Unwiederbringlich | abc.etüden

Der Regen entsprach ihrer Stimmung. Es war kein sanfter Nieselregen, den sie ansonsten sehr liebte, nein, draußen rauschte es hernieder und prasselte auf ihr Dach, dass es die wahre Freude hätte sein können. In ihren Gedanken bekämpften sich die Tropfen jedoch wie in einem schlechten Western: „Nimm das, du Schurke!“ – „Stirb, du Schuft!“

Die ganze Sache war extrem dumm gelaufen, so viel stand fest. Sie hatte die allerbesten Absichten gehegt, das konnte sie sich zugutehalten. Aber manchmal zeitigten Ereignisse Konsequenzen, die nicht vorhersehbar waren und das Leben erst mal ins Schleudern brachten. Unwiederbringlich.

Sie starrte aus dem Fenster in die niedergehenden Fluten. Irgendwann bemerkte sie, dass ihr Tränen über die Wangen liefen. „All dead, all dead“, tröpfelte es aus dem Radio, „all the dreams we had, and I wonder why I still live on.“ Eines der selten gespielten Lieder einer alten Lieblingsplatte, das heute ihr Gefühl so genau umriss, dass sie sich ihr Herz schier in Stücke schluchzte und im Kummer versank. Ach, scheißegal.

Keine Ahnung, wie lange sie nichts mitbekommen hatte, aber es hatte gereicht, dass sie sich ganz weich und matschig in der Birne fühlte. Die Tränen waren inzwischen versiegt. Als sie den Kopf hob und einen Blick aus dem Fenster warf, flimmerte ihr vor einer dunklen Wolkenwand ein schon halbwegs transparentes Stück Regenbogen entgegen.

Wie jetzt? Sie beäugte die zarte Erscheinung leicht fassungslos. „Findest du nicht, dass du ein bisschen übertreibst?“, fragte sie niemanden im Besonderen und seufzte tief.

Irren ist menschlich. Wenn auch nicht human.
Es war Zeit für einen Kaffee und den Versuch einer rationaleren Bestandsaufnahme.

 

abc.etüden 2019 10+11 | 365tageasatzadayQuelle: Johannes Roth auf unsplash, Bearbeitung von mir

 

Für die abc.etüden, Wochen 10/11.2019: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Natalie und ihrem Blog Fundevogelnest und lauten: Nieselregen, weich, irren.

Die Etüde zitiert ein Lied von Queen, „All dead, all dead“ (von „News of the World“) (Video bei YouTube); „Irren ist menschlich. Wenn auch nicht human.“, ist eine Zeile aus dem von mir sehr geschätzten Gedicht „Heiligenscheinheilige“ von Mascha Kaléko, zu finden zum Beispiel in „Die paar leuchtenden Jahre“ (dtv, Link zum PDF, S. 15).

Nein, keine Sorge, diese Etüde ist fiktiv, was jedoch nicht heißt, dass ich mich nie so gefühlt habe.

Katzenfans bitte UNBEDINGT HIER KLICKEN, das ist (auch auf YouTube) das obige Lied mit – äh – Cat Content und Lyrics. Zauberhaft!

 

 

Ist das die Welt, die wir erschaffen haben?

Am 1. Dezember ist Welt-AIDS-Tag. Viele, auch ich, nehmen diesen Tag meist fast nur die Berichterstattung in den Medien wahr, oder dadurch, dass an diesem Tag auf den Straßen Teddybären mit AIDS-Schleife gegen Spende abgegeben werden. Laut offizieller Zahlen haben wir in Deutschland 88.400 Menschen mit HIV, gemessen an einer Zahl von 36,7 Millionen HIV-Infizierter bedeutet das, dass das Problem eher nicht hierzulande tobt. So wird es meist auch behandelt.

Aber immer noch leben Menschen mit HIV unter uns, die deswegen ausgegrenzt und diskriminiert werden, obwohl es Medikamente gibt, obwohl die Übertragungswege bekannt sind, obwohl das Risiko, sich zu infizieren, sehr überschaubar ist – sofern man sich informiert und sich daran hält. Immer noch werden aber nicht nur HIV-Positive diskriminiert, sondern auch deren Unterstützer – und als „Unterstützer“ kann ganz schnell jede/r angesehen werden, der sich einfach normal und mitmenschlich verhält und nicht in Hysterie und/oder Panikmache verfällt. (Aber Hirn einschalten war ja noch nie populär, die meisten laufen auf Emotionen, das ist einfacher.) Darauf sollte in diesem unserem Land auch aufmerksam gemacht werden, einer von vielen Punkten auf einer unrühmlichen Agenda, ich weiß, aber kein unwichtiger.

Hier gibt es Einstiegsinfos zum Thema: Welt-AIDS-Tag.

Die wertgeschätzte Frau dergl postet heute auf ihren Blogs, den Tintenklecksen und den Fädenrissen (letztere stehen auf privat, wundert euch nicht; dergl, ich nehme die Links raus, wenn du sie nicht willst), heute ein paar Geschichten dazu, und sie hatte dazu aufgerufen, sich daran zu beteiligen. Nun, das mit dem Schreiben habe ich nicht geschafft, aber ich dachte, ich kann einen Soundtrack für den heutigen Tag liefern.

Queen: Is this the World we created? („The Works“, 1984, Songtext (Original), mehr Infos)
Falls ich es versäumt haben sollte zu erwähnen, Queen war meine erste musikalische Liebe, und ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube, Freddie war der erste „öffentliche“ Mann, von dem ich erfuhr, dass er schwul ist …

 

 

 

Schau dir einfach mal all die hungrigen Mäuler an die wir stopfen müssen.
Wirf einen Blick auf all das Leiden das wir schaffen.
So viele einsame Gesichter sind überall verstreut
auf der Suche nach dem, was sie brauchen.

Ist das die Welt, die wir erschaffen haben?
Wozu haben wir das getan?
Ist das die Welt in die wir eingedrungen sind, entgegen dem Gesetz?
Also sieht es am Ende so aus, dass es dies hier ist, wofür wir heute alle leben:
Die Welt die wir erschaffen haben.

Du weißt, dass jeden Tag ein hilfloses Kind geboren wird,
das liebevolle Pflege in einem glücklichem Zuhause braucht.
Irgendwo sitzt ein reicher Mann auf seinem Thron
und lässt sein Leben achtlos an sich vorbeiziehen.

Ist das die Welt die wir erschaffen haben?
Wir haben sie allein gemacht.
Ist das die Welt, die wir zugrunde gerichtet haben, bis auf die Knochen?
Wenn es einen Gott im Himmel gibt, der herunterschaut,
was muss er über das denken, was wir der Welt angetan haben,
die Er erschaffen hat?

(Übersetzung von mir)

 

Under Pressure

Gesundheit kommt vom Herzen, Krankheit geht zum Herzen.

(Tschechisch)

Schickt mir heute mal ein paar gute Wünsche, heute wird vermutlich eher nicht mein Lieblingstag.

Das Katzenbiest übrigens, das gestern dreibeinig in die Nacht gehüpft war, kam heute früh in der Dämmerung zurück. Hungrig! Maulend! Übers Dach! Und eindeutig vierbeinig! Also, gut ist noch nichts, aber er tritt wieder auf, wenn auch sehr vorsichtig. Springen klappt offensichtlich auch, sonst hätte er es nicht aufs Dach geschafft.
Entwarnung? Mal sehen.

 

 

Ja, ich war Queen-Fan. (Okay, ich kann nicht „war“ schreiben, ich sehe es ein. Ich bin Queen-Fan.) Oh ja … 🙂