Es war August und Zeit für Abendbrot. Türen und Fenster waren weit geöffnet, es war warm, und so hörte ich etwas, was zuerst wie ein Weinen klang, sich dann aber als Miauen entpuppte: »Haaalooo, ich wäre jetzt hier, da ist eine offene Tür, ist jemand zu Hause?« Ich spurtete zu besagter Tür und da kam er: SO ein hübscher Tiger! Nennt mich sentimental, aber mein Herz überholte den Verstand, lief ihm entgegen und brüllte: MEINER!
Liebe auf den ersten Blick.
Ich nahm ihn auf den Arm, streichelte ihn (er begann prompt zu schnurren) und murmelte: »Na, Kleiner, wo warst du denn so lange, wie schön, dass du endlich da bist.«
Ich schwöre euch, in dem Moment erklärte mein Verstand mich für bescheuert.
Nachts besah sich mein Liebster den Überraschungsgast, der im Baum herumkletterte, und sagte: »Ich glaube, wenn du willst, hast du eine Katze.«
Nun ist das nicht so leicht, denn die Frage ist ja: Ist der Fellträger wirklich heimatlos, oder wird er anderswo dringend vermisst? Da gibt es gesetzliche Vorschriften, die einzuhalten sind, aber tatsächlich war das Tierheim, bei dem ich ihn meldete, froh, dass sie nicht noch mehr zusammenrücken mussten, weil ich ihn nur ungern hergegeben hätte: Sommerferienzeit ist Aussetzzeit, und er war wohl schon ein paar Tage unterwegs gewesen, wie ich später erfuhr. Die Tierärztin informierte mich, dass er nicht gechippt war, dafür aber kastriert und körperlich in guter Verfassung.
Und so wurde ich die Hüterin eines damals knapp einjährigen Maine-Coon-Mix, der sich durch alle Vorzüge seiner Rasse auszeichnet: Freundlichkeit, Gesprächigkeit, Anhänglichkeit. Er hat nicht diese charakteristischen Puschel auf den Ohrspitzen und auch das Fell ist zwar halblang, aber nicht so dicht wie bei der reinrassigen Verwandtschaft. Dafür besteht er darauf, Freigänger zu sein, meine mäusefangende-und-heimbringende Herzenskatze, und ich werde ihm das ermöglichen, solange es irgendwie geht.
Quelle: Pixabay, Bearbeitung von mir
Für die abc.etüden, Textwochen 10, 11, 12, 13 und 14 des Jahres 2024: 3 Begriffe, maximal 300 Wörter. Die Die Wortspende kommt von Puzzleblume und ihrem Blog puzzle ❀. Sie lautet: Abendbrot, heimatlos, auszeichnen.
Natürlich fragt sich der eine oder die andere, warum ich euch das erzähle – noch dazu nicht zum ersten Mal, ein paar von euch werden die Geschichte kennen. Nein, der Anlass ist nicht so betrüblich, wie ihr vielleicht fürchtet. Aber es ist schon so, dass Rasse bei Katzen nicht nur Vorteile hat.
Wie schon mal erwähnt hat der Fellträger Arthrose, inzwischen eher in beiden Hinterbeinen als nur in einem, also unten in den Füßen, und bekommt seine tägliche Tablette dagegen (Onsior, falls das jemandem was sagt, er liebt den Hefeüberzug). Unterbricht die Reizleitung, die Schmerzen sollen in dem Katzenkopf nicht ankommen, scheint meistens zu klappen. Außerdem darf er jetzt Nierenfutter fressen (geht ganz gut) und kämpft vermutlich mit Übelkeit und/oder Appetitlosigkeit. Möglichst viel nicht nierenschädliches Futter in die Katze zu bekommen, heißt hier die Devise.
Über alldem schwebt das Damoklesschwert Blutuntersuchung. Bestimmt werde ich in ein paar Jahren (in der Hoffnung, dass er dann noch bei mir ist) damit abgeklärter umgehen, aber jetzt stand die erste Blutuntersuchung nach der Diagnose an, und ich muss sagen, ich habe mir schon Gedanken gemacht. Die dunklen Tage mit einem Tier, von dem ich weiß, dass es was Schlimmes hat, waren keine uneingeschränkte Freude, da erschreckt mich erst mal jede Futterverweigerung und jede abrutschende Sprung schmerzt. Aber ich habe heute das Ergebnis bekommen: Keine Veränderung, ein Wert ist sogar bisschen besser. Das heißt: Fellträger stabil, die Tabletten schlagen (noch?) nicht auf die Leber und das mit dem Katzenessen funktioniert auch. Dazu möchte (und darf) er mit den höheren Temperaturen wieder mehr und länger raus, allerdings momentan eher nachts als tags. Aber das ist mir sehr recht: Tagsüber ist es draußen naturgemäß sehr unruhig, und wenn meine Seniorenkatze (13) dann in der sicheren Wohnung den größten Teil des Tages verpennt, muss ich mir keine Gedanken um sein Wohlergehen machen.