Verantwortung | abc.etüden

Zu behaupten, ihre Gefühlslage sei ambivalent, war nicht nur ein Euphemismus, sondern eine fette Lüge. Sie schwankte zwischen zerreißendem Erschrecken und verschlingendem Zorn. Und Mitleid. Und ausgeprägten Schuldgefühlen.

Ihr Vater, der Auslöser der Misere, lag in seinem Krankenhausbett vor ihr und glich mehr denn je einem Häuflein Elend. Diagnose: ein frisch entdeckter, schwerer Diabetes mellitus, verbunden mit einem diabetischen Fuß. Der Arzt hatte soeben das Schreckgespenst Amputation an die Wand gemalt. Fuß ab oder tot, er könne wählen. Gottlob sei diese Verzweiflungstat noch keine medizinische Notwendigkeit, sondern erst das letzte Mittel, wenn nichts anderes anschlüge und er nicht auf der Stelle alles komplett umstelle. Es sei fünf nach zwölf.

Er hatte den Verlust ihrer Mutter vor Jahren nicht gut verkraftet. Nach ihrem Tod hatte er den Kummer mit Essen bekämpft, war kaum noch aus dem Haus gegangen, hatte stark zugenommen und immer weniger auf sich geachtet. Sie sahen einander nur selten, da sie in einer anderen Stadt ihr eigenes Leben lebte, telefonierten irgendwann bloß noch ein-, zweimal im Monat. Er hatte sich abgekapselt und sie hatte es zugelassen.
Manche schweißt ein Tod zusammen, andere nicht.
Jeder trauert anders, nicht wahr, und sie hatte schließlich ihre Mutter verloren. Und er war erwachsen und konnte auf sich selbst aufpassen.
Nun, anscheinend wohl doch nicht.
Nicht mehr.

Immerhin war er selbstständig zum Arzt gegangen, als die Blase, die er sich gelaufen hatte, über Wochen nicht zugeheilt war.

Und jetzt? Sich dem Jammer hinzugeben war auf jeden Fall nicht hilfreich. Die nächsten Monate würden zeigen, welche Veränderungen anstanden. Sie konnte nicht sagen, dass sie sich darauf freute.

„Ach, Papa!“

Er drückte schwach ihre Hand. Sie nickte aufmunternd.

„Gott sei Dank wissen wir jetzt Bescheid“, sagte sie und fühlte die Verantwortung tonnenschwer auf ihren Schultern lasten. „Wird schon wieder, Papa. Wir bekommen das irgendwie hin.“

 

abc.etüden 2019 36+37 | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay (hier und hier), Bearbeitung: ich

 

Für die abc.etüden, Wochen 36/37.2019: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Ludwig, dem Etüdenerfinder, und lauten: Verzweiflungstat, ambivalent, hingeben.

Diese Etüde ist insofern autobiografisch, als ich mal jemanden kannte, der darunter litt, und bei dem Diabetes exakt so diagnostiziert wurde. Also, Freunde: Wenn ihr bei euch oder bei euren Nächsten schmerzlose (Polyneuropathie) und schlecht oder gar nicht heilende Wunden feststellt, speziell an den Füßen, dann denkt dran, dass der Mensch auch Zucker, sprich Diabetes haben könnte.

Infos Diabetisches Fußsyndrom: Wikipedia, Diabetesinformationsdienst München

 

63 Kommentare zu “Verantwortung | abc.etüden

  1. Ja, es gibt Diagnosen, die eine_n erschrecken. Und manchmal wird es wieder. Und manchmal nicht. Schöner Text, liebe Christiane, „triggernd“ im besten Sinne. Denn wozu sollte ich einen Text lesen, wenn er nichts in mir auslöst?

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    • Was das Thema „Trigger“ angeht, liebe Elke, glaube ich, dass ich mal mit einer Definition anfangen müsste, bzw. auch, um verständlicher zu machen, was dergl (vermutlich) damit meint. Hier lesen, bitte:
      https://triggermedia.wordpress.com/2012/10/18/was-ist-ein-trigger-was-ist-ein-trauma/
      Insofern wirst du bei meiner Etüde wohl nicht von einem Trigger sprechen können.
      Wenn du meinen Text magst, dann freut mich das, ich habe lange daran gesessen und mir zum Teil etwas damit von der Seele geschrieben.
      Liebe Grüße
      Christiane 😁🌞🌾🌧️❤️

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      • Liebe dergl,
        Ich habe große Hochachtung vor allem, was du in deinem permanenten Kampf alles aufstellst. Ich schätze auch dein Wissen über viele Dinge, von denen ich keine Ahnung habe und deine Bereitschaft zur Information und Aufklärung. Mir gefällt aber gar nicht, wie sich die Dinge hier gerade entwickeln: diese und jener verhalten sich angeblich richtig, andere falsch, es gibt eine Etüden-community in der einige willkommen sind und andere eher stören, weil sie Regeln nicht befolgen, die einige angeblich verstehen und andere nicht ……
        Ich bin sehr dafür, dass die Dinge so bleiben, wie sie bisher waren: jede/r schreibt nach eigenem Gutdünken, jeder/jedem gefällt das eine mehr, das andere weniger, trotzdem beleidigt man niemanden und schließt niemanden aus. Christiane betreibt die Etüden ohnehin mit größtmöglichem Takt und Freundlichkeit. Man muss ihr das nicht schwerer machen indem irgendwelche Gräben aufgerissen werden

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        • Jupp, bestätige ich. Beides korrekt. Ich habe dich gefragt, was du von dem Artikel hältst, weil du drinsteckst und ich nicht, und ich weiß zu schätzen, welche weiten Wege du für die Etüden und damit auch für mich zurücklegst – „die Letzte“ bist du ganz sicher nicht.
          Ich verstehe aber auch Myriade, die versucht, ein Unbehagen zu äußern, das sich ganz sicher nicht aus diesem deinem Kommentar hier entwickelt hat.
          Nur ICH habe gerade keine Zeit, meinen Senf dazuzugeben, jedenfalls nicht in der ausgebreiteten Länge, wie das Thema es verdienen würde.

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        • Der Kommentar bezieht sich nicht auf die Erklärung des Begriffs triggern. Gar nicht. Er bezieht sich auf die ganze Debatte zum Thema Verantwortung, auf die Sache mit der „Etüden-community“, die früher anders (und besser) gewesen sein soll, auf die sehr harsche Kritik an manchen Etüden. Ich kann jetzt nicht mehr genau rekonstruieren, was genau ich wo bei wem gelesen habe. Mein Kommentar bezieht sich allein auf meine Befindlichkeit bei diesem Thema, die natürlich auch keinen Anspruch auf Allgemeingültigkeit erhebt.
          Die Bemerkung über Christianes Art die Etüden zu betreuen, war eine allgemeine Bemerkung, die sich nun nicht speziell auf dich bezogen hat.

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          • Wir haben uns also beide sachlich zu dem Thema geäußert. Ich fasse nochmal zusammen damit wir es dann abhaken
            können:
            Also:
            warum ich dich speziell angesprochen habe ? Na, weil du das Thema aufgebracht hast. Sonst ist noch niemand auf die Idee gekommen, dass ein harmloses Texterl aus den ABC-Etüden Gegenstand einer Klage nach einem Hass-Rede Paragraphen sein könnte. Ich finde das schlichtweg absurd trotz Unterschieden zwischen deutscher und österreichischer Gesetzgebung.
            .
            Du möchtest (mehr) Regeln bei den Etüden haben – Ich nicht.
            .
            Es kommt mir nicht auf den Begriff „community“ an, sondern darauf, dass ich nicht als Mitglied einer gar nicht existenten Gemeinschaft vereinnahmt werden möchte und schon gar nicht beleidigend beurteilt nach Kriterien, die ohne mein Zutun und Wissen aufgestellt werden/wurden.

            Du und ich sind zu diesem Thema eben nicht einer Meinung. Das sehe ich nicht als Problem

            Ich habe jetzt gar kein Bedürfnis darüber weiter zu schreiben und möchte das jetzt so stehen lassen.

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      • Oh bitte, ich verstehe durchaus, was TRIGGERN im medizinisch-psychologischen Sinn bedeutet. Aber das ist eben nicht die einzig mögliche Definition. Und NEIN, ich möchte jetzt nicht genauer darauf eingehen. Weil mich das nämlich triggert im medizinisch-psychologischen Sinn, was ich im Moment überhaupt nicht brauchen kann. Da halte ich den Ball lieber flach, um in einem anderen Bild zu bleiben.

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        • Liebe Elke, es ist für jedes Thema nicht besonders förderlich, wenn die Diskutierenden unter einem Begriff jeweils etwas anderes verstehen. Mir kam es so vor, als ob dein Kommentar eben nicht Triggern im medizinisch-psychologischen Sinn meinte, und ich wollte das richtigstellen, da es wiederum für dergl sehr wichtig ist, verstanden zu werden. Nichts für ungut, ja? 😮

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  2. Hautnah geschrieben bzw. ganz nah an einer nicht mehr heilenwollenden Beinfußwunde à la Diabetes, einer der größten Krankheiten der sogenannten Wohlstandsgesellschaft, denn nur sie ist Schuld an ihrer rapiden Ausweitung weltweit (und auch des metabolischen Syndroms) …
    Dir einen schönen Tag!
    Herzlich, Lu

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  3. Der Moment in dem man plötzlich Verantwortung für die Eltern übernehmen muss, ist sicher erschreckend für beide Seiten. In dem Fall noch überschattet von der Diagnose. Sehr lebensnah beschrieben.
    Grüße, Katharina

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    • Das ist eine der Erfahrungen, die man ziemlich unweigerlich irgendwann macht, und meiner Meinung nach ist sie immer verstörend, wenn man erlebt, dass die Eltern, die „Großen“, plötzlich mit uns die Rollen tauschen und wir, die „Kleinen“, die Verantwortung haben/übernehmen sollen.
      Liebe Grüße
      Christiane 🙂

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        • Ja, gute Fragen, danke.
          Auf jeden Fall ist es ein Lernprozess für beide Seiten, und nicht immer geht er zur Zufriedenheit aller aus – auch eine Quelle von Problemen.
          Danke dir, freut mich, dass meine Etüde dir gefällt.
          Liebe Grüße
          Christiane 😁😺🌞🌼👍

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  4. „Manche schweißt ein Tod zusammen, andere nicht“. Genau so ist es. Vielleicht finden deine Protagonisten ja jetzt wieder im Leben ein Stück mehr zusammen. Da das Thema Diabetes auch mich momentan beschäftigt, werde ich jetzt Mal eine Schippe in meinen Bemühungen drauf legen, danke dafür.
    Liebe Grüße
    Viola.

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    • Ich kenne zum Thema Diabetes gute wie schlechte Beispiele. Sicher ist, dass mithilfe der modernen Medizin viel geht, sicher ist aber auch, dass der- oder diejenige, die betroffen ist, viel selbst tun muss.
      Allerdings ist die Informationslage dank Internet inzwischen ebenfalls erheblich besser geworden.
      Danke für die guten Wünsche an meine Protagonisten, die in diesem Fall erfunden sind. Aber wenn die Etüde dich motiviert hat, freut es mich sehr! 👍
      Ganz liebe Grüße
      Christiane 😁🌞❤️🌼

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  5. schwer für beide Seiten, wenn eine fast gleichgültig gewordene Beziehung nun als lastende Verpflichtung wieder auflebt. Vielleicht aber auch als Chance, wie Viola meint. Alles Gute den beiden!

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  6. Deine Etüde gefällt mir sehr, Christiane. Nein, leicht ist die Situation nicht, von der du erzählst, weder für die Tochter noch für den Vater. Aber es gibt ja immer die Möglichkeit, mit dem notwendig werdenden Rollenwechsel auch zu ganz neuen Verhaltensmustern und Umgang zu finden.

    Gefällt 4 Personen

    • Ja, wenn so etwas eintritt, dann muss etwas geschehen. Und meist erwischt es einen unvorbereitet, wie es halt so ist. Ich wünsche jedem*jeder, dass sich ein praktikabler Weg finden lässt, aber ich persönlich fand es alles andere als leicht.
      Liebe Grüße und danke
      Christiane 😁😺👍

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  7. Hut ab, was du da in 300 Wörtern untergebracht hast ! Einerseits Diabetes und eigenverantwortliches Verhalten, andererseits der „Rollentausch“ von Eltern und Kindern. Alles Themen zu denen ich vieles zu sagen hätte…..

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  8. Nun habe ich ziemlich viel mitgelesen und mich gewundert über das eine oder andere, was ich las…

    Eines steht fest, liebe Christiane,
    Deine Etüde ist ringsum gut und alles kann so sein, wie Du es beschreibst. Erlebe ich doch zur Zeit in großen Abständen genau das bei einer Freundin, die ihr Leben ziemlich umstellen mußte, weil ihr Mann vor ca. 1 1/2 Jahren haargenau diese Diagnose bekam, inzwischen mit dem Rollstuhl fährt und gerade noch um eine Amputation des einen Fußes herumkam. Im Moment schreibt sie nicht und das ist immer ein ganz schlechtes Zeichen…
    Während des Lesens dachte ich unentwegt, Christiane beschreibt das, was ich über die Entfernung schreibend miterlebe…
    Liebste Grüße von Bruni an Dich

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    • Oh, verdammt, das tut mir aber leid zu lesen, liebe Bruni. Mein Vorbild für die Etüde ist um die OP herumgekommen, gut ausgegangen im Sinne von bewältigten Fußproblemen ist es trotzdem nicht.
      Kann mir gut vorstellen, dass du dir um sie (und ihn) Sorgen machst, das ist alles wirklich nicht witzig.
      Liebe Grüße, hab du dennoch einen schönen Tag!
      Christiane 😁🌞😺👍

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  9. Liebe Christiane, ich staune welche Diskussionen deine Etüde losgetreten hat, nein, ich habe nicht ALLES gelesen, nur gesehen wie es hin und her und her und hin ging. Hut ab, dass du dich dem stellst!
    Aber nun zur Etüde selbst – es ist doch immer wieder erstaunlich wie sich Menschen auseinaderleben, ob nun Vater und Tochter oder andere und wie dann plötzlich das Band wieder spürbar wird, wenn Einer ernstahft erkrankt oder dem Tod sehr nahe ist. Mich stimmt das nachdenklich und vielleicht sollte man viel öfter den Bändern nachspüren und nicht erst, wenn es ernst wird?!
    liebe Grüsse
    Ulli

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    • Liebe Ulli, es war nicht MEINE Etüde, die die Grundsatzdiskussionen losgetreten hat, es war allerdings folgerichtig, dass sie irgendwann hier landet, denn ich bin ja die Wörterverteilerin, bei der die Fäden zusammenlaufen.
      Was meine Etüde angeht: Blut ist dicker als Wasser? Tatsache ist, dass wenn sich eine Entfremdung oder ein Groll erst mal eingegraben hat, es etwas Großes braucht, dass beide bereit sind, über ihren Schatten zu springen. Wie zum Beispiel so eine Krankheit, ein Tod – aber auch Erfreuliches, eine Hochzeit, ein Kind.
      Bestimmt sollte man öfter den Bändern nachspüren, aber was ist, wenn allein das Vorhandensein der Bänder schon schmerzt, stellt man sich dem freiwillig und ohne Grund? Eher nicht, oder?
      Liebe Grüße
      Christiane 😁🌞😺🌼

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      • Ich glaube, dass dies etwas mit den unterschiedlichen Bedürfnissen zu tun hat, manche wünschen sich eine Heilung, andere bleiben im Schmerz, weil sie es (noch) nicht anders können?!
        Ich habe die Diskussion nicht wirklich verfolgt, also sorry für meine Voreiligkeit!
        Liebe Grüsse
        Ulli

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        • Ich weiß, dass du die Diskussion nicht wirklich verfolgt hast, und ich vermute, du hast seit deiner ersten Etüde auch nur ziemlich selektiv woanders gelesen.
          Und ja, unterschiedliche Bedürfnisse, vielleicht, aber das klingt so, als ob das Im-Schmerz-Bleiben ein Bedürfnis wäre? Das mag sein, aber man empfindet es doch nicht so …
          Liebe Grüße am Morgen
          Christiane

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  10. Mein Senf zum Thema, Abschnitt: Rechtslage
    dergl, ich weiß es sehr zu schätzen, dass du die Etüden vor jeglichem Schaden schützen willst und dazu Schatten an die Wand malst, die wir/ich möglicherweise noch nicht gesehen habe/n.
    Jeder Blogger ist für seine Kommentarspalte verantwortlich, ob er sie explizit „moderiert“ oder nicht. Ich habe mich darum bemüht, als ich mich um das Urheberrecht gekümmert habe. Soll heißen, wenn ich wen/etwas verlinke, was rechtlich bedenklich ist, und man mir nachweisen kann, dass ich das wusste, dann habe ich ein Problem. Deswegen allerdings haben wir alle den Passus in unserem Impressum/Disclaimer, der mit „Haftung für Links“ überschrieben ist: keine Gewähr für fremde Inhalte, rechtswidrige Inhalte zum Zeitpunkt der Verlinkung nicht erkennbar. Das ist (außer Höflichkeit) ein Grund, weshalb ich mir alle Etüden, die zu mir verlinken, ansehe.
    Was ist rechtswidrig? Die Etüden sind per Definition fiktiv und fallen unter das Urheberrecht. Das ist eine andere Ausgangslage als beispielsweise auf FB oder Twitter.
    Ich habe mich mit einer Seite befasst, die die Gesetze gegen Hate Speech auflistet, und fand das höchst interessant. Hier ist sie: https://no-hate-speech.de/de/wissen/welche-gesetze-gibt-es-gegen-hate-speech/
    Nichts davon sehe ich in den Etüden, und würde ich etwas davon sehen, würde ich die betreffende Etüde verwarnen bzw. nicht verlinken.
    dergl, du schreibst oben: „[anzeigefähig ist] … potentiell auch ein Trigger, nämlich dann, wenn die getriggerte Person seelisch oder körperlich Schaden nimmt. Meldet sich so eine Person bei einer Beratungsstelle, kann die ihr raten Anzeige zu erstatten, auch wenn die urhebende Person gar keinen bewussten Schaden anrichten wollte.“ Da bitte ich dich um einen Link, das würde ich gern nachlesen, denn ich wüsste gern, was da angezeigt werden sollte. Auf die Etüden bezogen, jedenfalls auf das, was wir bisher hatten, glaube ich nicht daran, dass eine Beratungsstelle dazu raten würde. Nicht, wenn das ein offensichtlich unglücklicher Ausrutscher war – und ich unterstelle keinem Schreibenden bei den Etüden etwas anderes.
    Was ich tatsächlich in das Kleingedruckte aufnehmen werde, ist der Hinweis, dass jede*r Mitschreibende für den Inhalt und die Auswirkungen seiner Etüde auf Dritte selbst verantwortlich ist und bleibt, und dass die akzeptierte Verlinkung auf meine Seite NICHT bedeutet, dass ich die Etüde als „okay“ abgesegnet habe. Denn erstens bin ich kein Jurist, zweitens kann ich nicht wissen, was irgendjemanden da draußen triggert, und drittens bin ich nicht die Über-Mama, die zu entscheiden hat, was „okay“ ist und was nicht.
    Zu der Sache mit der „Community“ und den Regeln später mehr.

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  11. Mein Senf zum Thema, Abschnitt: Community und Regeln
    Selbstverständlich habe ich gesagt, was ich gesagt habe (Link zu dergl auf ihrer Seite). Was mir nicht klar war, ist dass andere bei dem Begriff so fundamental andere Assoziationen haben als ich. Ich betrachte mich bezogen auf die Etüden als Primus inter Pares, das ist, sagt der Duden, „der Erste von mehreren im Rang auf der gleichen Stufe stehenden Personen“. Der/die „Erste“ bin ich deshalb, weil ich die Etüden organisiere. Das heißt: Natürlich spreche ich von „meinen“ Etüdenschreiber*innen, natürlich empfinde ich uns als ein „Wir“, natürlich mag ich einige lieber als andere. Und deshalb scheue ich mich auch nicht, bei anderen Mitschreibenden vorzutreten und zu sagen: Ey, Entschuldigung, das finde ich jetzt aber ernsthaft nicht gut geraten, das wäre anders besser – und wünsche es mir umgekehrt auch von euch.
    Wir sind ein vielfältiger Kreis an Schreibern, wir haben sehr unterschiedliche Themen, jede*r vertritt seine eigene Meinung, wir beherrschen unser Handwerk unterschiedlich, wir wählen verschiedene Mittel und nicht immer kann jede*r zu allem was schreiben. Alles gut. Alles Kür, keine Pflicht.
    Regeln: Ihr erinnert euch an letztes Jahr, als wir die Etüden von 10 Sätzen auf 300 Wörter umgestellt haben? Wir haben eine fette Abstimmung gefahren, und uns mit Dreiviertelmehrheit entschieden. Wie kommt ihr auf die Idee, ich würde selbstherrlich etwas ändern, ohne EUCH zu fragen? Ihr seid das Volk! 😉 Selbstverständlich wird alles, was sich hier ändert, mit euch diskutiert und abgestimmt, und zwar nicht zwischen Tür und Angel.
    Generell habe ich ein Problem mit Regeln für die Etüden: Man muss sie einhalten. Man muss sie überwachen, und man muss Verstöße dagegen sanktionieren, denn sonst hat das alles ja gar keinen Zweck. Und genau an der Stelle bin ich eigentlich raus. Ich bin nicht der Typ dafür, ich habe weder die Zeit oder die Nerven dafür noch den Spaß daran, ich belehre andere ausgesprochen ungern: Stichwort Über-Mama. Ich bin schon genervt, wenn ich ab und an mal Wörter nachzähle, ob es auch weniger als 300 sind (ja, eigentlich immer), und mal jemanden anmache, dass er*sie doch bitte seine*ihre Etüde verlinken soll.
    Damit hat sich in meinen Augen auch die irgendwo angesprochene Frage nach einem „Ziel“ des Schreibprojekts erledigt. Minimalkonsens: Wir sind eine lose Ansammlung von Individuen, die nach 3 vorgegebenen Wörtern Geschichten schreibt und sich ausprobiert, wobei jede*r für seins*ihrs verantwortlich ist.
    Howgh, ich habe gesprochen. 🤠

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  12. „Und deshalb scheue ich mich auch nicht, bei anderen Mitschreibenden vorzutreten und zu sagen: Ey, Entschuldigung, das finde ich jetzt aber ernsthaft nicht gut geraten, das wäre anders besser – und wünsche es mir umgekehrt auch von euch.“ Das wäre toll, wenn es bei den Etüden mehr konstruktive Kritik geben würde.
    .
    Was mir dazu noch einfällt: Verantwortung ohne Druck von außen ist sehr viel besser als zwingende Regeln. Einmal ganz abgesehen davon, dass solche Regeln kaum zu formulieren und daher auch äußerst mühsam und kontroversiell durchzusetzen wären.

    Ah ja und die gut formulierte Triggerwarnung bei Bernd hast du eh gesehen https://redskiesoverparadise.wordpress.com/2019/09/13/ueberfordert/

    Ein geruhsames Wochenende wünsche ich dir

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    • Habe ich gelesen (bei Bernd) und ihm schon sehr dafür gedankt. Und genau das wäre meine Idee, wenn überhaupt (wobei die eigentlich von dergl stammt): Kommt in deiner Etüde Mensch oder Tier zu Schaden, psychisch oder physisch, beschreibst du explizit jemanden, der ausrastet oder dem es sehr schlecht geht, dann hau den Disclaimer drüber: Achtung, wenn du selbst nicht okay bist, könntest du hiermit Probleme haben, Weiterlesen auf eigene Gefahr (bzw. Bernds Text, dies ist jetzt nur meine Formulierung). MEHR NICHT. Die genauen Umstände, unter denen eine Triggerwarnung nötig ist, könnten wir bestimmt noch von Betroffenen erfragen. Das erspart alle Vorschriften, die keiner will, ich am wenigsten.
      Du würdest es machen, habe ich deinem Kommentar entnommen. Ich auch. Dann wären wir ja schon mal drei.
      Konstruktive Kritik würde mich ebenfalls sehr interessieren, aber entschuldige, können wir das Fass bitte nicht hier aufmachen? 😉
      Auch dir ein geruhsames Wochenende, wünschen kann mans ja.
      Liebe Grüße
      Christiane 😁😺👍❤️

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  13. Ich könnte mir diese Variante – Warnung am Anfang der Etüde- auch gut vorstellen.
    Bei mir selbst wird das eher selten geschehen, da mich explizite Gewalt und Sexbeschreibungen wahlweise anwidern oder anöden.
    (Kleiner Witz aus meinem Leben: Ich habe Geburten miterlebt, extreme Blutungen bei Todranken, ich habe auch schon geschlachtet – im Film kann ich aber kein Blut sehen, da muss ich weggucken)
    Bleibt die Frage was problematisch ist und was nicht: Dergl schrieb von einem Bekannten, dessen Kind am plötzlichen Wiegentod verstorben ist. DAS hatte ich z.B. mal in einer Etüde.

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