Happy End mit Hindernissen | abc.etüden

CN: In dieser Etüde gerät jemand auf See in heftig schlechtes Wetter und bekommt einen Panikanfall. Keine detaillierte Schilderung, Happy End.

 

Firmenparty.

»Uuuuund, wie habt ihr euch kennengelernt? Ihr seid doch auch noch nicht so lange zusammen, oder?«

»Fang du an«, sagt sie. Beide grinsen.

»Also, zuerst war das alles gar nicht so einfach. Ich war neu hier, kam zwar aus der Mutterfirma, hatte mir das aber alles viel einfacher vorgestellt. Und dann lief ich auch noch Julia über den Weg und verknallte mich sofort. Natürlich habe ich erst mal die blödesten großspurigen Sprüche gebracht. Sie hat es mir auch prompt mächtig übel genommen und ständig herumgezickt.

Irgendwann lud sie mich zu einem Törn ein. Ihrem Gesicht nach hatte sie Hintergedanken, aber ich dachte, okay, irgendeine Seemannstaufe, was soll’s, ich geb mir bestimmt keine Blöße und lehn ab. Aber nein, es war viel hinterlistiger geplant! Das war kein Segelboot, sondern ein Katamaran, und wir fuhren zu viert ziemlich weit raus. Chilliger Tag. Bis die Wetterfront aufzog.«

»Wir hatten gedacht, mal sehen, ob wir ihn so weit kriegen, dass Superman hinterher was totschweigen muss«, übernahm Julia die Erzählung. »Womit keiner gerechnet hatte, war, dass er einen 1-a-Panikanfall bekam, so mit Kreislaufzusammenbruch und Schnappatmung, als wir Fahrt aufnahmen und die Wellen richtig hochschlugen. Ganz ungemütliche Hausnummer. Uns blieb nichts anderes übrig, als ihn am Mast zu sichern, liegend, damit ihm der Baum nicht den Kopf abreißt, und zu sehen, dass wir allesamt heil heimkommen.«

»Als wir im Hafen waren, wusste ich, dass bei mir Flooding funktioniert. Ich kanns nicht erklären. Ich war völlig durch, zerschlagen und klatschnass, aber fühlte mich herausgefordert. Also hab ich mich zwei Tage später für einen Anfänger-Segelkurs angemeldet. Da, wo auch Julia unterrichtet, was ich aber vorher wirklich nicht wusste. Auf jeden Fall hatte ich damit ihren Respekt. Sie rumzukriegen war dann fast einfach.«

»Und dein Bruder?«

»Lukas? Zuckt die Achseln und sagt: ›Weiber!‹ Kennst ihn ja.«

»Na dann.«

 

abc.etüden 2020 19+20 | 365tageasatzadayQuelle: Pixabay, bearbeitet von mir

 

Für die abc.etüden, Wochen 19/20.2020: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Worte stammen dieses Mal von Olpo Olponator und lauten: Katamaran, großspurig, totschweigen.

Dies ist die Fortsetzung zu Revanche. Eigentlich hatte ich ja geplant, den Tag auf dem Wasser direkt zu schildern, aber trotz des freundlichen Hilfeangebots des Wortspenders (dem ich zumindest entnommen habe, wo der „sicherste“ Platz auf einem so kleinen Katamaran ist), sah ich keine Möglichkeit, das alles, speziell den Heimweg, in 300 Wörtern so hinzubekommen, dass es 1. sachlich korrekt und 2. zufriedenstellend gewesen wäre. Was ihr hier lest, ist also Plan B. Was bin ich froh, dass ich aus Lukas noch problemlos Julias Bruder machen konnte …

44 Kommentare zu “Happy End mit Hindernissen | abc.etüden

    • Na, dann wünsche ich euch, dass nicht noch Tausende andere auf die gleiche Idee kommen … Erzähl mal, ob die Tiere das mochten. Ich habe Berichte gelesen, wonach sie sich ohne Menschen gelangweilt hätten 😁
      Liebe Grüße
      Christiane 😁☕🍪🌞👍

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    • Hauptsache, das Ende ist happy? Ach, wer wünscht sich das nicht? 😏
      Danke dir, freut mich sehr.
      Liebe Grüße
      Christiane 😁☕🌞🍪👍

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  1. Ein wenig leid tut mir der Kollege schon. 😉 Ich finde aber über die Firmenparty hast du es gut gelöst. Wär nur noch spannend zu erfahren, welche Auswirkungen es auf ihn hatte.

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    • Muss er eigentlich nicht, immerhin hat er die Frau gekriegt – na ja, ich verstehe, was du meinst … 😉
      Was meinst du mit „Auswirkungen“? Auf jeden Fall danke für die Frage, dadurch ist mir aufgefallen, dass ich den falschen Begriff benutzt hatte – „Schocktherapie“ statt „Flooding“, ich habs korrigiert. „Beim Flooding“, sagt Wikipedia (Link), „wird ein phobischer Patient nach ausführlicher Information und Vorbereitung dem für ihn am stärksten angstauslösenden Reiz ausgesetzt und soll in der angstauslösenden Situation verweilen, bis seine Angst zurückgegangen ist. Wenn eine Person zum Beispiel Höhenangst hat, dann wäre die Reizüberflutung das Verweilen auf einem hohen Turm. […] Sinn der Therapie ist, dass der Patient lernt, dass er die angstauslösende Situation überwinden kann.“ Schön, das mit „ausführlicher Information und Vorbereitung“ ist hier bisschen zu kurz gekommen 😉, und ich hatte auch nicht mehr genug Wörter, um daran zu erinnern, dass ich in der „Revanche“-Etüde herausgefunden hatte, dass er mit Geschwindigkeit und plötzlichen Richtungsänderungen nicht kann.
      Also, es hat funktioniert: Er hat die Situation überwunden und beschlossen, selbst segeln zu lernen.
      Beantwortet das die Frage?
      Liebe Grüße
      Christiane 😁🌞🍪👍

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  2. eine Fast-Katastrophe in Prosa. Schön, wenn solche Therapien klappen und zum Glück beitragen. Hoffentlich muss ihre Beziehung nicht ständig solchen Wellengang aushalten. Denn ein Anfänger bleibt er ja, und sie ist die souveräne Macherin, die das Szenario bestimmt.

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    • Ich hoffe auch sehr, dass es da andere Aspekte gibt, die das ausgleichen, denn eine derartige Schieflage in allen Bereichen täte der Beziehung gewiss nicht gut … 😉
      Liebe Grüße
      Christiane 😀

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  3. Ich fürchte, sie wird ihn noch öfter über den Tisch ziehen. Wenn er als Mutterfirmler sich keinen Respekt verschaffen konnte und sie rumzicken liess, dann hat er doch schon früh das Heft aus der Hand gegeben. Und sich keine Blöße geben wollen, ist doch auch schon ein Kompromiss. Dass ihr Frauen solchen „Helden“ nachlauft ….

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    • Wer hier wem nachläuft, ist ja wohl eindeutig, oder? 😉
      Hach, wie man es macht, ist es falsch. Sucht man sich einen Macho, der einem mit markigen Sprüchen das Blaue vom Himmel verspricht, ist es natürlich falsch, nimmt man sich einen, der bereit ist, an sich zu arbeiten, um auf Augenhöhe zu kommen, wird der prompt als Weichei angesehen. Dass Geben und Nehmen manchmal bisschen außerhalb der Standardgeschlechterrollen abläuft, sollte doch echt kein Thema mehr sein, oder? 🤔
      Liebe Grüße
      Christiane 😉👍

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  4. Pingback: Schreibeinladung für die Textwochen 21.22.20 | Wortspende von Kopf und Gestalt | Irgendwas ist immer

  5. Oh, oh, ich habe ganz schlimme Erinnerungen an Seekrankheit, da tut sich doch glatt eine Winzigkeit Mitleid in mir auf… sehr schönes Happy End (und ich finde ja, die stärksten sind die, die an ihren Schwächen arbeiten).

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  6. Du hast es aber noch gut hingekriegt, liebe Christiane.
    Eine Höllenfahrt für ihn und dann doch noch einen Segelkurs? Puh, und sich auch noch wirklich zu verlieben und am Ende ist die nunmehrige Lehrmeisterin die Liebe seines Lebens?
    Kann das sein? Na ja, ich bin mehr die Bodenständige und kann es mir schwer vorstellen. Aber ich bin hier wirklich kein Maßstab… und doch eine tolle fantasiereiche Geschichte.
    Liebe Grüße zum Sonntag von Bruni

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    • Er hatte sich ja von Anfang an in sie verknallt, liebe Bruni. Nur SIE musste auf den Trichter kommen, dass es sich lohnen könnte, sich den Mann mal genauer anzusehen. 😉
      Nun bin ich kein Spezialist für Phobien, aber das ist nichts, was du behalten möchtest, und von daher, als er festgestellt hat (und ich sage nicht, dass das JEDE*R IMMER kann, ganz sicher nicht), dass er es überlebt hat, hat er beschlossen, dagegen/damit zu arbeiten. Der Rest ist der Geschichte geschuldet – in kleineren Städten gibt es eine überschaubare Anzahl Segelschulen, es ist zwar nicht wahrscheinlich, aber auch nicht völlig unmöglich, was ich da fabuliert habe.
      Liebe Grüße zum Sonntagabend zurück
      Christiane 😁⛅🍷👍

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  7. Ich glaubs auch, liebe Christiane.
    Eine Info kam wohl nicht bei mir an.
    Ich hatte mich schon über die Pause gewundert

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