Die schweren Holzläden waren vor dem Fenster zugeklappt. Der Lärm von der Straße und die ungewöhnlich heiße Dezembersonne prallten dagegen. Das weiße Laken lag frisch gebügelt auf dem breiten Bett. Die Konturen des Kissens und der flauschigen Bettdecke wölbten sich unter dem weißen Betttuch. Die roten Vorhänge und Lampenschirme tauchten den Raum in ein gemütliches Dunkelrot. Schön waren die roten Rosen in der modernen Glasvase. Der Hausherr ist wohl auf Reisen, konnte man annehmen.
Sie betrat sachte diesen Raum und ließ die Stimmung auf sich wirken, setzte sich auf die Couch neben das Tischchen mit den Rosen. In der Wohnung daneben dudelte ein Radio, sie hörte leise Töne.
»Wie gut es ist, hier bei dir zu sein«, dachte sie. Es roch nach winterlichem Gemüseeintopf. Auf dem Tisch war für zwei gedeckt. Besteck, Gläser und weiße Stoffservietten lagen akkurat. Sie hielt noch den kühlen Haustürschlüssel in der Hand, mit dem sie das Haus betrat und die Wohnung aufschloss. Sie war niemandem begegnet. So wie immer. Nie begegnete sie einem Menschen in diesem stillen Haus. Der mit silbernem Lametta dekorierte Weihnachtsbaum im Eingangsfoyer stand wie jedes Jahr etwas verloren da.
Hier in diesem Zimmer trafen sie sich regelmäßig im Dezember. Ein paar Tage gehörte dieser Raum und die Zeit ihrer heimlichen Liebe. Sie dachte daran, wie sehr er ihre Zärtlichkeiten genoss. Sie erinnerte sich an seine Küsse auf ihrem Körper, an seine Liebeserklärungen.
Sie hatte lange nichts von ihm gehört. Sie würde heute sein Lieblingsessen mit ihm teilen. Ihm erzählen, wie sehr sie ihn vermisst hatte und wie wichtig die gemeinsame Zeit für sie war. Was er ihr bedeutete. Sein Platz würde leer bleiben. Von seinem Tod hatte sie vor einigen Wochen aus der Zeitung erfahren. Sie freute sich auf diese besondere Begegnung mit ihm. Heute. Das letzte Mal.
Autor*in: Petra Schuseil Blog: Totenhemd-Blog
Quelle: Pixabay, Bearbeitung von mir
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Nachdem viele Teilnehmer*innen und Leser*innen das Fetten der vorgegebenen Wörter als störend empfunden haben, wurde darauf verzichtet. In einem Text, der maximal 300 Wörter umfassen durfte, waren (mindestens) drei der folgenden fünfzehn Begriffe zu verwenden:
Adventskalender, Dezemberdilemma, Eintopf, Gebäckdose, Hefe, Lametta, Laubsäge, Liebeserklärung, Kreuzkümmel, Kulturschock, Sternenglanz, Sturz, Taschentuch, Tunichtgut, Weihnachtsputz.
Dieser Text erschien zuerst im Rahmen der Adventüden 2022, einem Projekt von »Irgendwas ist immer«.