Vorbemerkung: Ich schreibe aus der Sicht meines etwa fünfjährigen Ichs, das überzeugt war, dass es »eine Rose« und nicht »ein Ros’« heißen muss, aber »ein Ross«.
Das Ross ist entsprungen
und galoppiert über die weiße Wiese. Der Schnee spritzt in alle Richtungen. Schön sieht das aus und warum und woher es entsprungen ist, interessiert mich gar nicht.
Leise rieselt der Schnee
und das Ross ist schon so eingeschneit, dass es kaum mehr zu sehen ist. Vielleicht ist es ohnehin ein Schimmel. Dann könnte es auch Flügel haben und ein Pegasus sein, der sich aufschwingt in den niedersinkenden Schnee. Ich sehe ihm nach. Der Schnee fällt mir ins Gesicht, auf die Augen, den Mund. Schnee schmeckt nach Weihnachten und nach Abenteuer.
Still und starr ruht der See.
Ein bisschen zu still, man könnte dort doch in bunten Mützen eislaufen und auf dem Eis tanzen.
Kling, Glöckchen, klingelingeling …
Einen Schlitten, mit Lametta behängt, sehe ich auch, aber er ist weit weg auf der anderen Seite des Sees. Die Schlittenleute klingeln und winken und ich winke mit meinem Taschentuch zurück.
Es weht kein Wind, aber der Pegasus gleitet doch durch die Luft, schlägt ein paarmal aus, probiert Pirouetten, aus reiner Lebensfreude. Er ist ja auch entsprungen und muss sich ein bisschen austoben. Ich versuche auch eine Pirouette, plumpse in den Schnee und lache über den Sturz.
Der Pegasus dreht noch ein paar Runden und landet dann mit klickenden Hufen auf dem vereisten See. Er schüttelt seine Mähne und es sieht aus, als stünde er inmitten einer Fontäne, die in den Himmel hinauf strebt.
Weihnachtlich glänzet der Wald.
Es ist ein Schneetag, mit grauen Wolken und weißen Schneeflocken, deswegen kann man das Glänzen nicht sehen, aber ich weiß, es ist trotzdem da zwischen den Bäumen und bei den Tieren. Der Wald leuchtet vor Schnee im ganz besonderen Licht der Wintertage.
Jetzt steht der Pegasus ganz still vor mir. Ich glaube, ich soll aufsteigen, wie Nils Holgersson auf die Wildgans.
Inspirationen:
Es ist ein Ros’ entsprungen
Leise rieselt der Schnee
Kling, Glöckchen, klingelingeling
Selma Lagerlöf: »Nils Holgerssons wunderbare Reise mit den Wildgänsen«
Autor*in: Myriade Blog: La parole a été donnée à l´homme pour cacher sa pensée
Quelle: Pixabay, Bearbeitung von mir
Zum Thema Inhaltshinweise/CN/Triggerwarnungen in den Adventüden bitte hier lesen.
Nachdem viele Teilnehmer*innen und Leser*innen das Fetten der vorgegebenen Wörter als störend empfunden haben, wurde darauf verzichtet. In einem Text, der maximal 300 Wörter umfassen durfte, waren (mindestens) drei der folgenden fünfzehn Begriffe zu verwenden:
Adventskalender, Dezemberdilemma, Eintopf, Gebäckdose, Hefe, Lametta, Laubsäge, Liebeserklärung, Kreuzkümmel, Kulturschock, Sternenglanz, Sturz, Taschentuch, Tunichtgut, Weihnachtsputz.
Dieser Text erschien zuerst im Rahmen der Adventüden 2022, einem Projekt von »Irgendwas ist immer«.