Schöne Junitage

Mitternacht, die Gärten lauschen,
Flüsterwort und Liebeskuß,
Bis der letzte Klang verklungen,
Weil nun alles schlafen muß –
     Flußüberwärts singt eine Nachtigall.

Sonnengrüner Rosengarten,
Sonnenweiße Stromesflut,
Sonnenstiller Morgenfriede,
Der auf Baum und Beeten ruht –
     Flußüberwärts singt eine Nachtigall.

Straßentreiben, fern, verworren,
Reicher Mann und Bettelkind,
Myrtenkränze, Leichenzüge,
Tausendfältig Leben rinnt –
     Flußüberwärts singt eine Nachtigall.

Langsam graut der Abend nieder,
Milde wird die harte Welt,
Und das Herz macht seinen Frieden,
Und zum Kinde wird der Held –
     Flußüberwärts singt eine Nachtigall.

(Detlev von Liliencron, Schöne Junitage, aus: Neue Gedichte, 1895, Online-Quelle)

 

Rosen | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

 

Falls ich so was wie einen privaten „Gedichtkanon“ haben würde, wäre dies hier drin. Interessante Frage übrigens, habt ihr so was?

(Der guten Ordnung halber: Die jeweils letzte Zeile pro Strophe gehört eingerückt, leider lässt das der Editor nicht zu.)

Kommt gut in die neue Woche!

Merken

29 Kommentare zu “Schöne Junitage

  1. Morgän Christiane,
    so ein shönes Gedicht!! Sehr schönes Rosenfoto!
    Du meinst mit Gedichtekanon ein Büchlein in das man die Gedichte reinschreibt die gefallen?
    Vielleicht kann das ja heutzutage der Blog sein? Ich hab da so ein „Blaues Buch“ … aber eben auch meine Blogs … und da in diesem Gedicht das pralle Leben vorkommt und der Leichenzug drin vorkommt werde ich wohl zum Totenhemd-Blog verlinken.
    Schöne Woche auch dir.
    HG
    Petra

    Gefällt 3 Personen

  2. Ja der Juni… ein Sonnen- und Erdbeerenmonat…
    Schönes Gedicht, wieder was gelernt. Dass das mit dem Einrücken nicht klappt? Muss ich mal testen, zumindest im klassischen Bearbeitungsmodus gibt es doch einen Einzug. Aber dann trifft es wohl den gesamten Absatz. Manchmal ist das alles ein wenig ein Gewürge.
    Du hättest den Text natürlich auch im Grafikprogramm schreiben können und dann als jpg einfügen. Aber auch das wäre mir zu umständlich. Woebi ich auf diese optischen Sachen manchmal schon auch Wert lege.
    Schöne Grüße.

    Gefällt 1 Person

    • Jaaaa, Pfeifendeckel. Früher ging das mal mit dem Einrücken, aber seit der Editor immer mehr verschlimmbessert wird, bin ich froh, wenn es einigermaßen so aussieht, wie es soll. Wenn du was rausfindest, lass es mich wissen, es ärgert mich tierisch, und ich hatte es schon über die HTML-Schiene versucht ( ). Ja, Gedicht als JPG einfügen würde gehen, dann hättest du aber die üblichen Probleme mit den Endgeräten: Jede/r ein anderes, jeder eine andere Auflösung, und was ist mit den ganzen Smartphones? Außerdem fressen die Suchmaschinen das dann nicht; was von Vorteil ist, wenn du was anzeigen willst, aber nicht willst, dass die Suchmaschine es indexiert. (Im Impressum ist so was verboten.)
      Ende des Exkurses, bleiben wir bei der Sonne und den Erdbeeren.
      Liebe Grüße
      Christiane 😉

      Gefällt 1 Person

  3. Pingback: Ein Gedicht über die Junitage: Leichenzüge. | Totenhemd-Blog

  4. Das Einrücken war das, was Herr Liliencron vorgab, aber vermutlich wäre er nicht sauer, wenn er es SO sehen würde, denn auch so behält alles seine Schönheit und Wohlgestalt *schmunzel*
    Von ihm ist auch das total irre gute und eindrückliche Trutz blanke Hans.
    Der Dichter mit dem schönen Namen, einem bewegten Leben und einer überaus klugen Schreibe. Alles in allem also:
    Ein toller Mann

    Liebe Grüße von Bruni

    Gefällt 2 Personen

    • Bruni, das weiß man nicht, und ehrlich gesagt, das ist nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass WordPress es nicht zulässt, dass ich eine Zeile, die KEIN Absatz ist, mit Leerschritten formatiere. Ich mag nicht, wenn man mir so strikt vorschreibt, wie mein Text auszusehen hat (es ging früher), ergo meckere ich.
      „Trutz, blanke Hans“ hatten wir schon bei den Balladentagen, ich erinnere mich. 🙂
      Könnten wir auch mal wieder: Sommerballaden. Hmmmmm.
      Liebe Grüße
      Christiane

      Gefällt 1 Person

Die Kommentarfunktion ist geschlossen.