Das Geburtstagsgeschenk I | abc.etüden

Erster Schulungstag bei dem neuen Dozenten. Laura lehnte sich unentspannt zurück. Er war bereits mehrfach in der Kantine gesichtet worden und das Gerücht war angeblich bestätigt, er sähe heiß aus. Am Morgen hatte Laura schon feststellen können, dass die Mädels alle in ihren besten oder zweitbesten Outfits angerückt waren, was selbstverständlich keine zugab. Einigermaßen jung sollte er auch noch sein. Die Jagd war also eröffnet – die kommende Woche würde bestimmt kurzweilig werden. Na dann.

Eine halbe Stunde später hätte sie alles dafür gegeben, in einem anderen Kurs zu sitzen. Vor ihr hatte ein hochgewachsener Mann Platz genommen, der routiniert seine Vorstellung abwickelte, kompetent und witzig Fragen beantwortete und immer wieder amüsiert zu ihr herübersah. Oh Erdboden, tu dich auf! Wie peinlich! Aus welcher Gruft war der denn wiederauferstanden, und dann auch noch ausgerechnet hier? Sie brauchte dringend frische Luft.

Alles ging gut bis zum Ende der Stunde. Als sie sich nach dem Pausengong mit ihrer Freundin im Schlepptau an seinem Tisch vorbeischob, sah er auf.
„Ach, Frau Feldmann?“ Das war sie.
„Ja?“
„Haben Sie immer noch diese leicht absonderliche Vorliebe für Tulpenzwiebeln?“

Sie erstarrte, und das sagte ihm wohl alles, was er wissen wollte, denn er begann zu grinsen. Ar…mleuchter! Zum Glück rettete Anna sie.

„Also, wenn das Ihr bester Anmachspruch gewesen sein sollte, dann muss ich Ihnen leider sagen, dass Sie noch ein bisschen üben müssen, das war erst mal nichts! Kommst du, Laura?“

Sie zog sie weg. Laura ließ es geschehen. Draußen ließen sie sich auf eine Bank fallen. Anna zürnte.

„Was war denn das für ein Blödspruch? Laura, kennt der dich? Sag nicht, dass du mal was mit dem hattest! Du warst die ganze Stunde schon so merkwürdig.“

„Nein!“, protestierte Laura, „der ist doch viel zu alt!“

Oh nein, sie würde nicht damit rausrücken, nicht freiwillig!

 

abc.etüden 2019 15+16 | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay, Bearbeitung von mir

 

Für die abc.etüden, Wochen 15/16.2019: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Veronika und ihrem Blog Vro jongliert und lauten: Tulpenzwiebel, kurzweilig, auferstehen.

Mal wieder was Leichteres. Jaha, das ist ein Cliffhanger. Ihr habt bis morgen Zeit, darüber zu spekulieren, woher die beiden sich kennen und was die Überschrift soll. Ich bin bereit zu wetten, dass keine*r draufkommt. Und falls doch, weiß ich nicht, ob ich es zugeben würde … 😉

Update: Hier geht es weiter.

 

33 Kommentare zu “Das Geburtstagsgeschenk I | abc.etüden

    • Ähm. Die 300 Wörter waren alle, was soll ich denn machen 😎
      Morgen geht es weiter, lieber Werner.
      Und das mit der Zange sehe ich gelassen. 😀
      Liebe Grüße
      Christiane

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  1. Meine Theorie ist:

    Laura Feldmann ist eine gescheiterte Floristin. Einst war sie in einer Gärtnerei beschäftigt, begann eine Liaison mit ihrem damaligen Arbeitgeber und wurde eines Nachmittags im Gewächshaus bei unzüchtigen Fifty-Shades-of-Grey-Spielchen unter Verwendung von Tulpenzwiebeln von einem Stammkunden erwischt, der seines Zeichens Dozent an der Uni ist.

    Tadaaa! 😉

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  2. Du machst es spannend, liebe Christiane, ich habe keine Idee und bin gespannt!
    So herausfordernd die 3 Worte auch sind, ich schaffe es dieses Mal zeitlich voraussichtlich nicht …

    Herzlich,
    Anna-Lena

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    • Dann ist das eben so. Mach dir bloß keinen Extra-Stress, manchmal hat man keine Zeit und keine Ideen, das kann passieren.
      Morgen früh gibt es die Auflösung, vermutlich weit unspektakulärer als erwartet 😉
      Gute Nacht und liebe Grüße gen Hauptstadt
      Christiane

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  3. Pingback: Das Geburtstagsgeschenk II | abc.etüden | Irgendwas ist immer

  4. Gespannt las ich und dann der Spruch mit den Tulpenzwiebeln… Ich war amüsiert und seeehr verblüfft.
    Nun beendest Du Deine Geschichte, als wärs eine Fortsetzungsgeschichte in einer Zeitschrift *stöhn*

    Grinsegrüße von Bruni an Dich

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    • Dann habe ich gute Neuigkeiten für dich: Der zweite Teil ist unten verlinkt bzw. heute früh erschienen, du solltest also weiterlesen können!
      Freut mich, dass es dir gefällt!
      Liebe Grüße
      Christiane

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  5. Manchmal hat es Vorteile, wenn man einen Tag nicht zum Lesen kommt – ich kann gleich Teil 2 lesen. Ne Idee, habe ich vorher leider gar nicht. Die Tulpenzwiebel irritiert mich und ich bin zu neugierig, um nicht gleich weiterzulesen. 😉
    Grüße, Katharina.

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    • Wenn ich wiederum nicht so spät dran wäre – ich bin letzte Woche ja nicht zu einer Etüde gekommen – dann hätte ich vermutlich nicht beide hintereinander weg veröffentlicht. Aber so habe ich beide Teile an einem Abend geschrieben und dann gestern den zweiten Teil nur noch bisschen überarbeiten müssen … *hust*, weil mir plötzlich doch noch was einfiel …
      Vergnügte Grüße zurück
      Christiane

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  6. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 17.18.19 | Wortspende von Agnes Podczeck | Irgendwas ist immer

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