröten.
Und viel Pastet und Leckerbrot Verdirbt nur Blut und Magen. Die Köche kochen lauter Not, Sie kochen uns viel eher tot; Ihr Herren laßt euch sagen!
Schön rötlich die Kartoffeln sind Und weiß wie Alabaster! Sie däun sich lieblich und geschwind Und sind für Mann und Frau und Kind Ein rechtes Magenpflaster.
(Matthias Claudius, Kartoffellied, in: Paul Erdmanns Fest, aus: ASMUS omnia sua SECUM portans oder Sämmtliche Werke des Wandsbecker Bothen, Vierter Theil, 1774, Online-Quelle (Text), Online-Quelle (im Kontext))
Die Kartoffel
Es ist für uns Materielle Nur eine Kartoffel die Welt, Von der der Weise die Pelle Fürsorglich herunter schält.
Denn eine von unsern Devisen Ist die: Kartoffel und Welt, Sind beide nicht zu genießen, Wenn man sie nicht richtig quellt.
Der idealistische Stoffel, Der alles für herrlich hält, Verzehrt die ganze Kartoffel Natürlich unabgepellt.
Doch liegt sie ihm dann im Magen, So jammert er und erzählt, Wie schwer für ihn zu ertragen Oft diese so „rohe“ Welt!
Wir aber genießen behaglich Die Süße, die sie enthält – Die beste Kartoffel, unfraglich, Ist – richtig genossen – die Welt.
(A. de Nora (Anton Alfred Noder), Die Kartoffel, aus: Ruhloses Herz, 1908, Online-Quelle)
Abschiedsworte an Pellka
Jetzt schlägt deine schlimmste Stunde, Du Ungleichrunde, Du Ausgekochte, du Zeitgeschälte, Du Vielgequälte, Du Gipfel meines Entzückens. Jetzt kommt der Moment des Zerdrückens Mit der Gabel! – – Sei stark! Ich will auch Butter und Salz und Quark Oder Kümmel, auch Leberwurst in dich stampfen. Mußt nicht so ängstlich dampfen. Ich möchte dich doch noch einmal erfreun. Soll ich Schnittlauch über dich streun? Oder ist dir nach Hering zumut?
Du bist ein so rührend junges Blut. – Deshalb schmeckst du besonders gut. Wenn das auch egoistisch klingt, So tröste dich damit, du wundervolle Pellka, daß du eine Edelknolle Warst, und daß dich ein Kenner verschlingt.
(Joachim Ringelnatz, Abschiedsworte an Pellka, aus: Gedichte, Gedichte von Einstmals und Heute, 1934, Online-Quelle)
Altes Lied
Es war einmal ein Bäcker, Der prunkte mit einem Wanst, Wie du ihn kühner und kecker Dir schwerlich träumen kannst.
Er hat zum Weibe genommen Ein würdiges Gegenstück; Sie konnten zusammen nicht kommen, Sie waren viel zu dick.
(Frank Wedekind, Altes Lied, aus: Die vier Jahreszeiten, 1905, Online-Quelle)
Fastenzeit, ja? Ich weiß ja nicht, wie das bei euch ist, aber den einen oder die andere von euch wird man doch bestimmt damit hinter dem Ofen vorlocken können, oder? Tatsächlich ist Claudius’ bekanntes Kartoffellied offen politisch, daher habe ich euch einmal den puren Text und einmal im Kontext verlinkt. Nora und Ringelnatz sprechen mit einem Augenzwinkern für sich, und den Wedekind konnte ich mir nicht verkneifen, nachdem ich ihn gefunden hatte …
Kommt gut und heiter und gesund in und durch eure neue Woche! 😉
Julias Stimme schwoll bedrohlich an. Ruhig, dachte sie, ruhig. Reiß dich zusammen. Es ist nur deine verdammte Schwester. Du schaffst das.
»Was soll das heißen, du kannst heute Abend nicht kommen?«
Wochenlang hatte sie Alexander bekniet, doch auch Dr. Mohr zu ihrer Gartenparty einzuladen. Dr. Mohr, der neue Arzt in der Kleinstadt, der so hervorragend in die Runde ihrer gesellschaftlich nicht uninteressanten Feierlichkeit passen würde, und der, viel interessanter noch, unverheiratet und demnach auch hoffentlich ungebunden war. Was tat man nicht alles für die einzige Schwester, das Mauerblümchen. Natürlich scheute die davor, verkuppelt zu werden, deshalb hatte man ihr ja auch nichts gesagt, und war so eine Gelegenheit etwa nicht unverbindlich genug?
»Es tut mir leid. Du weißt doch, eure Gartenpartys sind nichts für mich, und du hast ja die Mädchen, die dir helfen können.«
»Wo willst du denn so plötzlich hin?«
»Literatursalon. Die Lesung. Sehr bekannter Autor. Lyrik.«
Das war doch ein Widerspruch in sich! Flippte ihre sonst so genügsame Schwester jetzt völlig aus und machte in Kunst? Sie musste es wenigstens probieren.
»Die ist doch abgesagt.«
Hörte sie ein Stocken in der Stimme ihrer Schwester?
»Ist sie nicht. Ich hatte vorhin Kontakt zu dem Veranstalter.«
Okay, es war den Versuch wert gewesen. Literatur interessierte sie eh nicht.
»Wenn du es dir anders überlegst, komm jederzeit her.«
»Gern, Julchen, danke. Ich wünsch dir einen gelungenen Abend.«
»Dir auch.«
Daniela legte auf. Puh, gerade noch mal gut gegangen. Sie war überzeugt, dass wieder ein, zwei unbeweibte Herren den Rasen schmücken würden und dass sie sich wie immer furchtbar gelangweilt und zu viel getrunken hätte. Eigentlich traurig. Hoffentlich war die Discokugel immer noch kaputt.
Aber jetzt war es langsam Zeit, sich für den Abend zurechtzumachen. Julia hatte irgendwie schon recht gehabt: Es gab keine Dichterlesung. Der Dichter las für sie. Privat.
Für die abc.etüden, Wochen 10*11*12*13**2023: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Wortspende stammt dieses Mal von Werner Kastens und seinem Blog Mit Worten Gedanken horten. Sie lautet: Dichterlesung, genügsam, verkuppeln.
Myriade, ist dir das Discokugel-Mosaikstück nah genug dran für die Impulswerkstatt? Falls ja, würde ich zu dir verlinken.
Waldeinsamkeit! Du grünes Revier, Wie liegt so weit Die Welt von hier! Schlaf nur, wie bald Kommt der Abend schön, Durch den stillen Wald Die Quellen gehn, Die Mutter Gottes wacht, Mit ihrem Sternenkleid Bedeckt sie dich sacht In der Waldeinsamkeit, Gute Nacht, gute Nacht! –
(Joseph von Eichendorff, Waldeinsamkeit, aus: Gedichte (1841), Online-Quelle)
[Waldeinsamkeit]
O zaubergrüne Waldeseinsamkeit, Wo alte, dunkle Fichten stehn und träumen, Wo klare Bächlein über Kiesel schäumen In tief geheimer Abgeschiedenheit.
Nur Herdenglockenlaut von Zeit zu Zeit, Und leises Säuseln oben in den Bäumen, Dann wieder Schweigen wie in Tempelräumen, O zaubergrüne Waldeseinsamkeit! –
Hier sinkt des Erdendaseins enge Schranke, Es fühlt das Herz sich göttlicher und reiner, Als könnt es tiefer schauen und verstehen.
Da löst sich manch unsterblicher Gedanke; Woher das kommt, das ahnet selten einer, – Es ist des Weltengeistes nahes Wehen.
Mein romantischer Ausflug hält an, heute in die Waldeinsamkeit, was dort ein häufig verwendeter literarischer Begriff war (Wikipedia). Heute begebe ich mich mit Herrn Tieck sogar in die Frühromantik, und siehe da, der Kontext dieses Gedichtes (das nicht als Gedicht konzipiert ist, sondern eine Zusammenstellung dreier Strophen darstellt, die einem seiner Kunstmärchen entnommen sind) ist sehr straight, reichlich erschreckend, höchst moralisch und lohnt das Lesen sehr, wie ich finde.
Kommt gut und gesund und heiter in und durch die neue Woche!
Liebe Etüdenfans, -schreiber*innen und -leser*innen, um die Frage, die euch wohl am meisten interessiert, zuerst zu beantworten: Geht es weiter mit den Etüden? JA. Gibt es das Sommerpausenintermezzo und die Adventüden? JA. Also alles wie gehabt? NEIN. Die hauptsächliche Änderung ist, dass es nur noch einmal pro Monat eine neue Wortspende gibt, und zwar am ersten Sonntag des Monats.
Ich habe über eure Vorschläge bezüglich einer Änderung der Maximalwörterzahl, der Einführung einer Minimalwörterzahl und der Begrenzung der Etüdenmenge pro Monat nachgedacht. Es ist wahr, jeder davon hat etwas für sich, aber ich möchte nicht noch mehr Regeln, auch wenn ich es tatsächlich schöner fände, nicht mehrere Etüden eines Schreibenden an einem Tag gemeldet zu bekommen – wofür kann man Beiträge planen?
Ich habe sehr lange und reiflich überlegt, wo bei den Etüden eigentlich der Hund begraben liegt, und ihr habt mir ziemlich dabei geholfen. Ohne die Etüden bricht weder die Blogwelt noch meine Welt zusammen, aber viel mehr von euch, als ich erwartet hätte, haben bekundet, dass ihnen etwas fehlen würde, was offenbar ich einbringe, und DAS hat mich berührt. Ehrlich gesagt würde ich mich ohne die Etüden mit Sicherheit einem ähnlich gearteten Schreibprojekt anschließen, ich mag die Idee und das Konzept, ich spiele gern mit Wörtern. Wenn das so ist, wäre ich doch blöd, die Etüden nicht zu behalten, oder? Das ist es also nicht. Soll heißen, o Wunder, ich bin/habe das Problem, genauer gesagt, ist es meine Haltung dazu.
Ich habe 2017 die Etüden übernommen mit dem Wunsch, sie groß und attraktiv für jede*n zu machen, der mitschreiben möchte. Das unterschreibe ich auch immer noch. Mit dem Etüdenerfinder waren die Etüden so ein »Künstlerding«, wie eine Bloggerin das genannt hat, oftmals experimentell, schräg und exklusiv. Nun habe ich oft genug im Leben bei denen gestanden, die »nicht gut genug« waren, »exklusiv« sollen die Etüden auf keinen Fall sein, aber ich will auch wieder weg von »Hauptsache, die Wörter sind drin und der Text ist nicht zu lang«.
Wie? Keine Ahnung, auf jeden Fall nicht durch Vorschriften. Ich rufe jede*n Einzelnen von euch auf, bei den Etüden mitzuschreiben, wenn ihr eine Geschichte erzählen wollt und/oder was zu sagen habt, aber nicht, weil ihr euch vorgenommen habt, komme, was wolle, bei einem Projekt mitzuschreiben, obwohl eure Motivation zum Schreiben eigentlich nicht vorhanden ist, oder weil es in eurer Blog-Vita so gut aussieht, wenn ihr bei fünf Projekten mitmacht. »Ist nicht (mehr) mein Ding« zu sagen, ist keine Schande.
Meine Diagnose meines persönlichen Dilemmas sieht wie folgt aus: Ich habe die Etüden hochgepäppelt, aber Christiane, den Menschen dahinter, übersehen und mich selbst in ein Korsett aus »Ich will/ich muss« gesteckt. Ich bin gut darin, ich mag den Servicegedanken und es fällt mir lange Zeit leicht, keine Frage. Aber es ist nur die eine Seite von mir, und die andere möchte gern mehr spannende, schräge, herzliche, tragische, fröhliche, unkonventionelle und wahrhaftige Etüden lesen (und schreiben). Und das wiederum hat gar nichts damit zu tun, dass das Leben kein Wunschkonzert ist. Mein Plan: die andere Seite zu stärken, das Etüden-Hamsterrad nicht mehr so bestimmend werden zu lassen, digital detoxen (soll heißen, weniger online sein) und »mehr Welt hereinlassen«. Wie? Keine Ahnung, ihr werdet es mitbekommen. Ich freue mich auf eure Gedanken dazu.
Ich wiederum habe mich in euren Kommentaren sehr gesehen, wertgeschätzt und unterstützt gefühlt. Danke, dass sich so viele von euch Zeit dafür genommen haben, und danke von ganzem Herzen (nicht nur, aber besonders) einer gewissen Achterbande (virtuellen Neunerbande) für Zuspruch, Gummibärchen (von den 2 Kilo leben noch mehr als die Hälfte) und Sonstiges 😉. Und jetzt erst mal genug von meinen Befindlichkeiten.
Das »normale Etüdengeschäft« startet wie immer mit der Statistik. Immerhin 15 Blogmenschen haben 22 Etüden beigesteuert: In Anbetracht der Umstände bin ich überrascht, dass es überhaupt so viele waren, und bisschen traurig für Myriades schöne Wortspende, dass es so wenige waren. Aber ich selbst habe mein Befinden auch nicht zu meiner Zufriedenheit in Worte gefasst bekommen – und das Gefühl zu haben, es nicht zu müssen, hat mir gutgetan.
Vielen Dank wie immer an alle, die Lust hatten, mitzuschreiben und/oder mitzulesen, die gelikt und kommentiert haben! Und es bleibt mein Extradank an jede*n von euch, den*die ich in den teilnehmenden Blogs getroffen habe und der*die dort kommentiert/mitdiskutiert hat.
Wie immer bitte ich euch, die Liste zu kontrollieren, ob jede eurer Etüden dort verzeichnet ist oder ob euch sonst was komisch vorkommt. Achtung: Zwischen dem 17. Februar und dem 2. März sind keine Pings bei der Schreibeinladung angekommen, fragt mich nicht, warum, aber falls ihr nicht kommentiert habt, kann es sein, dass ich nicht mitbekommen habe, dass ihr mitgeschrieben habt. BITTE MELDET EUCH! Ich trage gerne nach, wenn irgendwas nicht stimmt.
Disclaimer: Nach intensiver Diskussion bleibt das Setzen von Inhaltshinweisen (CN/Triggerwarnungen, z. B. in den Schlagwörtern) jedem teilnehmenden Blog freigestellt.
Bereit für die aktuelle Etüdenliste? Hier kommt sie!
Heidi auf Erinnerungswerkstatt: hier Gerda von GERDA KAZAKOU: hier und hier Puzzleblume auf Puzzleblume: hier Werner auf Werner Kastens: hier und hier Ulrike auf Blaupause7: hier Kain Schreiber auf Gedankenflut: hier, hier und hier Myriade auf la parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée: hier Olpo auf olpo run: hier Monika auf Allerlei Gedanken: hier, hier und hier Fraggle auf reisswolfblog: hier und hier Katharina auf Katha kritzelt: hier Corly in Corlys Lesewelt: hier Nina vom Bodenlosz-Archiv: hier Gerhard auf Kopf und Gestalt: hier
Die Wortspende für März bzw. die Textwochen 10, 11, 12 und 13 des Jahres 2023 stammt freundlicherweise von Werner Kastens und seinem Blog Mit Worten Gedanken horten. Sie lautet:
Dichterlesung genügsam verkuppeln.
Wie immer weise ich darauf hin, dass der obligatorische Etüden-Disclaimer weiterhin gilt: 3 Begriffe in maximal 300 Wörtern. Eventuelle Inhaltshinweise (Triggerwarnungen) und die Überschrift zählen NICHT zum Text. Eure Beiträge verlinkt ihr bitte wie gewohnt hierhin und/oder postet den Link unten in einen Kommentar, damit eure Etüden auch ganz sicher von mir und von allen, die es interessiert, gelesen werden können. Wen ich nicht in den Kommentaren/Pings der zugehörigen Schreibeinladung finden kann (das ist diese hier), der kommt (höchstwahrscheinlich) nicht auf die nächste Liste bzw. muss meckern, ich merke mir nicht, was ich wann eventuell bei wem gelesen habe. Die Illustrationen unterliegen nach wie vor meinem Copyright. Wie immer behalte ich mir vor, Kommentare zu moderieren, wenn nötig. Wer sich die Illustrationen herunterladen möchte, sollte sie vorher großklicken, danach kann man sie in der Regel downloaden und bei sich wieder hochladen.
O wie ist es kalt geworden und so traurig öd und leer! Rauhe Winde wehn von Norden, und die Sonne scheint nicht mehr.
Auf die Berge möcht ich fliegen möchte sehn ein grünes Tal möcht in Gras und Blumen Liegen und mich freun am Sonnenstrahl.
Möchte hören die Schalmeien und der Herden Glockenklang Möchte freuen mich im Freien an der Vögel süßem Sang!
Schöner Frühling, komm doch wieder Lieber Frühling, komm doch bald Bring uns Blumen, Laub und Lieder schmücke wieder Feld und Wald
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, Sehnsucht nach dem Frühling, 1849, aus: Die Kinderwelt in Liedern, 1853, Online-Quelle)
Vorfrühling
Sieh da: Die Weide schon im Silberpelz, Die Birken glänzen, ob auch ohne Laub, In einem Lichte, das wie Frühling ist. Der blaue Himmel zeigt türkisenblau Ganz schmale Streifen, und ich weiß, das ist Des jungen Jahres erster Farbenklang, Die ferne Flöte der Beruhigung: Die Liebe hat die Flügel schon gespannt, Sie naht gelassenen Flügels himmelher, Bald wird die Erde bräutlich heiter sein.
Nun Herz, sei wach und halte dich bereit Dem holden Gaste, der mit Blumen kommt Und Liebe atmet, wie die Blume Duft. Sei wach und glaube: Liebe kommt zu dir, Wenn du nur recht ergeben und getrost Dich auftust wie ein Frühlingsblumenkelch.
(Otto Julius Bierbaum, Vorfrühling, aus: Das seidene Buch. Eine lyrische Damenspende, 1904, Online-Quelle)
Ich könnte mir vorstellen, dass einige von euch wie ich auch von der Rückkehr von Schnee und Frost überrascht worden sind. Schön, die drei Flocken hier kann man als Deko bezeichnen, aber wir hatten letzte Nacht doch (für diesen Winter) ganz anständig Frost, was den Fellträger wieder auf der Heizung festgetackert hat, nachdem er zuvor durchaus wieder bisschen frühlingslustiger geworden war. Na ja. Wird nicht lange bleiben, sagt die Wettervorhersage.
Ich auf jeden Fall habe das zum Anlass genommen, noch mal ein paar Fast-Wintergedichte herauszukramen, dieses Mal auch ältere, ich hatte plötzlich so sentimentale Anwandlungen.
Kommt gut und heil und warm in und durch die neue Woche – und erkältet euch nicht!
Kurze Vorrede zu einer langen Ballade: Zum zweiten Mal habe ich einen Ritter in misslicher Lage für euch. Stand beim letzten Mal besagter Ritter unfreiwillig unter dem Einfluss von Zauberei (hier klicken), so ist er diesmal aufgrund seiner Zugehörigkeit zum falschen Clan in die Bredouille geraten, und so fiktiv der verzauberte Ritter war, so historisch belegt ist dieser …
»Ich hab’ es getragen sieben Jahr Und ich kann es nicht tragen mehr, Wo immer die Welt am schönsten war, Da war sie öd’ und leer.
Ich will hintreten vor sein Gesicht In dieser Knechtsgestalt, Er kann meine Bitte versagen nicht, Ich bin ja worden alt.
Und trüg’ er noch den alten Groll, Frisch wie am ersten Tag, So komme, was da kommen soll, Und komme, was da mag.«
Graf Douglas spricht’s. Am Weg ein Stein Lud ihn zu harter Ruh, Er sah in Wald und Feld hinein, Die Augen fielen ihm zu.
Er trug einen Harnisch, rostig und schwer, Darüber ein Pilgerkleid – Da horch, vom Waldrand scholl es her. Wie von Hörnern und Jagdgeleit.
Und Kies und Staub aufwirbelte dicht, Her jagte Meut’ und Mann, Und ehe der Graf sich aufgericht’t, Waren Roß und Reiter heran.
König Jakob saß auf hohem Roß, Graf Douglas grüßte tief, Dem König das Blut in die Wange schoß, Der Douglas aber rief:
»König Jakob, schaue mich gnädig an Und höre mich in Geduld, Was meine Brüder dir angetan, Es war nicht meine Schuld.
Denk nicht an den alten Douglas-Neid, Der trotzig dich bekriegt, Denk lieber an deine Kinderzeit, Wo ich dich auf den Knien gewiegt.
Denk lieber zurück an Stirling-Schloß, Wo ich Spielzeug dir geschnitzt, Dich gehoben auf deines Vaters Roß Und Pfeile dir zugespitzt.
Denk lieber zurück an Linlithgow, An den See und den Vogelherd, Wo ich dich fischen und jagen froh Und schwimmen und springen gelehrt.
O denk an alles, was einsten war, Und sänftige deinen Sinn, Ich hab’ es gebüßet sieben Jahr, Daß ich ein Douglas bin.«
»Ich seh’ dich nicht, Graf Archibald, Ich hör’ deine Stimme nicht, Mir ist, als ob ein Rauschen im Wald Von alten Zeiten spricht.
Mir klingt das Rauschen süß und traut, Ich lausch’ ihm immer noch, Dazwischen aber klingt es laut: Er ist ein Douglas doch.
Ich seh’ dich nicht, ich höre dich nicht, Das ist alles, was ich kann, Ein Douglas vor meinem Angesicht Wär’ ein verlorener Mann.«
König Jakob gab seinem Roß den Sporn, Bergan ging jetzt sein Ritt, Graf Douglas faßte den Zügel vorn Und hielt mit dem Könige Schritt.
Der Weg war steil, und die Sonne stach, Und sein Panzerhemd war schwer, Doch ob er schier zusammenbrach, Er lief doch nebenher.
»König Jakob, ich war dein Seneschall, Ich will es nicht fürder sein, Ich will nur warten dein Roß im Stall Und ihm schütten die Körner ein.
Ich will ihm selber machen die Streu Und es tränken mit eig’ner Hand, Nur laß mich atmen wieder aufs neu Die Luft im Vaterland.
Und willst du nicht, so hab’ einen Mut, Und ich will es danken dir, Und zieh dein Schwert und triff mich gut Und laß mich sterben hier.«
König Jakob sprang herab vom Pferd, Hell leuchtete sein Gesicht, Aus der Scheide zog er sein breites Schwert, Aber fallen ließ er es nicht.
»Nimm’s hin, nimm’s hin und trag’ es neu Und bewache mir meine Ruh’, Der ist in tiefster Seele treu, Wer die Heimat liebt wie du.
Zu Roß, wir reiten nach Linlithgow, Und du reitest an meiner Seit’, Da wollen wir fischen und jagen froh, Als wie in alter Zeit.«
(Theodor Fontane, Archibald Douglas, entstanden 1854, aus (Erstdruck): Argo, Album für Kunst und Dichtung, 1857, Online-Quelle)
Stirling Castle, möchtet ihr in Rüstung diesen Berg hoch? Quelle: Pixabay
Schön und edel, die Ballade, oder? Ein demütiger Bittsteller und ein huldvoller König, wie man sie sich wünscht. Die Sache hat nur einen Haken: Die Personen sind zwar historisch, der Vorfall ist auch überliefert, nur nicht so.
Wir bewegen uns in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts, in England ist Heinrich VIII. an der Macht. Dieser ist der Onkel des erwähnten »König Jakob«, Jakob V. von Schottland. Jakob, geboren 1512, war erst 17 Monate alt, als er seinem Vater auf den Thron folgte.
1525 übernahm sein Stiefvater, ein Douglas, der 6. Earl of Angus, die Regentschaft über Schottland und hielt Jakob zur Durchsetzung seiner eigenen Machtansprüche praktisch wie einen Gefangenen, bis ihm seine Mutter 1528 zur Flucht verhalf. Der Douglas aus der Ballade, Archibald Douglas of Kilspindie (Kilspindie war eine Burg im Dorf Aberlady (Wikipedia)), war der Onkel des Earls und bekleidete nicht nur mehrere hohe Posten im Staat, sondern pflegte auch über Jahre ein gutes und enges Verhältnis zu dem jungen König, der ihn wohl auch für seine, heute würde man sagen, körperliche Fitness und Gewandtheit bewunderte (er war gut 35 Jahre älter). Als Jakob V. 1528 an die Macht gelangte, wurde jedoch der gesamte Douglas-Clan des Verrats angeklagt, ihre Ländereien fielen an die Krone, die Douglas flohen ins Exil und Jakob schwor ihnen ewige Feindschaft.
Der alternde Kilspindie (wenn die Daten stimmen, muss er Ende 50 gewesen sein) kam dennoch einige Jahre später zurück und näherte sich dem König im königlichen Park von Stirling. Der König erkannte ihn, ignorierte ihn aber und ritt den Hügel zum Schloss hinauf. Kilspindie, der unter seiner Kleidung ein Kettenhemd trug (sicher ist sicher), folgte ihm zu Fuß und kam erschöpft zur gleichen Zeit an, aber der König würdigte ihn keines Blickes und verschwand, Kilspindie blieb draußen. Obwohl er darum bat, wollte ihm keiner der Bediensteten etwas zu trinken geben, da der Hass des Königs auf den Namen Douglas allen bekannt war. Der König tadelte diese Unhöflichkeit später und erklärte, hätte er keinen Eid geschworen, dass kein Douglas ihm je wieder dienen solle, hätte er dessen Wunsch entsprochen. Kilspindie ging auf seinen Befehl hin nach Frankreich, wo er jedoch bald an gebrochenem Herzen starb. Sogar Heinrich VIII., ebenfalls nicht gerade für ein ausgeglichenes Temperament bekannt, wird zu dieser Sache mit einem Sprichwort zitiert: »A Kingְ’s face should give grace« – »Das Gesicht eines Königs sollte Gnade gewähren.«
Wie ist Fontane nun zu diesem Stoff gekommen? Hier berufe ich mich auf den überaus detaillierten, großartigen Kommentar in der Wikipedia (hier klicken), der besagt, dass es keinen Zweifel gibt, dass Fontane dazu Walter Scott gelesen hat (unklar ist, wann), zur Auswahl stehen jedoch zwei Bücher: »Minstrelsy of the Scottish border« (1802) (Text, Fußnote) und »Tales of a Grandfather Being the History of Scotland« (1830) (Text). Scott wiederum beruft sich auf David Hume of Godscroft: »The History of the House and Race of Douglas and Angus« (1643/44) (Text), der wiederum mit den Douglas verwandt war. Fontane wiederum war so ergriffen und beeindruckt von dem Stoff, dass er beschloss, das Ende abzuändern, auf dass sie ewig und in Freuden lebten. Er schreibt 1893 in einem Brief an Richard Maria Werner: »Diese kleine Douglas-Geschichte machte einen großen Eindruck auf mich, und da ich ganz der Ansicht von Heinrich dem Achten war, so modelte ich den Stoff in dem entsprechenden Sinne …« (Text, links oben)
Noch im Erscheinungsjahr (1857) schrieb Carl Loewe eine Vertonung der Ballade für Singstimme und Klavier (op. 128). Da das klassische Lied überhaupt nicht mein Fall ist, weise ich nur darauf hin, dass YT dazu einige Aufnahmen anbietet, z B. von Hermann Prey oder dem Wagnersänger Ferdinand Frantz.
Empfehlen möchte ich hingegen eine Aufnahme des gesprochenen Gedichts, vorgetragen von dem (wie so oft großartigen) Otto Sander. Wen es interessiert, der findet dort auch noch eine Aufnahme von Gert Westphal und Fritz Stavenhagen verlinkt. Ich vergleiche gern Interpretationen, vor allem, wenn alle Beteiligten wissen, was sie tun, aber hier gefällt mir Otto Sander am besten, weil er ohne sprachlichen Kanonendonner auskommt.
[Dieser Mann (das Bild im Video) heißt zwar auch Archibald Douglas, ist aber der oben bereits erwähnte 6. Earl of Angus, ein mit allen Wassern gewaschener schottischer Politiker höchsten Ranges.]
Kommt wie immer gut und heiter und gesund in und durch die neue Woche! Und wer sich von euch ins Karnevalsgetümmel stürzt: Viel Vergnügen, und lasst alle Viren und Bazillen draußen vor der Tür!
Achtung, Etüdenschreiber*innen: Die aktuelle Schreibeinladung lässt keine Pings mehr zu. Bitte verewigt euch UNBEDINGT mit dem Link zu eurer Etüde in den Kommentaren, sonst garantiere ich für nichts!
Meine vorherigen Balladentage finden sich in meiner Balladentag-Kategorie: BITTE HIER KLICKEN!
Willst du immer weiter schweifen? Sieh, das Gute liegt so nah. Lerne nur das Glück ergreifen, Denn das Glück ist immer da.
(Johann Wolfgang von Goethe, Erinnerung, aus: Gedichte (Ausgabe letzter Hand, 1827), Online-Quelle)
Zuspruch.
Such’ nicht immer, was Dir fehle, Demuth fülle Deine Seele, Dank erfülle Dein Gemüth. Alle Blumen, alle Blümchen, Und darunter selbst ein Rühmchen, Haben auch für Dich geblüht!
Freude soll nimmer schweigen. Freude soll offen sich zeigen. Freude soll lachen, glänzen und singen. Freude soll danken ein Leben lang. Freude soll dir die Seele durchschauern. Freude soll weiterschwingen. Freude soll dauern Ein Leben lang.
Ach, Aufruf! Balladentag, nächste Woche Montag? Wer macht mit? Wie ist es mit euch, seid ihr dabei? Was ich damit meine, könnt ihr hier genauer nachlesen.
Kommt gut und heil und fröhlich in und durch die neue Woche!
Und Menschen triffst du, und dich stört ihr Reden, Weil es nichts Neues dir enthüllt. Du kennst all ihre Zellen, hast längst jeden Gedanken überholt, der sie erfüllt.
Du willst durchaus nicht, daß sie näher kommen; Du fürchtest, daß du überlegen siegst. Doch schweigend dann besinnst du dich beklommen, Wie du den Anfang so wie sie genommen, Und daß du dankbar sein mußt, weil du stiegst.
Doch wenn du dich bescheiden an sie wendest Und einfach sprichst, erfährst du, daß du störst. Und einsam klingt der Satz, den du vollendest. Weil du doch nimmer ihnen angehörst.
(Joachim Ringelnatz, Die Überholten, aus: Gedichte dreier Jahre, 1932, Online-Quelle)
Lebhafte Winterstraße
Es gehen Menschen vor mir hin Und gehen mir vorbei, und keiner Davon ist so, wie ich es bin. Es blickt ein jedes so nach seiner Gegebenen Art in seine Welt.
Wer hat die Menschen so entstellt??
Ich sehe sie getrieben treiben. Warum sie wohl nie stehenbleiben, Zu sehen, was nach ihnen sieht? Warum der Mensch vorm Menschen flieht?
Und eine weiße Weite Schnee Verdreckt sich unter ihren Füßen. So viele Menschen. Mir ist weh: Keinen von ihnen darf ich grüßen.
Es heben sich vernebelt braun Die Berge aus dem klaren Weiß, Und aus dem Weiß ragt braun ein Zaun, Steht eine Stange wie ein Steiß.
Ein Rabe fliegt, so schwarz und scharf, Wie ihn kein Maler malen darf, Wenn er’s nicht etwa kann. Ich stapse einsam durch den Schnee. Vielleicht steht links im Busch ein Reh Und denkt: Dort geht ein Mann.
Kein Schnee in Hamburg, nirgends, aber als ich über den Winter nachdachte, fielen mir innerhalb kürzester Zeit drei mehr oder weniger melancholische Ringelnatze ins Auge, dann muss das wohl so sein.
Kommt wie immer gesund und heiter in und durch die neue Woche!
Liebe Etüdenfans, -schreiber*innen und -leser*innen, nehmt euch bitte ein bisschen Zeit, ich möchte mit euch etwas besprechen, ich wüsste gern eure Meinung.
Ich stecke in einer Etüdenkrise. Ich denke, ganz kurz gefasst, dass sich die Etüden, die 2017 als kreative Fingerübung begonnen haben, überlebt haben. Spätestens seit Corona und dem Ukrainekrieg finde ich, dass sich die gesellschaftliche, politische und zwischenmenschliche (und klimatische) Großwetterlage immer mehr verdüstert – und wir sitzen hier und schreiben mehr oder weniger alberne Geschichtchen über Drachen etc. Nicht wirklich, oder? Nicht falsch verstehen, ich liebe Drachen, aber um Brecht zu zitieren: »Was sind das für Zeiten, wo ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist, weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!« (aus: An die Nachgeborenen) Bleibt die Frage, was man/ich denn tun kann/will, und ob es nicht genug Menschen gibt, die die Situation anders nicht aushalten, als dass sie Heile-Welt-Geschichten schreiben, weil sie keine Worte finden für das, was sie wirklich bewegt, und ich nehme mich da nicht aus. Ich weiß es nicht.
Vor diesem Hintergrund, der mich ziemlich belastet, sackt meine Lust, immer wieder neu einen bunten Etüdenreifen hochzuhalten und zu tun, als ob alles super wäre, teilweise bis ins Bodenlose. Und nein, das ist nicht nur eine Phase, Hase, dafür dauert es schon zu lang an.
Aber, und das ist dann die andere Seite, wenn jede*r tun sollte, was er tun kann, ist es dann (zumindest vorläufig) nicht meins, die Etüdenfahne zu hissen, solange es Schreiber*innen gibt, die schreiben wollen und eine Orientierung mögen, um sich in die Untiefen des Schreibens zu begeben? Schreiben gegen die Vereinzelung, gegen das Schweigen im Kopf? Sollte ich euch (und mich) nicht auffordern, mutiger in eurem Schreiben zu sein, wahrhaftiger, und die berühmte (oft seichte) Komfortzone zu verlassen? Aus völlig egoistischen Gründen natürlich, weil das zu lesen erheblich interessanter ist (zumindest für mich)?
Ich stelle hiermit die Zukunft der Etüden zur Diskussion. Sollen wir sie auslaufen lassen – oder nicht? Ich habe mich entschieden, dass es die Etüden ab sofort erst einmal als Monatsausgabe geben wird – jeden ersten Sonntag im Monat kommen neue Etüdenwörter – und dass ich der Diskussion ein bisschen Zeit geben möchte, sodass auch ihr, die ihr mitschreibt, darüber nachdenken könnt. Ich habe auch nichts dagegen, über eine Erweiterung bzw. Änderung der Modalitäten nachzudenken, ich weiß nur, dass ich so in dieser Form nicht weitermachen möchte. Und jetzt seid ihr dran. Ich bin zutiefst unentschieden, und ich wüsste gern, wie ihr darüber denkt.
Das normale Etüdengeschäft startet wie immer mit der Statistik. 25 Blogmenschen haben 40 Etüden beigesteuert, das liegt auch diesmal daran, dass die Zahl der Wiederholungstäter geringer als sonst war. Vielen Dank wie immer an alle, die Lust hatten, mitzuschreiben und/oder mitzulesen, die gelikt und kommentiert haben! Und auch immer wieder meinen Extradank an jede*n von euch, den*die ich in den teilnehmenden Blogs getroffen habe und der*die dort kommentiert/mitdiskutiert hat.
Wie immer bitte ich euch, die Liste zu kontrollieren, ob jede eurer Etüden dort verzeichnet ist oder ob euch sonst was komisch vorkommt. Ich trage gerne nach, wenn irgendwas nicht stimmt, und versichere wie jedes Mal, dass es keine böse Absicht ist.
Disclaimer: Nach intensiver Diskussion bleibt das Setzen von Inhaltshinweisen (CN/Triggerwarnungen, z. B. in den Schlagwörtern) jedem teilnehmenden Blog freigestellt.
Bereit für die aktuelle Etüdenliste? Hier kommt sie!
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Wie immer weise ich darauf hin, dass der obligatorische Etüden-Disclaimer weiterhin gilt: 3 Begriffe in maximal300 Wörtern. Eventuelle Inhaltshinweise (Triggerwarnungen) und die Überschrift zählen NICHT zum Text. Eure Beiträge verlinkt ihr bitte wie gewohnt hierhin und/oder postet den Link unten in einen Kommentar, damit eure Etüden auch ganz sicher von mir und von allen, die es interessiert, gelesen werden können. Wen ich nicht in den Kommentaren/Pings der zugehörigen Schreibeinladung finden kann (das ist diese hier), der kommt (höchstwahrscheinlich) nicht auf die nächste Liste bzw. muss meckern, ich merke mir nicht, was ich wann eventuell bei wem gelesen habe. Die Illustrationen unterliegen nach wie vor meinem Copyright. Wie immer behalte ich mir vor, Kommentare zu moderieren, wenn nötig. Wer sich die Illustrationen herunterladen möchte, sollte sie vorher großklicken, danach kann man sie in der Regel downloaden und bei sich wieder hochladen.
Ihr seid beleidigt, weil ich nicht Gerührt in Eure Arme stürze Und das Verzeihungs-Arangement Mit keiner Reuescene würze. Ich flehte nicht, Ihr selber seid Nun plötzlich gnädig mir gewogen; Doch legt die Gnadenmienen ab, Schaut, welche Kluft Ihr einst gezogen. Setzt nur herüber kühnen Sprungs, Seid einmal menschlich-unbesonnen. … Brecht Ihr auch das Genick dabei, Hat Welt und Hölle nur gewonnen.
(Ada Christen, Verwandte, aus: Aus der Asche (Neue Gedichte), 1870, Online-Quelle)
Die erste alte Tante sprach
Die erste alte Tante sprach: Wir müssen nun auch dran denken, Was wir zu ihrem Namenstag Dem guten Sophiechen schenken.
Drauf sprach die zweite Tante kühn: Ich schlage vor, wir entscheiden Uns für ein Kleid in Erbsengrün, Das mag Sophiechen nicht leiden.
Der dritten Tante war das recht: Ja, sprach sie, mit gelben Ranken! Ich weiß, sie ärgert sich nicht schlecht Und muß sich auch noch bedanken.
(Wilhelm Busch, Die erste alte Tante sprach, aus: Kritik des Herzens, 1874, Online-Quelle)
Überall
Überall ist Wunderland. Überall ist Leben. Bei meiner Tante im Strumpfenband Wie irgendwo daneben. Überall ist Dunkelheit. Kinder werden Väter. Fünf Minuten später Stirbt sich was für einige Zeit. Überall ist Ewigkeit.
Wenn Du einen Schneck behauchst, Schrumpft er ins Gehäuse, Wenn Du ihn in Kognak tauchst, Sieht er weiße Mäuse.
Wir haben einen alten Verkehr mit den Lichtern im Moor. Sie kommen mir wie Großtanten vor … Ich entdecke mehr und mehr
zwischen ihnen und mir den Familienzug, den keine Gewalt unterdrückt: diesen Schwung, diesen Sprung, diesen Ruck, diesen Bug, der den andern nicht glückt.
Auch ich bin dort, wo die Wege nicht gehn, im Schwaden, den mancher mied, und ich habe mich oft verlöschen sehn unter dem Augenlid.
(Rainer Maria Rilke, Irrlichter, Muzot, Mitte Februar 1924, in: Ausgesetzt auf den Bergen des Herzens, Gedichte aus den Jahren 1906 bis 1926, insel tb 98, 1953, S. 147)
Jaaaa, der Rilke passt nicht so recht in die Reihe, zugegeben. Aber ehrlich gesagt dachte ich, wenn ich den jetzt nicht festhalte, dann finde ich ihn nieeee wieder …
Sind die (Kopfbedeckungen der) Tanten nicht großartig? Die scheinen auf der Insel Mainau zu stehen, tun sie das immer noch ;-)?
Kommt wie immer gut und heiter (und gesund) in und durch die neue Woche!
Was soll das heißen, du willst dir die Krallen permanent lackieren lassen? Du bist doch kein Mädchen!? Was werden die anderen denn dazu sagen?«
Ja, total unfair, ich weiß, aber es ist erstaunlich, wie leicht er noch zu beeinflussen ist. Hat vermutlich zu viele Serien geschaut, wo es um edel, Zwieback und gut ging. Das Übliche. Er ist noch zu jung für Überlegungen zur Sexualität, jedenfalls hoffe ich das sehr – bitte keine »Divers«-Diskussionen!
Ich auf jeden Fall bin so eine Art Patentante. Das bin ich für fast alle, die hier durchgeschleust werden, die Ärmsten kommen meist aus schlechten Verhältnissen unterschiedlichster Art. Manche bleiben Jahre. Viele sind echte Rüpel und spucken Feuer, wenn sie sich angegriffen fühlen, aber wenn man sie einfach akzeptiert, hat man viel Spaß. Ich habe sogar häkeln gelernt, um jedem seine eigene Kuscheldecke schenken zu können, es ist oft das erste Mal, dass sie was Eigenes besitzen.
Er schaut mich todtraurig an. Das wird mal ein Herzensbrecher, so viel ist sicher, fehlen nur noch die Krokodilstränen.
»Lass mich raten«, sage ich. »Sie sollen blutrot werden, richtig, damit du wirklich gefährlich aussiehst?«
Er nickt zögernd.
»Und hinterher willst du bestimmt deinen Namen ändern lassen? Gorrrch der Schreckliche oder so?«
Er nickt. Deutlich verschämter.
Ach, Kind. Die Sache mit den Rollenbildern ist bei Menschen schon nicht leicht, aber als Drache muss es völlig katastrophal sein.
»Angst machen macht einsam, Süßer«, sage ich, »ich würde mir das noch mal überlegen. Glaub einer alten Frau.«
Er kommt zu mir, legt seinen Kopf auf meinen Schoß (mehr passt da auch nicht rauf), schließt die Augen und fängt prompt an, leise zu schnarchen, wobei ihm kleine Feuerzungen entweichen. Ich schüttele sachte den Kopf, während ich ihn kraule.
Morgen sollte ich mal wieder einen Satz feuerfeste Klamotten bestellen, mein Rock ist schon fast durchgeschmurgelt.
Für die abc.etüden, Wochen 04/05.2023: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Wortspende stammt dieses Mal von mir (Christiane) und meinem Blog Irgendwas ist immer. Sie lautet: Drache, edel, häkeln. Außerdem greift sie die Etüde von der Fledermaus auf (unbedingt hier klicken), ich konnte speziell dem Bild (unten) nicht widerstehen. Ich glaube, ich brauch gerade was Niedliches. (Ja, der Fellträger kann auch so gucken.)