Küchengespräche | abc.etüden

„Und, wie hat er es aufgenommen?“

Es graupelte immer noch draußen, und als sie ihre feuchten Stiefel auf das Schuhbrett gestellt und gerochen hatte, dass jemand gerade erst Tee gekocht hatte, wusste sie eigentlich schon, dass Frust angesagt war. Also ließ sie sich erschöpft auf ihren Platz am Küchentisch fallen, griff nach dem Honigkrüglein und ihrem Lieblingsbecher und ließ eine etwa teelöffelgroße Menge hineinrinnen.

„Erwartungsgemäß nicht besonders“, fasste ihre Tochter zusammen, „brotlose Kunst, ihr beide erfolglose Akademiker und ich soll das nicht machen, weil ich doch bitte nicht so enden soll wie ihr – und schon gar nicht kellnern, übrigens.“

Sie griff seufzend nach der Teekanne – schlüsselblumengelb, ein Relikt aus einer Gelbphase ihrer Tochter – schenkte sich ein und rührte um, während sie ihre Gedanken entwickelte.

„Na ja, erfolglos – das ist sein Film, er hat sich sein Leben ganz sicher nicht so vorgestellt, dass er mit Anfang fünfzig hinter einem Tresen steht, und du weißt ja, Oma gibt ja auch immer noch gern mit ihrem Sohn, dem Herrn Doktor, an. Und auch wenn er es nie eingestehen würde, er weiß genau, dass er froh sein kann, dass eigentlich Klaus die Kneipe rockt.

Du hingegen, mein Schatz, hast mit dem Platz an der HFBK erst mal eine fette Chance, deinen bisherigen Lebenstraum auszuprobieren, und wenn du was anderes machen würdest, wärst du schön blöd. In zwei Tagen wird er es geschluckt haben und stolz auf dich sein und sich höchstens noch darüber aufregen, dass du nebenbei in seinem Kneipenbiotop jobben willst. Alternder Löwe und so – hab ich’s dir nicht vorhergesagt, das mit dem Kellnerjob funktioniert prima als Ablenkungsmaßnahme.“

 

2018_05_1_lz | 365tageasatzadayVisuals: ludwigzeidler.de

 

Für die abc.etüden, Woche 05.2018: 3 Worte, maximal 10 Sätze. Die Worte stammen in dieser Woche von Elke H. Speidel und lauten: Krüglein, schlüsselblumengelb, graupeln.

Musste jetzt sein. Wer nicht weiß, um was es eigentlich geht, hier ist der erste Teil.

 

60 Kommentare zu “Küchengespräche | abc.etüden

    • Genau. Außerdem, wenn die Familie einigermaßen okay ist, dann steckt wenigstens ein Elternteil bei der Bewerbung und der Zusammenstellung der Mappe mit drin, das ist nichts, was mal eben so passiert. Hier hat eindeutig Mama die Fäden in der Hand. Und warum auch nicht, jeder hat seine Fähigkeiten.
      Liebe Grüße
      Christiane

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      • Oft genug realisiert der Nachwuchs den Traum eines Elternteils, selbst wenn dieser offiziell dagegen opponiert. Ich glaube daher, dass Papa ein heimlicher Promoter der töchterlichen Wünsche ist. Alternder Löwe, Kneipenbiotop – passt vorzüglich. Ist für mein Gefühl so was wie „der Grieche“ Kostas, der in Berlin das „Terzo Mondo“ unterhält (im doppelten Wortsinn). Die Mama steuert aus dem Hintergrund.

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        • Ja, und Papa ist nicht wirklich dagegen, Papa LIEBT seine Tochter total und will ihr nur das Scheitern ersparen, das er befürchtet.
          Wenn er sich erst mal an den Gedanken gewöhnt hat, dass sie ein (ja jetzt von außen bestätigtes) Talent hat, wird er es überall herumerzählen und vor Stolz platzen. 😉

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      • Jein. Er wird zwar vor Stolz platzen und es überall rumerzählen, er wird sich mit seiner talentierten Tochter schmücken, aber einen selbständigen echten Erfolg – dass sie eine anerkannte Künstlerin wird – würde er wohl nicht so leicht wegstecken. Es träfe sein löwen-haftes Selbstbewusstsein, das, wie deine Geschichte vermuten lässt, schwere Risse hat.

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        • Damit hast du recht, fürchte ich. Ich muss zugeben, dass ich daran nicht gedacht habe, jedenfalls jetzt noch nicht, wo sie mit der Hochschule erst anfängt und noch alles offen ist.

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  1. In diesem Fall soll das keine Familie sein, wo die Katastrophe schon um die Ecke lugt: bürgerlicher Rahmen, keine klaffenden Abgründe, jedenfalls erst mal nicht.
    Ich kenne Alison Bechdel vermutlich von dir, bin kein großer Fan von Graphic Novels, finde aber allein diese Überschrift schon großartig.
    Liebe Grüße
    Christiane

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    • Wie gesagt, passe. Ich hab allerdings ein ziemlich gutes Namensgedächtnis, daher weiß ich, dass ich den Namen kenne, und du bist die logische Verdächtige …

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  2. Na, da bin ich ja froh. Damit die Kunst nicht brotlos wird, braucht sie nämlich nicht nur Talent, sondern auch jemanden, der sie motiviert, wenn es mal nicht so läuft. Warum ist die Mutter als Diplom-Ingenieurin denn gescheitert? Ingenieure braucht das Land doch.

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    • Also, Moment, sie ist nicht gescheitert, WEIL sie einen Dipl.-Ing. hat, sondern weil sie Pakete ausfährt – denkt er. Nur um das klarzustellen, ich weiß nicht, ob es so rüberkam.
      Ich wiederum habe allerdings keine Ahnung, was für einen Dipl.-Ing. sie hat oder warum sie in dem Beruf nicht arbeitet. Könnte ganz klassisch des Kindes wegen gewesen sein, er macht ja mit Sicherheit auch nicht schon 20 Jahre Kneipe. Was ich aber weiß, ist, dass SIE sich nicht als gescheitert ansieht, sie fährt nämlich richtig gern diesen großen Transporter.
      Bin für passende Vorschläge offen. 😉
      Liebe Grüße
      Christiane, HH – hartnäckig hustend

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      • Stimmt, alles eine Frage der Perspektive. Deshalb fällt es ihr wahrscheinlich leichter, ihre Tochter zu unterstützen. Und ich bin überzeugt davon, dass es bei Diplom-Ingenieuren wie in auch in anderen Berufen so ist, dass frau es nach einer Babypause nicht leichter gemacht wird. Vielleicht hat sie ja vorher im Anlagenbau gearbeitet und war viel im Ausland unterwegs und als dann das Kind kam, wollte sie nicht mehr ständig auf Reisen sein.

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        • Auf jeden Fall wollte sie das Kind mit ihrem Mann gemeinsam erziehen, und er ist keiner, der als Hausmann mit außer Landes geht (ich bewundere dich ein bisschen, übrigens, so weit weg, so anders alles dort).
          Liebe Grüße
          Christiane

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          • Es war keine leichte Entscheidung. Als freiberufliche Texterin bin ich ja zum Glück flexibel, was meinen Arbeitsort angeht. Jetzt muss ich mich zwar mit der deutschen Umsatzsteuer rumschlagen, was mir innerhalb der EU erspart geblieben ist, aber das regelt sich alles Schritt für Schritt. Und meine Kunden sind mir bislang zum Glück auch alle treu geblieben. 😀 Liebe Grüße zurück, Peggy

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  3. ich hatte tatsächlich mal ne Freundin, die war Dipl-Ing, ausgebildet in der DDR, dann geflohen und im „westen“ schlecht angepasst. Als sie das Leben in Büros satt hatte (und auch, weil sie wegen des Kindes, das sie allein erzog, flexbler sein wollte) kündigte sie und wurde … Putzfrau. Da verdiente sie dasselbe und fühlte sich freier, selbst den Rahmen zu setzen, wieviel und wann sie arbeitete.
    Und was das Paket-Ausfahren angeht: der Lebensgefährte meiner Nichte versteht sich als Dichter und fährt Pakete in England aus, besonders auch schwierige Transporte wie Kunstwerke, arbeitet auf eigene Rechnung, kennt die Künstler persönlich… Er liebt diesen Job.

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    • Eben, liebe Gerda. Selbstbestimmtheit und lieben, was man tut, das ist der Punkt.
      Ich bin ziemlich sicher, dass eine Menge Leute „Papas“ Job in der Kneipe mit Feuereifer und Handkuss nehmen würden. Es liegt oft daran, wie wir dazu stehen, was wir machen, ob wir damit glücklich werden.

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    • und ich kann mit einer lieben Bekannten aufweisen, die eine sehr gute Techn. Zeichnerin in Amt und Würden war und der dieser Job zu langweilig wurde. Immer Büro, das wollte sie nicht mehr. Sie kündigte und fährt seitdem riesige LKWs, fährt Italien – Holland und kam, wenn es passte, bei mir vorbei *g*.
      In ihren Fahrpausen las sie Biografien und Gedichte. Leider habe ich jetzt lange nichts mehr von ihr gehört.

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      • Klingt spannend, liebe Bruni. Ich kenne auch eine Frau, die LKW fährt.
        Ich habe in der letzten Zeit davon gelesen, dass immer mehr Trucks nachts überfallen und ihrer Ladung beraubt werden, ich wüsste gern, ob sich für sie dadurch was geändert hat.
        Liebe Grüße
        Christiane

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        • Da müßte ich mich mal erkundigen
          Aber hier handelt es sich meist um Trucks, die mit Aggregaten zum Tiefkühlen ausgerüstet sind und Tiefkühlladung wird vermutlich weniger betroffen sein.

          Liebe Grüße von Bruni

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        • Besonders schwierig ist es jetzt an den Häfen, zB in Patras, denn dieTruckfahrer müssen dafür sorgen, dass keine Flüchtlinge ihr Fahrzeug entern und sich drin verstecken. Sie sind voll haftbar. Es ist ein täglicher Kampf mit den Menschen, die über die Grenze wollen, mit den Zoll- und Hafenbeamten, den Schleusern, sehr viel Geld geht da durch die Hände, damit ein paar Elende es schaffen, von Griechenland nach Italien zu gelangen,….

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        • Ja. Eine Freundin hat mir mal haarklein erzählt, wie sie es schaffte, mit ihrem alten VW-Bus auf die Fähre zu gelangen. Sie hat eine Geschichte der Hilfe für Flüchtlinge, hat sogar einen geheiratet, und so war es schrecklich für sie, wie es dort zugeht. Am schlimmsten sei die Korruption. Jetzt wird ein zweiter, noch höherer Zaun um das Hafen-Gelände gebaut (nein, eine Mauer ist es noch nicht, aber wo ist der Unterschied?)

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          • Ich komme am schlechtesten mit dem Gedanken an die Korruption klar, an diese himmelschreiende Ungerechtigkeit, dass wer viel zahlt, das Recht beugt.
            Nicht dass ich das System an sich gut finden würde, das kann wohl keiner.

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          • so geht es mir auch. Das System führt dazu, dass die Stärksten und Schlausten, die über Beziehungen verfügen, sich Geld beschaffen können und wissen, wie man wen besticht – dann im Land ihrer Wahl als Asylsuchende auftreten, während die ganz und gar Hilfsbedürftigen verzweifeln. Es ist eine „Auslese“ im Darwinschen Sinne.

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          • Ich frage mich gerade, ob das in vergleichbaren Situationen nicht immer so ist.
            Wie war es damals, als wir aus Deutschland geflohen sind, haben wir nicht ähnlich gehandelt, gab es diese zwielichtigen Gestalten nicht, die von der Notlage profitiert haben? Okay, heute flieht man zu uns, und wir erweisen uns den Anforderungen nicht wirklich als gewachsen …

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          • Aber sicher, Christiane, immer ist es so: wenn sich die Situationen zuspitzen, überleben die Kräftigsten. Doch dafür wurden die Asylgesetze nicht gemacht. Sondern im Gegenteil sollten sie denen, die nicht kräftig sind, eine Chance geben.
            ich möchte nicht missverstanden werden: wer es schafft, in diesem System zu überleben, ist für mich kein schlechterer Mensch. er ist freilich auch kein besserer. Nun, das ist eine große Diskussion und gehört eigentlich nicht hierher.

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          • Ja, ich denke das auch: Theorie und Praxis, Anspruch und Wirklichkeit. Ja, ein großes Thema, dass wir hier mit unseren Mitteln nicht zufriedenstellend diskutieren können, ich denke sogar, dass es das Medium früher oder später zwangsläufig sprengt.
            Auf jeden Fall Grüße
            Christiane

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  4. Ein Abschluss als Dipl.-Ing. in einem anderen Land ist eine „gute Basis“ für Jobs als Paketausfahrerin, Putzfrau, Hausmeister, Näherin in Heimarbeit oder ähnliche, möglicherweise selbstbestimmte und sinnvolle, aber in der Regel unbefriedigend bezahlte Tätigkeiten.

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    • Sie ziehen zu zweit ein Kind groß, und ihre beruflichen Lebenswege sind/waren nicht gradlinig. Aber mehr steht da nicht, der Rest ist Spekulation und Interpretation, ich finde das gerade echt spannend … 😉

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    • da hast du leider verdammt recht. 700 000 zumeist gut ausgebildete Griechen haben seit Beginn der Krise das Land verlassen (Gesamtbevölkerung 11 Mio), weil sie hier nicht mal als Paketausfahrer genug Geld zum Überleben verdienen – falls sie überhaupt bezahlt werden. 70% der jungen Leute antworten auf Befragen, dass sie auswandern wollen.
      Und wie es hier ist, ist es in vielen anderen krisengeschüttelten Ländern auch. No future nowhere.

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  5. Habe mich gerade gefragt ob das Worte „etüden“ (nur phonetisch) in irgend einem Dialekt „eintüten“ bedeutet. Jedenfalls hast Du Graupel, Schlüsselblumengelb und Krüglein wieder fein egetüdet. Bin gespannt, ob es auch bei Dir eine Fortsetzung gibt.
    Liebe Grüße
    Christa

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    • Na ja, die Küchengespräche sind die Fortsetzung, wie du ja weißt, und damit ist jetzt erst mal gut, denke ich. Wobei du mich darauf bringst, dass ich eigentlich meine Etüden-Personen des letzten Jahres mal durchschauen könnte, und herumfragen, ob noch wer bei den nächsten Wörtern vielleicht mitspielen will.
      Da der Etüdenerfinder vom Bodensee kommt, müsste ich ihn mal fragen, ob er da irgendeinen phonetischen Zusammenhang sieht, ich glaubs aber nicht, ehrlich gesagt, meines Wissens ist er immer von „Fingerübungen“ ausgegangen.
      Liebe Grüße zum Abend
      Christiane

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      • Ich beliebte zu scherzen, liebe Christiane. Mit dem „eintüten“ wollte ich ja nur sagen, dass Du das wieder fein verpackt hast.
        Indessen warte ich schon auf die nächste Wortspende und hoffe, dass sie meine kleine Geschichte voran bringt. Das Personal der Etüden so lindenstraßenmäßig immer mal wieder auftreten zu lassen, ist aber auch keine schlechte Idee.

        Ganz andere Frage: Ist das neu? Haben die jetzt hier in den Kommentaren so eine automatische Wortvervollständigung/-Veränderung wie bei WhatsApp. Aus meinem „hoffe“ (oben) wurde gerade ein „Hof“. Vermutlich hatte ich ein f unterschlagen. Habe es noch rechtzeitig gesehen.

        Liebe Grüße
        Christa

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        • Das mit dem „fein verpacken“ war mir schon klar, liebe Christa.
          Zu der Auto-Vervollständigung kann ich nichts sagen, das ist, meines Wissens, vom Schreibmedium abhängig: Schreibst du per Handy, dann gut möglich, ansonsten müsstest du mal schauen, ob dein Browser seit Neuestem derartigen Unfug anbietet … 😉

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          • Als ob ich (wie gerade Du weißt) nicht schon browsergeschädigt genug wäre! Kürzlich wurde mir auch der komplette Text eines aufgerufenen Eintrags laut vorgelesen (bekam fast einen Herzkasper), ohne dass es auf der Seite einen entsprechenden Button gab, auf den ich versehentlich gekommen sein konnte.

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          • Nein, ich habe es nicht herausgefunden. Ich habe solche Buttons schon auf Webseiten gesehen, aber da war keiner. Wirklich alles vorgelesen – auch das Kleingedruckte und den Kommentar, den ich gerade am schreiben war. Es war irgendwie unheimlich. Man hat das Gefühl, es schaut einem jemand über die Schulter.

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          • Wie gesagt, ich denke, du warst auf einer barrierefreien Webseite. Falls du dort noch mal vorbeisurfst, kannst du ja mal schauen, ob es darauf einen Hinweis gibt.
            Sehr interessant.
            Liebe Grüße
            Christiane

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  6. Die Mutter kommt heim, müde und doch noch aufnahme- und gesprächsbereit und sie unterstützt die Tochter und macht ihr Mut.
    So hätte ich mich auch verhalten, die Tochter wird ihren Weg machen und irgendwann wird der Vater stolz auf sie sein. Es dauert nur ein wenig länger. *g*

    Herzlichst, Bruni

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    • Die Mutter wusste, dass die Tochter es ihm sagen wollte, also hat sie mit so einem Gespräch gerechnet. Und ja, klar unterstützt sie die Tochter, tut sie ja schon von Anfang an, als sie um Rat wegen der Bewerbungsmappe gefragt wurde.
      Liebe Grüße
      Christiane

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          • Jeder Körper hat, so kommt es mir vor, eine Art Sollbruchstelle. Bei mir gehen Erkältungen meistens auf die Lunge und bleiben dort. Die Hausmittelchen helfen gut, keine Frage, sie verlängern die Intervalle zwischen dem Reizhusten-Müssen und ermöglichen das Abhusten, aber bis sich der Husten endgültig geschlagen gibt, ich fürchte, das dauert noch.

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  7. Nene Leute, das ist alles gaaanz anders. Der Papa ist nämlich ein guter, und der will der Mama ein Vorzeigetöchterlein mit guten Entscheidungen servieren, sodass diese sich keine Sorgen mehr machen braucht, so wie er immer versucht hat, das negative abzuwenden. Er hat aber verlernt, dass man mal etwas riskieren muss. Das ist nun gescheitert, sein ganzes Vorhaben, da die Mama dann doch früher eingeweiht war, weil Mutter-Tochter und so, da hat Papi definitiv das Nachsehen, wenn es hart auf hart kommt. Aber wenn er sich daran gewöhnt hat, dass die Mama das alles nicht so kritisch sieht, wird er doppelt erleichtert sein. Und dann, klar, wegen der Jobs. Die andere Richtung ist natürlich in der Historie begründet, die beiden haben ja vor vielleicht 20 Jahren studiert. Er hat ohnehin einen schwierigen Beruf, und als er fertig war mit dem Studieren und dem Promovieren, da hat er eben nicht gleich etwas gefunden, die Promotion war ohnehin die Notlösung. Da die Mama, die aber etwas jünger ist, noch im Studium war, als die Tochter geboren wurde, reduzierte der Herr Papa etwas, und fand einfach nicht mehr den Anschluss, denn mit Mitte 30 und quasi Berufsanfänger, das ist schwierig. Die Mama hat nach dem Studium erst mal nicht gearbeitet, da dann das Geschwisterchen nachkam, sie jobbte im Paketdienst und nach 10 Jahren ohne Berufspraxis in der Informationstechnik war auch dieser Zug abgefahren. Die beiden waren eben immer locker und entspannt drauf, haben alles gemeinsam gemanaged und sind am Ende eben Opfer des hiesigen Systems geworden, und er hat vergessen, dass er auch mal so war wie seine Tochter. Er sieht das jetzt und würde gerne wieder so sein, und alles locker sehen, aber er kann es noch nicht, zu viel ist in seinem Kopf. Die Mama dagegen wollte den Papa ebenfalls überraschen, denn auch sie wollte ihm die glückliche Tochter präsentieren, und keine die evtl. die Zulassung zur Aka nicht schafft.
    Aber eigentlich sind sie doch ganz zufrieden, das Problem ist eben die Gesellschaft, die auf sie zeigt. Am Abend haben sie sicher gemeinsam darauf in der Kneipe angestoßen und sich gefreut, dass sie alle doch ihren Weg gehen.
    So. Das ist die ganze Wahrheit.
    😉

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    • Die EINE der vielen möglichen Wahrheiten, grins. Ich finde es wunderbar, was für unterschiedliche Kopfkinofilme dieser kurze Text je nach rezipierender Person auslösen kann. 😀😂😊

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    • Ah, der Herr autopict bricht eine Lanze für Papa, sehr schön.
      Klar ist der Papa einer von den Guten, der nur das Beste für das Töchterlein will und natürlich will er auch, dass Mama keinen Stress hat, ihm schwant, dass sie es nicht so ganz leicht hat mit ihm, aber er denkt nicht darüber nach. Ja, Mama ist jünger, das denke ich auch, und nein, meinem Gefühl nach gibt es da kein Geschwisterchen mehr.
      Der entscheidende Satz ist hier die Sache mit der Notlösung Promotion, da hast du völlig recht. Ich denke, Papa hatte über einige Jahre einen Job als Wissenschaftlicher Mitarbeiter oder so an der Uni und hat nebenbei promoviert. Während dieser Zeit konnte Mama arbeiten gehen, er konnte bei der Kinderbetreuung einigermaßen viel auffangen. Aber dann wurde die Stelle gestrichen und er fiel raus und hat nichts mehr gefunden, weil er nicht wirklich gut mit reinrassigem Bürokram ist und auch, wie du schreibst, schon bisschen alt für alles.
      Irgendwann ist er dann in diese Kneipengeschichte eingestiegen, auch weil er nicht wollte, dass Mama die Alleinverdienerin gibt, und weil das Arbeitsamt echt hässlich zu einem sein kann. Als er sich etabliert hatte und absehbar war, dass die Sache läuft, hat Mama zu dem Paketdienst gewechselt, weil sie flexiblere Arbeitszeiten haben wollte, auch der Tochter wegen.
      Sie haben immer zusammengehalten, sie haben das Leben immer irgendwie gemeinsam gewuppt, aber manchmal fühlt er sich bisschen als Versager, als einer, der es im Leben zu nichts gebracht hat, und natürlich will er, dass seine Tochter das nicht durchmachen muss – und dafür würde er sie auf Händen tragen, auch wenn das kompletter Schwachsinn ist, und er das eigentlich auch weiß. Sie hingegen denkt einfach grundsätzlicher praktischer.
      So. Macht das (immer noch) Sinn?
      Und überhaupt, danke, ich finde das hier großartig, wirklich großartig, alle diese unterschiedlichen Blicke auf meine Kleinstfamilie 😉
      Liebe Grüße
      Christiane

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      • Genau, der Papa. Das mit dem Geschwisterchen sehe ich eigentlich auch so, das passt nicht rein, aber da wars im Eifer des Gefechtes schon geschrieben. Nun könnte man die Geschichte noch mit deiner von neulich irgendwie koppeln, wobei das schon weit hergeholt wäre.
        Ansonsten bleibt auch nach deiner Detaillierung alles schön plausibel. Was da alles geht, schon erstaunlich. Aber vielleicht ist das die Kunst, bei nur 10 Sätzen einen ganzen Film zeigen und denn auch noch variieren können.
        Schöne Grüße von der Null-Grad-Grenze!
        😉

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        • Ha, meiner neulich (falls wir den gleichen meinen, FRB …), der hatte Fortsetzungen, hattest du die eigentlich gesehen? Aber den meintest du nicht, oder?
          Danke für die „Kunst“.
          Wir sind unter null, es ist ungemütlich.
          Hustende Grüße
          Christiane

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