Das Meer sehn – Montag, 15. Dezember 2014

Wenn man allein ist ist es ganz oft schwer nur einen Schritt zu gehn
Wenn man allein ist denkt man oft: ich bleib jetzt einfach stehn
Wenn man allein ist ist es ganz oft schwer den Lauf der Welt zu drehn
Dann braucht es einen der dir sagt: lass uns noch ein bisschen gehn
Denn von hier und hier von genau da wo wir stehn
Kann man fast schon das Meer sehn …

(aus: Malediva, Fast schon das Meer sehn, YouTube)

 

„Denn niemand kann allein die deutschen Winter überstehn“. Recht haben sie. Aber was soll man machen, wenn man das/den/die man will, nicht bekommen kann, und das/den/die man bekommen kann, nicht will? Herzen, übrigens auch Köpfe, sind unbotmäßige Organe, und so froh ich meistens darüber bin, so ist meistens eben nur meistens, gerade wenn alles um einen herum dunkelgrau ist. Und mal ganz ehrlich, da hilft auch weihnachtliches Glitzersilbergefunkel nicht. Mir jedenfalls.

Aber irgendwann, wenn ich durch damit und genervt von mir selbst bin, kommt irgendwer oder irgendwas von außen. Wie ich festgestellt habe, können das Freunde, ein Satz in einem Blog, eine Zeile in einem Buch/Film oder natürlich Musik sein, dir mir ins Herz geht und mich überzeugt: JA!
Und, wie ebenfalls schon häufiger festgestellt: ist die Entscheidung zum Weiterleben erstmal gefallen, kommt der Rest nach. „Kommen wir über den Hund, kommen wir auch über den Schwanz“, wie meine Mutter dann zu sagen pflegte. Ich hoffe bloß, dass das nicht wöchentlich wiederkommt.

 

 

Kopf und Herz – Dienstag, 25. November 2014

If light is in your heart, you will find your way home.
(Wenn Licht in deinem Herzen ist, wirst du deinen Weg nach Hause finden.)

(Rumi)

 

Es gibt genügend Leute, die bei dem Wort „Licht“ die Augen verdrehen und ganz schnell die Flucht ergreifen. Schön, dass ihr bis hierhin geblieben seid 🙂
Ich will auch nicht großartig darauf herumreiten, wie wichtig die Existenz eines inneren Kompasses für ein „Irgendwohingehören“, für ein „Nachhausefinden“ ist. Und schon gar nicht will ich das Ziel vorgeben.

Ich will auf zwei Dinge aufmerksam machen:

1. Das Herz. Rumi spricht davon, dass das Ganze über das Herz funktioniert. Das Herz (Gefühl), nicht der Kopf (Verstand). Heißt auch, man kann im Kopf so viel wissen, wie man will, wenn es im Herzen nicht leuchtet (um das Wortspiel mit „erleuchtet“ zu vermeiden), sucht man weiter.

2. Der Urheber dieses Zitats ist Rumi, und Dschalal ad-Din Muhammad Rumi war einer der bedeutendsten persischen Mystiker des Mittelalters. Wüsste ich das nicht, hätte ich es ohne nachzudenken irgendeinem Christen zugeschrieben. Oder einem Buddhisten. Was ich damit sagen will, ist: Religion spricht (oft) von dem, was uns trennt. Mystik spricht von dem, was uns alle vereint. Mir gefällt das.

 

Sonnenuntergang – 365tageasatzadayQuelle: ichmeinereinerselbst, entstanden am Strand von St. Peter-Ording

 

Hingehören – Freitag, 14. November 2014

It doesn’t matter where you come from as long as you discover where you belong.
(Es ist egal, wo du herkommst, solange du entdeckst, wo du hingehörst.)

(John Cusack in Mein Kind vom Mars)

 

Heimkommen. Den Platz, die Menschen finden, zu denen man gehört. Vielleicht auch DEN Menschen, für viele ist das so, auch wenn es gefährlich sein kann, seine Sicherheit auf einen anderen zu gründen. Die Aufgabe, finden, die die eigene ist, die einen erfüllt, die das Beste in einem zum Blühen bringt. Forschen, schreiben, malen, kochen, einen Garten betüddeln, im Service arbeiten, helfen, Auto fahren oder oder oder. Alles egal, solange es das Eigene ist, wenn es das Herz mit Sinn erfüllt, wenn es die innere Sehnsucht befriedigt.

Ich will jetzt überhaupt nicht hören, dass man ja auch von irgendwas leben muss. Sicher, muss man.
Ich rede von Archimedes, von dem dieser berühmte Satz mit dem festen Punkt stammt (und mir ist gleich, ob er damit „nur“ das Hebelgesetz meinte): Gib mir einen Punkt, wo ich hintreten kann, und ich hebe die Erde aus den Angeln. Ich rede über eine innere Gewissheit, richtig zu sein, die man für sich braucht, bevor man anfangen/weitermachen kann. Durchatmen. Eine Sehnsucht. Eine Freude. Wisst ihr?

 

Glocken – 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

 

Rosen & Dornen – Dienstag, 4. November 2014

Der Optimist sieht eine Rose, nicht aber die Dornen.
Der Pessimist starrt auf die Dornen und vergisst die Rose.

(Khalil Gibran)

 

Ich hasse es, (mir selbst) immer wieder dasselbe zu predigen. Aber ich frage mich ernsthaft: warum sieht man anscheinend immer nur eine Seite? Ich bin emotional immer auf der Seite der Rose. Und dann erlebe ich mich dabei, auf die Dornen (wirkliche oder eingebildete) zu starren, bis ich fast durchdrehe. Gesund ist das beides nicht.

Gut, mein Sternzeichen verschafft mir da (manchmal) einen Vorteil: Zwillinge. Ich gebe dem einen die Rose, dem anderen die Dornen, und sehe ihnen beim Jonglieren zu. Idealerweise fördert das eine ganzheitliche Sichtweise. Manchmal führt es zu dornigem Blütenmatsch.

Wenn das Hirn versagt, hilft nur noch, auf das Herz zu achten. Oder den Bauch. Oder wie auch immer. Sozusagen die nächsttiefere/-höhere Instanz. Einen Schritt zurück, hinschauen, mit allen Sinnen wahrnehmen. Den Traum an der Realität messen. Das Kribbeln zulassen. Das Abenteuer des Lebens.

 

Rosen Dornen – 365tageasatzadayQuelle: Pixabay

Lächeln – Samstag, 4. Oktober 2014

Das Lächeln ist ein Licht, das sich im Fenster eines Gesichts zeigt, und anzeigt, dass das Herz daheim ist.

(Unbekannt)

 

Ein Lächeln kostet nicht viel und bewirkt zumindest, dass man sich (kurzfristig) besser fühlt. Ja, das Glück der kleinen Dinge undsoweiter. Und was, wenn der Alltag nur nervt? Gerade dann. Licht gibt es nur mit Schatten, sonst sähe man das Licht ja gar nicht. Also ist doch die Frage: was will ich sehen, worauf will ich meinen Fokus legen? Das Schöne? Das Nervige?

Es geht nicht darum, zu behaupten, dass alles immer „schön“ ist. Ist es nicht, das wäre Verdrängung. Aber es geht darum, es AUCH zu sehen, wenn es einem schlecht geht. Auch wenn ich wütend bin, weil ich mich mit meinem Liebsten gezofft habe, kann ich sehen, dass die Katze wie gemalt auf ihrem Lieblingsplatz liegt und selig schläft. Auch wenn ich genervt bin, weil mein Kuchen nicht geworden ist, kann ich hören, dass das Radio gerade eines meiner Lieblingslieder spielt. Das heißt nicht, dass ich keinen Handlungsbedarf mehr habe, aber ich kann innehalten – und lächeln. Und zumindest meine Laune verbessert das. Zumindest kurz.

Sonnenblumenlachen – 365tageasatzadayQuelle: ichmeinerselbst

Nein, das Gesicht war schon so, als ich sie entdeckt habe, ich finds nur schade, dass ich sie nicht mit noch mehr Blütenblättern ablichten konnte.

Freitag, 5. September 2014

Sag ihm, dass die Angst vorm Leiden schlimmer ist als das eigentliche Leid. Und dass noch kein Herz gelitten hat, als es sich aufmachte, seine Träume zu erfüllen.

(aus: Paulo Coelho, Der Alchimist)

 

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Gestern lange mit einer Freundin gesprochen und lauter Ängste über Krankheit, Sterben und Verlassensein aufgeschnappt und vermutlich noch einen guten Teil eigene dazugepackt. Bin bedrückt.

Nachtrag: Meine Mutter hätte wahrscheinlich geseufzt und mir gesagt, ich solle mich nicht verrückt machen. „Wir müssen es alle nehmen, wie es kommt.“ Und dann hätte sie sich überlegt, ob es etwas gibt, das sie tun kann. Vielleicht sollte ich mich einfach daran halten.

Eben auf Facebook entdeckt: “Sorrow prepares you for joy. It violently sweeps everything out of your house, so that new joy can find space to enter. It shakes the yellow leaves from the bough of your heart, so that fresh, green leaves can grow in their place. It pulls up the rotten roots, so that new roots hidden beneath have room to grow. Whatever sorrow shakes from your heart, far better things will take their place.” (Rumi)

Na, dann! Euch einen sonnigen Tag, woauchimmer ihr dies lest!

 

 

Donnerstag, 4. September 2014

Ach, in meinem wilden Herzen nächtigt
obdachlos die Unvergänglichkeit.

(Rilke, Aus dem Nachlaß des Grafen C. W.)

 

Was für ein Satz! Dass mein Herz (manchmal) wild (unbezähmbar) ist, das ist in Ordnung, schließlich bin ich nicht (schein-) tot. Die Unvergänglichkeit? Sinn für das … Ewige? Das kann ich bejahen, ehrfürchtige Sternguckerin, die ich bin. Und wenn die Unvergänglichkeit „obdachlos“ (also ohne Überdach) in meinem Herzen nächtigt, dann ist mein Herz nach oben offen, sozusagen ein Cabrio. 😉
Die Ewigkeit übernachtet also in meinem unbezähmbaren Herzen, das zum Sternenhimmel hin offen ist. Wenn das keine Poesie ist, dann weiß ich auch nicht.

Dieses Gedicht in der Bearbeitung von Laith al-Deen ist eins meiner erklärten Lieblingsstücke aus dem Rilke-Projekt. Habt ihr auch welche?